Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Gemeinschaft
Gemeinschaft,1) allg.: vielschichtiger Begriff, bezeichnet das gegenseitige Verhältnis von Menschen, die auf einer historisch gewachsenen, religiös-weltanschaul., politisch-ideolog., ideellen oder einen eng begrenzten Sachzweck verfolgenden Grundlage verbunden sind: Volk, Nation, Staat, Kirche, (religiöse oder polit.) Gemeinde, Ehe, Familie, Freundschaft, Interessenorganisation, Verein u. a. Im Ggs. zu einer aus vielen, oft gegensätzlich orientierten Gruppen bestehenden Gesellschaft ist die G. von einer mehr oder weniger stark entwickelten Homogenität und Zielsetzung bestimmt. Im Kampf gegen oppositionelle oder weltanschaulich abweichende Glieder (z. B. »Dissidenten«, »Häretiker«) stellen diktatorisch strukturierte staatl. G. mit Gewalt die innere Geschlossenheit wieder her oder grenzen die missliebigen Personengruppen aus.
F. Tönnies führte G. 1887 als Grundbegriff in die Soziologie ein und meinte damit - im Ggs. zur Gesellschaft, die er als rational konstituierten Zweckverband aus gemeinsamen Interessen definierte - auf naturhafter Grundlage beruhende Gruppen (Familie, Sippe) oder kleine, geschichtlich gewachsene Verbände (Dorf, alte Stadt) sowie in der Geistes-G. (Freundschaft, Meister-Jünger-Verhältnis) verbundene Gruppen. Die Soziologie griff diesen Ggs. in unterschiedl. Varianten immer wieder auf. Zu den G. zählen heute z. B. Minoritäten in den Städten (z. B. Ausländergruppen) sowie alternative Lebens-G., die sich seit den 1960er-Jahren in den Industriegesellschaften herausgebildet haben. Diese G. führen ein relativ geschlossenes Eigenleben und versuchen z. T., durch ihre Lebensform der traditionellen Gesellschaft neue Impulse zu vermitteln.
2) Zivilrecht: i. w. S. jede privatrechtl. Verbindung von Personen mit gemeinsamen vermögensrechtl. Interessen, bes. die Erben-, die Güter-, die Zugewinn-G. ; i. e. S. die Bruchteils-G. als Beteiligung mehrerer an einem Recht, Eigentum.
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