Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Friedenssicherung
Friedenssicherung,internat. Bemühungen, den Weltfrieden zu sichern. - Die Bestrebungen zur F. wurzeln im Friedensgedanken der mittelalterl. Reichsidee (Landfrieden). In dieser Tradition stehend, bemühten sich die Friedensschlüsse von Münster und Osnabrück (1648) und Utrecht (1713) um einen dauerhaften Frieden. In der Aufklärungsphilosophie weitete sich die Idee des »ewigen Friedens« zu einem im Rechtsgedanken gegründeten universalen Friedensprogramm (I. Kant) aus. Seit der Herausbildung des europ. Staatensystems im 18. und 19. Jh. suchten die europ. Mächte in einem Wechselspiel von Gleichgewichts- und Hegemonialpolitik den Frieden zu sichern. Um 1900 fand der Gedanke der Abrüstung und der Schlichtung von Streitigkeiten Eingang in die Tagesordnung internat. Konferenzen. Nach dem Ersten Weltkrieg verstärkten sich v. a. mit der Errichtung des Völkerbundes (1919) und der Konstituierung eines Ständigen Internationalen Gerichtshofes (1920) die Bemühungen, Streitigkeiten zu schlichten und unterschiedl. Interessen friedlich auszugleichen. Mit dem Briand-Kellogg-Pakt (1928) wurde der Angriffskrieg als Mittel der Politik geächtet. Als Folge der aggressiven, auf Revision der Pariser Vorortverträge gerichteten Politik v. a. des nat.-soz. Dtl. und des faschist. Italien scheiterten in den 30er-Jahren die Bemühungen um einen Ausgleich der Interessen (z. B. auf der Genfer Abrüstungskonferenz (Genfer Konferenzen).
Nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten die Siegermächte 1945 die UNO als Instrument der F., zur Abwehr militär. Aggressionen, zur friedl. Konfliktlösung, Forcierung der Abrüstung sowie zur wirtsch. und kulturellen Zusammenarbeit. Angesichts des nach dem Zweiten Weltkrieg ausbrechenden Ost-West-Konflikts suchten die Mächte, die sich in dieser ideologisch und interessenpolitisch bestimmten Auseinandersetzung gegenüberstanden, durch den Abschluss von Bündnissen den Frieden zu sichern, die von den USA geführten Mächte durch die Gründung der NATO, die von der UdSSR gelenkten Staaten durch den Abschluss des Warschauer Paktes. Unter dem Eindruck der Waffenentwicklung v. a. auf thermonuklearem Gebiet setzten nach dem Abflauen des Kalten Krieges seit der zweiten Hälfte der 60er-Jahre Bemühungen um eine Entspannung des Ost-West-Konflikts ein. Gestützt auf ein gleichgewichtiges militär. Drohpotenzial (»Abschreckung«) kam es zw. 1963 und 1993 zu zwei- oder mehrseitigen internat. Verträgen über Abrüstung und Rüstungsbegrenzung (Abrüstung). Die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE, 1973-75) und ihre Nachfolgekonferenzen sollten den Entspannungsprozess vorantreiben, u. a. durch vertrauensbildende Maßnahmen, und dadurch maßgeblich zur F. beitragen. Ausgehend von der Tatsache, dass Hunger, Armut und Überbevölkerung eine wesentl. Ursache für den Ausbruch von Kriegen sein können, sollen die Entwicklungspolitik und der Ausgleich des sozioökonom. Gefälles im Nord-Süd-Konflikt in die Politik der F. einbezogen werden.Nach Ende des Ost-West-Konfliktes (1989/91) trat bei den zahlreich auftretenden regionalen Konflikten die Bedeutung der UNO, deren Möglichkeiten zur F. bis dahin oft stark eingeschränkt worden waren, wieder stärker hervor. Infolge des polit. Zusammenbruchs des Ostblocks, v. a. der Auflösung des Warschauer Paktes (1991), und des Zerfalls der UdSSR (1991), veränderte sich die Rolle der NATO als Faktor der Sicherheit und der F. in ganz Europa. Um dem russ. Unbehagen an der »Osterweiterung« der NATO Rechnung zu tragen, unterzeichneten NATO-Gen.-Sekr. J. Solana und der russ. Präs. B. Jelzin am 27. 5. 1997 einen Sicherheitsvertrag zw. NATO und Russland. Unter den in den 1990er-Jahren herrschenden polit. Bedingungen in Europa wandelte sich die KSZE zum 1. 1. 1995 in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) um.
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