Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Formalismus
Formalịsmusder,
1) allg.: das Überbewerten des Formalen.
2) Literaturwissenschaft: zw. 1915 und 1928 im »Moskauer Linguistenkreis« (gegr. 1915) und in der »Gesellschaft zur Erforschung der poet. Sprache« (Opojas, gegr. 1916) entwickelte literaturwiss. Methode; Vertreter waren u. a. W. B. Schklowski, B. Eichenbaum, R. Jakobson, J. Tynjanow. In krit. Auseinandersetzungen mit kontextgebundenen Interpretationsmodellen (Ideengeschichte, biograf., psycholog. und soziolog. Methode) und im analyt. Diskurs mit der russ. Avantgarde entstand die Neubestimmung des Gegenstandes der Literaturwissenschaft, die das spezifisch Literarische, die Literarizität, erforscht. In der ersten Phase konzentrierte sich das Interesse auf die innerliterar. Betrachtungsweise, das einzelne Verfahren und die als rezeptionsästhetisch angesehene Kategorie der »Verfremdung«; mit der späteren Öffnung zum Außerliterarischen konzipierten die Formalisten neue Interpretationsmethoden in der Theorie der Prosa, der Gattungsforschung, Märchenanalyse, Metrik und Filmtheorie. 1930 in der Sowjetunion unterdrückt, wurde der F. im so genannten Prager Strukturalismus und in der poln. integralen Literaturbetrachtung weiterentwickelt und zu einem theoret. Fundament des frz. Strukturalismus und der Nouvelle Critique. - Der Begriff F. wurde von der marxistisch-leninist. Kunstkritik als abwertendes Schlagwort für künstler. Experimente benutzt (Formalismusdebatte).
▣ Literatur:
Erlich, V.: Russ. F. A. d. Engl. Neuausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ Hansen-Löve, A. A.: Der russ. F. Wien 21996.
3) Logik, Mathematik: eine Theorie, deren Sätze durch ein Kalkül aus Axiomen gewonnen werden. Auch eine von D. Hilbert begr. Position der mathemat. Grundlagenforschung wird als F. bezeichnet. Hiernach ist, im Ggs. zum Intuitionismus, eine mathemat. Theorie durch Erweis ihrer Widerspruchsfreiheit hinreichend begründet. Seit 1951 (Gödels Unvollständigkeitssatz) ist dieses Hilbert-Programm als gescheitert anzusehen.
Formalịsmusder,
1) allg.: das Überbewerten des Formalen.
2) Literaturwissenschaft: zw. 1915 und 1928 im »Moskauer Linguistenkreis« (gegr. 1915) und in der »Gesellschaft zur Erforschung der poet. Sprache« (Opojas, gegr. 1916) entwickelte literaturwiss. Methode; Vertreter waren u. a. W. B. Schklowski, B. Eichenbaum, R. Jakobson, J. Tynjanow. In krit. Auseinandersetzungen mit kontextgebundenen Interpretationsmodellen (Ideengeschichte, biograf., psycholog. und soziolog. Methode) und im analyt. Diskurs mit der russ. Avantgarde entstand die Neubestimmung des Gegenstandes der Literaturwissenschaft, die das spezifisch Literarische, die Literarizität, erforscht. In der ersten Phase konzentrierte sich das Interesse auf die innerliterar. Betrachtungsweise, das einzelne Verfahren und die als rezeptionsästhetisch angesehene Kategorie der »Verfremdung«; mit der späteren Öffnung zum Außerliterarischen konzipierten die Formalisten neue Interpretationsmethoden in der Theorie der Prosa, der Gattungsforschung, Märchenanalyse, Metrik und Filmtheorie. 1930 in der Sowjetunion unterdrückt, wurde der F. im so genannten Prager Strukturalismus und in der poln. integralen Literaturbetrachtung weiterentwickelt und zu einem theoret. Fundament des frz. Strukturalismus und der Nouvelle Critique. - Der Begriff F. wurde von der marxistisch-leninist. Kunstkritik als abwertendes Schlagwort für künstler. Experimente benutzt (Formalismusdebatte).
▣ Literatur:
Erlich, V.: Russ. F. A. d. Engl. Neuausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ Hansen-Löve, A. A.: Der russ. F. Wien 21996.
3) Logik, Mathematik: eine Theorie, deren Sätze durch ein Kalkül aus Axiomen gewonnen werden. Auch eine von D. Hilbert begr. Position der mathemat. Grundlagenforschung wird als F. bezeichnet. Hiernach ist, im Ggs. zum Intuitionismus, eine mathemat. Theorie durch Erweis ihrer Widerspruchsfreiheit hinreichend begründet. Seit 1951 (Gödels Unvollständigkeitssatz) ist dieses Hilbert-Programm als gescheitert anzusehen.