Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Germanistik
Germanịstikdie, Wiss. von der Entwicklung der dt. Literatur und Sprache; sie schließt die Skandinavistik sowie vielfach auch die Volkskunde ein. Unterteilt wird die G. in dt. Philologie, die Wiss. von der dt. Sprache (dt. Sprachwiss.) und Lit. (dt. Literaturwiss.); seit Ende des 19. Jh. mit den Teilfächern Alt-G. (Sprache und Lit. der Frühzeit und des MA.) und Neu-G. (Lit. der Neuzeit); seit Ende der 1960er-Jahre entwickelte sich als 3. Teilgebiet die (germanist.) Linguistik.Geschichte: Nach ersten Ansätzen im Humanismus waren es v. a. die dt. Sprachges., die die Sprachkunde (J. G. Schottel) und Textforschung (ahd. Textausgaben) förderten. Im letzten Drittel des 18. Jh. richtete sich das Augenmerk auf die Lit. des Hoch-MA. (J. G. Herder). Um Grammatik und Wortschatz bemühte sich u. a. J. C. Adelung. Die Romantik griff v. a. die Ansätze Herders auf, die literar. Zeugnisse des MA. wurden als Zeugnisse des Wirkens eines Volksgeistes gesammelt (A. von Arnim, C. Brentano), übersetzt (L. Tieck), aufbereitet (A. W. und F. Schlegel, L. Uhland), ediert. Bedeutung erlangte v. a. die »Dt. Grammatik« (1819-37, 4 Tle.) von J. Grimm, die Entdeckung der Ablautgesetze der dt. Sprache und die Konzeption des »Dt. Wörterbuches« (1854 ff.). K. Lachmann begr. die germanist. Textkritik. W. Wackernagel edierte, wie später K. Bartsch, auch altfrz. Texte. W. H. Riehl begr. die germanist. Volkskunde. Bedeutung erlangte der literaturhistor. Ansatz von G. G. Gervinus. - Die Junggrammatiker machten Sprache zum Gegenstand naturwiss. Analyse (O. Behagel, W. Scherer, H. Paul, W. Streitberg u. a.). Der Positivismus betrieb v. a. weitere Quellenerschließung. W. Scherers Anstoß zur Erforschung der neueren Lit.geschichte führten Erich Schmidt, A. Sauer, F. Muncker u. a. fort; Lit.- und Sprachwiss. nahmen seit Ende des 19. Jh. eigenständige Entwicklungen. Der geisteswiss. Methode folgten v. a. R. Unger, H. Korff, F. Strich, F. Schultz, F. Gundolf, O. Walzel. Die »Alt-G.« wurde durch A. Heusler, G. Ehrismann, C. von Kraus, H. Schneider, J. Schwietering getragen, Mundartforschung und Sprachgeographie vorangetrieben (G. Wenker, F. Wrede, »Dt. Sprachatlas«, 1927 ff.; W. Mitzka).Unter dem Eindruck der Vereinnahmung der G. durch den Nationalsozialismus orientierte sich die Sprachwiss. nach 1945 zunächst an Humboldt und den Romantikern, während die Literaturwiss. sich auf werkimmanente Textinterpretationen konzentrierte und an Strömungen u. a. im angloamerikan. Bereich anknüpfte. Profilbestimmend für die nächsten Jahrzehnte waren Strukturalismus, Marxismus, Psychoanalyse, soziolog., empirisch-analyt., rezeptionsästhet. und systemtheoret. Fragestellungen. Trotz unterschiedl. Ansätze und Einflüsse germanist. Forschung in der Bundesrep. Dtl. und der DDR wurden in der Zeit der dt. Teilung bestimmte Arbeiten (u. a. Goethe-Wörterbuch) gemeinsam weitergeführt. (Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft )
▣ Literatur:
Hermand, J.: Geschichte der G. Reinbek 1994.
⃟ Rompeltien, B.: G. als Wissenschaft. Zur Ausdifferenzierung u. Integration einer Fachdisziplin. Opladen 1994.
⃟ Wissenschaftsgeschichte der G. im 19. Jh., hg. v. J. Fohrmann u. W. Vosskamp. Stuttgart u. a. 1994.
⃟ Zeitenwechsel. Germanist. Literaturwissenschaft vor u. nach 1945, hg. v. W. Barner u. C. König. Frankfurt am Main 1996.
Germanịstikdie, Wiss. von der Entwicklung der dt. Literatur und Sprache; sie schließt die Skandinavistik sowie vielfach auch die Volkskunde ein. Unterteilt wird die G. in dt. Philologie, die Wiss. von der dt. Sprache (dt. Sprachwiss.) und Lit. (dt. Literaturwiss.); seit Ende des 19. Jh. mit den Teilfächern Alt-G. (Sprache und Lit. der Frühzeit und des MA.) und Neu-G. (Lit. der Neuzeit); seit Ende der 1960er-Jahre entwickelte sich als 3. Teilgebiet die (germanist.) Linguistik.Geschichte: Nach ersten Ansätzen im Humanismus waren es v. a. die dt. Sprachges., die die Sprachkunde (J. G. Schottel) und Textforschung (ahd. Textausgaben) förderten. Im letzten Drittel des 18. Jh. richtete sich das Augenmerk auf die Lit. des Hoch-MA. (J. G. Herder). Um Grammatik und Wortschatz bemühte sich u. a. J. C. Adelung. Die Romantik griff v. a. die Ansätze Herders auf, die literar. Zeugnisse des MA. wurden als Zeugnisse des Wirkens eines Volksgeistes gesammelt (A. von Arnim, C. Brentano), übersetzt (L. Tieck), aufbereitet (A. W. und F. Schlegel, L. Uhland), ediert. Bedeutung erlangte v. a. die »Dt. Grammatik« (1819-37, 4 Tle.) von J. Grimm, die Entdeckung der Ablautgesetze der dt. Sprache und die Konzeption des »Dt. Wörterbuches« (1854 ff.). K. Lachmann begr. die germanist. Textkritik. W. Wackernagel edierte, wie später K. Bartsch, auch altfrz. Texte. W. H. Riehl begr. die germanist. Volkskunde. Bedeutung erlangte der literaturhistor. Ansatz von G. G. Gervinus. - Die Junggrammatiker machten Sprache zum Gegenstand naturwiss. Analyse (O. Behagel, W. Scherer, H. Paul, W. Streitberg u. a.). Der Positivismus betrieb v. a. weitere Quellenerschließung. W. Scherers Anstoß zur Erforschung der neueren Lit.geschichte führten Erich Schmidt, A. Sauer, F. Muncker u. a. fort; Lit.- und Sprachwiss. nahmen seit Ende des 19. Jh. eigenständige Entwicklungen. Der geisteswiss. Methode folgten v. a. R. Unger, H. Korff, F. Strich, F. Schultz, F. Gundolf, O. Walzel. Die »Alt-G.« wurde durch A. Heusler, G. Ehrismann, C. von Kraus, H. Schneider, J. Schwietering getragen, Mundartforschung und Sprachgeographie vorangetrieben (G. Wenker, F. Wrede, »Dt. Sprachatlas«, 1927 ff.; W. Mitzka).Unter dem Eindruck der Vereinnahmung der G. durch den Nationalsozialismus orientierte sich die Sprachwiss. nach 1945 zunächst an Humboldt und den Romantikern, während die Literaturwiss. sich auf werkimmanente Textinterpretationen konzentrierte und an Strömungen u. a. im angloamerikan. Bereich anknüpfte. Profilbestimmend für die nächsten Jahrzehnte waren Strukturalismus, Marxismus, Psychoanalyse, soziolog., empirisch-analyt., rezeptionsästhet. und systemtheoret. Fragestellungen. Trotz unterschiedl. Ansätze und Einflüsse germanist. Forschung in der Bundesrep. Dtl. und der DDR wurden in der Zeit der dt. Teilung bestimmte Arbeiten (u. a. Goethe-Wörterbuch) gemeinsam weitergeführt. (Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft )
▣ Literatur:
Hermand, J.: Geschichte der G. Reinbek 1994.
⃟ Rompeltien, B.: G. als Wissenschaft. Zur Ausdifferenzierung u. Integration einer Fachdisziplin. Opladen 1994.
⃟ Wissenschaftsgeschichte der G. im 19. Jh., hg. v. J. Fohrmann u. W. Vosskamp. Stuttgart u. a. 1994.
⃟ Zeitenwechsel. Germanist. Literaturwissenschaft vor u. nach 1945, hg. v. W. Barner u. C. König. Frankfurt am Main 1996.