Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Geschütze
Geschütze,Feuerwaffen, die aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts im Unterschied zu den Handfeuerwaffen keine freihändige Handhabung erlauben.Hauptteile eines Geschützes sind das Geschützrohr, die Lafette, die (teil- oder vollautomat.) Ladeeinrichtung und die Zieleinrichtung. Das Geschützrohr besteht aus dem eigtl. Rohr (bei modernen G. mit Mündungsbremse oder Rauchabsauger), dem das Rohr nach hinten gasdicht abschließenden Verschluss, dem Bodenstück (gasdichte Verbindung zw. Rohr und Verschluss) und der mechan. oder elektr. Abfeuerungseinrichtung. Im Rohr wird das zu verschießende Geschoss durch den Gasdruck beschleunigt, der im Ladungsraum (hinterer Teil des Rohres) durch Verbrennen der Treibladung entsteht. Die Lafette dient als Schieß- und (gegebenenfalls) Fahrgestell, sie nimmt die beim Schuss auftretenden Kräfte auf und leitet sie in den Erdboden bzw. die Fundamentierung ab. Bestandteile der Lafette sind Rohrwiege, Rohrrücklaufeinrichtung (Rohrbremse und -vorholer), Ausgleicher und Richtmaschinen, die die vertikale und horizontale Bewegung des Rohres ermöglichen.Geschützarten: Grundsätzlich werden G. nach den Kriterien Kaliberlänge (Länge des Rohres, angegeben als Vielfaches des jeweiligen Kalibers), Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, Schussweite, Art der Flugbahnkrümmung und Rohrerhöhungswinkel in Kanonen, Haubitzen und Mörser unterteilt, jede dieser Arten nach Kalibergröße und G.-Gewicht als schwer, mittel oder leicht klassifiziert. Kanonen sind G. mit hoher Kaliberlänge (d. h. einem im Verhältnis zur Kalibergröße relativ langen Rohr), hoher Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, relativ gestreckter, rasanter Geschossflugbahn und geringem Rohrerhöhungswinkel. Früher v. a. zur Erreichung hoher Schussweiten eingesetzt (im Ersten und Zweiten Weltkrieg als Fern-G.), werden Kanonen heute als ausgesprochene Flachfeuer-G. für die Bekämpfung direkt sichtbarer Ziele verwendet. Haubitzen sind G. mit mittlerer Kaliberlänge, mittlerer Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, gekrümmter Geschossflugbahn (die durch Variierung der Treibladungsstärke den Erfordernissen angepasst werden kann) und mittlerem Rohrerhöhungswinkel. Aufgrund ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeit ist die Haubitze die heute verbreitetste Artilleriewaffe. Mörser sind G. für so genanntes Steilfeuer; sie sind gekennzeichnet durch geringe Kaliberlänge, geringe Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses, stark gekrümmte Geschossflugbahn und großen Rohrerhöhungswinkel. Seit dem Zweiten Weltkrieg spielen sie aufgrund ihrer geringen Reichweite keine Rolle mehr, ihr Wirkungsprinzip lebt jedoch im Granatwerfer der Infanterie (vielfach ebenfalls als Mörser bezeichnet) weiter.Geschichte: Die G. stehen am Anfang der Entwicklung der Feuerwaffen überhaupt. Im 14. Jh. verwendete man zunächst verhältnismäßig kleinformatige, aus Eisen geschmiedete oder aus Bronze gegossene Rohre. Größere Rohre bestanden aus schmiedeeisernen, über einem Holzdorn längs zusammengefügten Stäben, über die in erhitztem Zustand - ähnlich wie bei der Fassherstellung - Eisenreifen gezogen wurden. Als Geschosse dienten anfänglich Steinkugeln, seit der 2. Hälfte des 15. Jh. auch gusseiserne Kugeln. Als Auflage für die G.-Rohre wurden zu Beginn Holzgerüste benutzt, seit Ende des 15. Jh. zweirädrige (Kasten-)Lafetten, bei denen die Rohre mittels Schildzapfen in der Senkrechten schwenkbar waren. Ende des 14. Jh. setzte sich für die Herstellung der Rohre der Bronzeguss durch, Mitte des 16. Jh. der Eisenguss. Bekannte G.-Typen des späten MA. und der frühen Neuzeit waren die großkalibrigen Metzen und Kanonen, die Mörser, Tümmler und Böller; speziell zum Brescheschießen dienten Bombarden, Mauerbrecher und Hauptbüchsen. Kartaunen (kleine Hauptbüchsen), Falkone und Schlangen waren für den Krieg im Feld vorgesehen. Im 16./17. Jh. setzte sich für Flachfeuer-G. die Bez. Kanone durch, bis zum Ende des 17. Jh. hatte sich die Haubitze als dritte allg. G.-Art neben Mörser und Kanone herausgebildet. Um die Mitte des 19. Jh. lösten die Hinterlade-G. mit gezogenem Rohr die bis dahin üblichen Vorderlade-G. ab, hierdurch konnten Treffgenauigkeit, Reichweite und Feuergeschwindigkeit erheblich gesteigert werden. Gegen Ende des 19. Jh. wurde das mit Rohrrücklauf, Verschluss mit selbsttätigem Auswerfer und Gussstahlmantelrohr versehene Schnellfeuer-G. entwickelt, die Einführung hochexplosiver Brisanzgeschosse ließ die herkömml. Festungsanlagen wertlos werden.
Bis zum Anfang des 20. Jh. unterschied man nach dem Verwendungszweck im Wesentlichen nur zw. den auf Kriegsschiffen eingebauten Schiffs-G. (seit Ende des 19. Jh. in drehbaren G.-Türmen untergebracht) und den bei den Heeren eingesetzten (eigentl.) Artilleriegeschützen. Zu diesen gehörten die mittels Pferde- oder Kraftzug relativ beweglich gemachten Feld-G. der Feldartillerie (leichte und mittlere Kanonen und Haubitzen) und die schweren Belagerungs-G. der Fußartillerie (vorwiegend großkalibrige Mörser, zum Transport meist in Teillasten zerlegt), daneben fest eingebaute Festungs-G. (für den Seezielbeschuss in der speziellen Form der Küsten-G.). Im Ersten Weltkrieg wurden Flugabwehr- und Panzerabwehr-G. eingeführt, Kanonen als Bord-G. in Panzerfahrzeuge und Flugzeuge eingebaut. Im Zweiten Weltkrieg begann man die Möglichkeiten der Motorisierung durch Einführung von Selbstfahrlafetten auszunutzen. Für spezielle Einsätze gegen weit entfernte Ziele und Festungsanlagen wurden in beiden Weltkriegen G. auf schienengestützten Lafetten verwendet (Eisenbahn-G.), für den Einsatz im Hochgebirge zerlegbare Gebirgs-G., nach deren Vorbild später auch für den Fallschirmeinsatz geeignete Luftlandegeschütze. Als unmittelbare Unterstützungswaffen erhielt die Infanterie rückstoßfreie Leicht-G. und spezielle Infanteriegeschütze. Nach 1945 entwickelte man die Panzerhaubitze, ein in einem gepanzerten Turm untergebrachtes G. auf Vollkettenfahrgestell.
Bis zum Anfang des 20. Jh. unterschied man nach dem Verwendungszweck im Wesentlichen nur zw. den auf Kriegsschiffen eingebauten Schiffs-G. (seit Ende des 19. Jh. in drehbaren G.-Türmen untergebracht) und den bei den Heeren eingesetzten (eigentl.) Artilleriegeschützen. Zu diesen gehörten die mittels Pferde- oder Kraftzug relativ beweglich gemachten Feld-G. der Feldartillerie (leichte und mittlere Kanonen und Haubitzen) und die schweren Belagerungs-G. der Fußartillerie (vorwiegend großkalibrige Mörser, zum Transport meist in Teillasten zerlegt), daneben fest eingebaute Festungs-G. (für den Seezielbeschuss in der speziellen Form der Küsten-G.). Im Ersten Weltkrieg wurden Flugabwehr- und Panzerabwehr-G. eingeführt, Kanonen als Bord-G. in Panzerfahrzeuge und Flugzeuge eingebaut. Im Zweiten Weltkrieg begann man die Möglichkeiten der Motorisierung durch Einführung von Selbstfahrlafetten auszunutzen. Für spezielle Einsätze gegen weit entfernte Ziele und Festungsanlagen wurden in beiden Weltkriegen G. auf schienengestützten Lafetten verwendet (Eisenbahn-G.), für den Einsatz im Hochgebirge zerlegbare Gebirgs-G., nach deren Vorbild später auch für den Fallschirmeinsatz geeignete Luftlandegeschütze. Als unmittelbare Unterstützungswaffen erhielt die Infanterie rückstoßfreie Leicht-G. und spezielle Infanteriegeschütze. Nach 1945 entwickelte man die Panzerhaubitze, ein in einem gepanzerten Turm untergebrachtes G. auf Vollkettenfahrgestell.