Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
fotografische Apparate
fotografische Apparate(fotografische Kameras), opt. Geräte zur Aufnahme fotograf. Bilder nach dem Vorbild der Camera obscura. Sie bestehen prinzipiell aus einem lichtdichten Gehäuse mit Bildbühne und Transportvorrichtung für das lichtempfindl. Material, dem bilderzeugenden opt. System (fotografische Objektive), dem Verschluss zur Steuerung der Belichtungszeit und der Visier- bzw. Bildbetrachtungseinrichtung (Sucher).Kameratypen: Großformatkameras, Balgenkameras auf opt. Bank oder mit Laufboden für die verstellbare und schwenkbare Objektivstandarte und mit verstellbarem und schwenkbarem Kamerarückteil; im Baukastensystem zusammensetzbar; Aufnahmeformat 9×12 cm und größer. Mittelformatkameras für 62 mm breiten Rollfilm; urspr. Balgenkameras, heute meist starre Tubuskameras mit Zentral- oder Schlitzverschluss, v. a. ein- oder zweiäugige Spiegelreflexkameras. Kleinbildkameras, verbreitetster und hinsichtlich Objektivausstattung und Zubehör vielseitigster Typ, für 35-mm-Kinefilm in Kleinbildpatrone; Sucher- oder einäugige Spiegelreflexkameras, mit Schlitzverschluss und Wechselobjektiven, mit zunehmend aufwendiger elektron. Ausstattung, durch die wesentl. Kamerafunktionen automatisiert werden: Belichtungsautomatik, kontrastmessende Autofokussysteme, automat. Filmtransport, automat. Eingabe von Filmempfindlichkeit. Eine Neuentwicklung ist das Advanced Photo System. Kleinstbildkameras, Miniaturkameras (Aufnahmematerial 8- und 16-mm-Schmalfilm in speziellen Kassetten); sehr populär sind die Pocketkameras, auch mit elektron. Vollautomatik. Neuartige Kleinstbildkameras sind die Disc-Kameras, deren Aufnahmematerial sich auf einer kreisförmigen Kunststoffscheibe befindet. Die große Schärfentiefe macht bei Kleinstbildapparaten eine Entfernungseinstellung überflüssig. Ein neuer Kameratyp ist die Digitalkamera, bei der die Bilder nicht analog auf einem Film, sondern in digitaler Form gespeichert werden. Das vom Objekt reflektierte Licht fällt dabei auf einen CCD-Sensor und wird in intensitätsabhängige elektr. Impulse gewandelt. Bei Scannerkameras werden die CCD-Sensoren von Schrittmotoren über die Bildfläche bewegt und das Bild zeilenweise aufgebaut (z. B. Still-Video-Kameras); Chipkameras arbeiten mit rechteckigen CCD-Chips, die sofort das komplette Bild digitalisieren. Die Ausgabe der Bilder erfolgt mithilfe von Computern oder Fernsehgeräten.Verschlussbauarten: Der Zentralverschluss (Lamellenverschluss) befindet sich meist innerhalb des Objektivs in der Nähe der Blendenebene oder als Hinterlinsenverschluss unmittelbar hinter dem Scheitel der Hinterlinse; seine Verschlusssektoren, mehrere schwenkbare Stahllamellen, geben die Öffnung von der Mitte beginnend frei und kehren nach Ablauf der Offenzeit in die Schließstellung zurück. Die Belichtungszeit setzt sich aus der eingestellten Offenzeit und jeweils der Hälfte der Öffnungs- und der Schließzeit zusammen. Die Bewegungsumkehr lässt als kürzeste Belichtungszeit nur 1/750 s zu. Der Schlitzverschluss läuft dicht vor dem Bildfenster ab; er besteht im Wesentlichen aus zwei »Vorhängen« (Lamellenpakete u. a.), von denen einer das Bildfeld zunächst abdeckt und es bei der Belichtung freigibt, während der andere in einstellbarem zeitl. Abstand folgt und das Bildfeld wieder abdeckt. Beide Vorhänge bilden einen »Schlitz« variabler Breite. Es sind kurze Belichtungszeiten von 1/1000 bis 1/8000 s möglich. Da die Bildfläche aber streifenweise belichtet wird, kann eine Blitzsynchronisation nur erfolgen, wenn die Schlitzbreite gleich der entsprechenden Kantenlänge des Bildfensters (Volloffenzeit etwa 1/60 bis 1/125 s) oder die Brenndauer der Blitzquelle gleich der Gesamtablaufzeit ist.Suchereinrichtungen: Die Bildeinstellung erfolgt nach zwei unterschiedl. Prinzipien: 1) Betrachten des reellen Bildes auf einer Mattscheibe, entweder am Bildort oder unter Zwischenschaltung eines Ablenkspiegels (Spiegelreflexprinzip) in einer zur Bildebene konjugierten Ebene. Der Spiegel kann sich im Strahlengang befinden und zur Aufnahme weggeklappt werden (einäugige Spiegelreflexkamera, Single-Lens-Camera, SL-Kamera); zur Bildbetrachtung kann auch ein separates opt. System verwendet werden (zweiäugige Spiegelreflexkamera). Die Einstellscheibe ist zur Erhöhung der Bildhelligkeit bei kleineren Formaten eine lichtsammelnde Fresnel-Linse oder eine mit einem äußerst feinen Prismenraster versehene Glasfläche. Zur Scharfeinstellung des Bildes sind Messkeile (Schnittbildindikator) und/oder ein zentr. Mikrospaltbildfeld vorgesehen. Da das Spiegelreflexbild waagerecht oberhalb des Bildraums aufgefangen wird, zeigt es das Aufnahmeobjekt aufrecht, aber seitenverkehrt; zur Bildumkehrung dient im Sucherschacht bes. bei Kleinbildkameras ein Pentadachkantprisma. 2) Direktes Betrachten des Motivs durch eine opt. Anordnung, die dem umgekehrten galileischen bzw. newtonschen Fernrohr entspricht (Newton-Sucher) und das Motiv schwach verkleinert zeigt, oder durch ein afokales System mit eingespiegelten Bildbegrenzungslinien (Leuchtrahmensucher). Die Scharfeinstellung muss über einen Entfernungsmesser erfolgen.Belichtungsautomatik: Neben der Programmautomatik, bei der Zeit und Blende nach Programm geregelt werden, unterscheidet man Blendenautomaten, bei denen die Belichtungszeit von Hand vorgewählt werden muss, während sich die Blende automatisch einstellt, und Zeitautomaten, bei denen das Umgekehrte der Fall ist. Versch. Kameras lassen wahlweise alle Möglichkeiten zu. Die Leuchtdichte des Objekts wird bei Spiegelreflexkameras durch das Objektiv hindurch gemessen (Belichtungsinnenmessung, Through-the-Lens-, TTL-Messung), im Regelfall als ein über das ganze Bildfeld gemittelter Belichtungswert (Integralmessung), bei einigen Geräten auch (wahlweise) als Leuchtdichte eines begrenzten Objektdetails (Selektivmessung; für Aufnahmen bei extremen Kontrasten).Spezialkameras: Stereokameras sind Tubuskameras mit zwei Objektiven und doppelter Bildbühne für die Stereofotografie; Panoramakameras besitzen ein während der Belichtung horizontal schwenkendes Weitwinkelobjektiv für Panoramaaufnahmen; Superweitwinkelkameras haben extrem kurze Brennweiten; Luftbildkameras haben ein auf unendlich eingestelltes Fixfokusobjektiv, ähnlich Kameras für photogrammmetr. Zwecke (Messbildkameras); Rekorder sind fest installierte Kameras für Überwachungszwecke (z. B. Schirmbildaufnahmen); Reproduktionskameras dienen der Druckformenherstellung.
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