Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Geographie
Geographie[grch. »Erdbeschreibung«] die (Erdkunde), die Wiss., deren Forschungsgegenstand v. a. Länder und Landschaften sind; im Mittelpunkt ihres Interesses stehen die Elemente, Strukturen, Beziehungsgefüge und Prozesse des weltweiten Geosystems Mensch-Erde. Die G. gliedert sich in Länderkunde (befasst sich mit der Erforschung und Darstellung bestimmter Teilräume der Erdoberfläche, von Staaten, Ländern oder größeren Räumen, Kulturerdteilen, auch mit Meeresgebieten) und allg. Geographie (analysiert v. a. die geographisch wichtigen Gegebenheiten der Erdoberfläche und/oder die raumwirksamen Prozesse nach ihrer Verbreitung, ihren räuml. Strukturen, ihren Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen sowie ihren Funktionen). Die Vielfalt der Erscheinungen und Vorgänge auf der Erdoberfläche hat zur Aufgliederung der allg. G. in Teilgebiete geführt: phys. G. oder Physio-G. mit den Disziplinen Geomorphologie (Lehre von den Oberflächenformen der Erde und ihren Bildungsprozessen), Meereskunde (Ozeanographie), Gewässerkunde (Hydrographie), Klima-G., Bio-G. mit Pflanzen- und Tier-G. Die G. des Menschen (Anthropo-G., Sozial-G.) umfasst Bev.-, Siedlungs-, Wirtschafts-, Verkehrs- und polit. G. sowie die histor. G. Die aktuelle theoret. G. arbeitet oft mit mathemat. oder quantitativen Ansätzen. Die angewandte G. stellt die Beziehungen zw. Wiss. und Praxis her. Besondere Bedeutung kommt heute der Landschaftsökologie zu.
Pflegestätten der G. sind v. a. die geograph. Institute der Hochschulen, ferner amtl. Stellen wie die Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung. Erste Geograph. Gesellschaften (Vorläufer in Venedig 1684, Nürnberg 1740) entstanden in Paris 1821, Berlin 1828, London 1830, Frankfurt 1836, Darmstadt und Sankt Petersburg 1845, Wien 1856; sie unterstützen die Forschung durch Expeditionen, Veröffentlichungen, Verbreitung geograph. Kenntnisse. Der Internat. Geographentag findet seit 1871 aller vier Jahre, der Dt. Geographentag seit 1881 aller zwei Jahre statt.Geschichte: Die grch. Kultur bildete den stärksten geograph. Ansatz aus, der den führenden Rang der europ. G. ermöglichte. Hekataios und bes. Herodot beschrieben und erklärten bereits erdräuml. Phänomene, z. B. in Ägypten. Eratosthenes und Ptolemäus betonten die kartograph. Grundlegung des geograph. Wissens, während Strabo die Länderkunde ausbaute. Die Araber wahrten die grch. Tradition durch ihre Geographen und Reisenden (v. a. Ibn Battuta). In Europa weitete sich das Weltbild erst ab 12./13. Jh. (z. B. Marco Polo) und bes. mit dem von Kolumbus eröffneten 1. Zeitalter der großen Entdeckungen. Kosmographien und Kartenwerke (seit dem 16. Jh. »Atlas«) versuchten die geistige Bewältigung größerer Weltkenntnis. B. Keckermann und B. Varenius im 17. Jh., A. F. Büsching, J. R. und G. Forster im 18. Jh. steigerten den Anspruch der G. als Wissenschaft. A. von Humboldt (naturwissenschaftl.) und C. Ritter (anthropogeographisch) erhoben die klass. dt. G. zur führenden Wissenschaft. Dieses Erbe wahrten in Dtl. bes. F. von Richthofen, A. Penck, A. Hettner, O. Schlüter, H. Lautensach und C. Troll.
Literatur:
Hard, G.:Die G.Eine wissenschaftstheoret. Einführung. Berlin u. a. 1973.
Boesch, M.: Engagierte G. Zur Rekonstruktion der Raumwissenschaft als politikorientierte G. Stuttgart 1989.
Haggett, P.: G. Eine moderne Synthese. A. d. Engl. Stuttgart 21991.
Kommentierte Bibliographie zur G., bearb. v. H. H. Blotevogel u. H. Heineberg, 3 Tle. Paderborn u. a. 21992-95.
Rohr, H.-G. von: Angewandte G. Braunschweig 21994.
Beaumont, A. u. a.: World geography. Cambridge 1997.
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