Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Flug
Flug,1) (Fliegen) allg.: die freizügige Bewegung von Körpern innerhalb der Lufthülle der Erde ohne direkte Stützung von der Erdoberfläche aus. Dabei muss die Erdanziehungskraft durch eine Gegenkraft (Auftriebskraft) ausgeglichen oder überwunden werden. Diese kann durch Dichteunterschiede zw. fliegendem Körper und umgebender Luft (aerostat. Auftrieb, z. B. beim Ballon), durch die Bewegung eines geeignet geformten Körpers durch die Luft (aerodynam. Auftrieb, z. B. beim Flugzeug) oder durch Reaktionskräfte von Strahlantrieben (z. B. bei der Rakete) erzeugt werden. Der beim Fliegen unvermeidlich auf die Körper einwirkende Luftwiderstand wird bei Flugzeugen durch die von den Flugtriebwerken gelieferte Vortriebskraft, am antriebslosen Gleit- oder Segel-F. durch die in F.-Richtung liegende Komponente der Gewichtskraft überwunden. Man unterscheidet hier stationäre (unbeschleunigte) F.-Zustände, bei denen die vertikal wirkenden Auftriebs- und Gewichtskräfte und die v. a. horizontal wirkenden Antriebs- und Widerstandskräfte sowie ihre stat. Momente im Gleichgewicht sind (z. B. beim Horizontal-F. und beim Schiebe-F.), und instationäre (beschleunigte) F.-Zustände , bei denen dies nicht zutrifft und Beschleunigungen sowie zusätzl. Drehmomente wirksam werden, die z. B. den Steig- oder Sink-F. und den Kurven-F. ergeben sowie zu Gier-, Nick- und Rollbewegungen oder -schwingungen führen. Weitere F.-Zustände sind der Gleit-F., der Sturz-F. und das Trudeln. - Eine Bewegung außerhalb der Erdatmosphäre ist möglich durch Ausnutzung der Bewegungsenergie des Körpers und der Gravitationskräfte anderer Himmelskörper sowie durch Erzeugung von Antriebskräften mithilfe von Raumantrieben (Massenausstoß). Allerdings ist die Auffassung darüber, ob die Bewegung im Weltraum als Raum-F. oder Raumfahrt zu bezeichnen sei, nicht einheitlich.
2) Biologie: Passive oder aktive Fortbewegung durch die Luft. Der passive Gleit-F. lässt sich bei allen Wirbeltierklassen beobachten (u. a. auch bei Fliegenden Fischen, Flugdrachen und Gleithörnchen). Bei ihm kann die Anfangshöhe nicht aktiv überschritten werden, der Auftrieb mindert die Abwärtsbewegung. Als Gleitflächen dienen Flügel, F.-Häute und Flossen. Der Segel-F. ist ein Spezialfall des Gleit-F., bei dem sich der Vogel in aufwärts strömenden Luftmassen bewegt. Der aktive F. ist die Fähigkeit, sich mithilfe der Muskelkraft frei im Luftraum fortzubewegen; dazu sind Vögel, Insekten und, als einzige Säugetiere, die Fledertiere (F.-Hunde und Fledermäuse) in der Lage. Die Flügel der Vögel und Insekten sind zugleich Trageflächen und Antriebsorgane. Am häufigsten ist bei Vögeln der Ruder-F. (Schlag-F.). Dabei wird beim Abschlag der Armteil von vorn angeblasen, der Handteil von unten. Beim Übergang zum Aufschlag ändern sich die Anstellwinkel des Hand- und des Armteils; der des Handteils wird annähernd null, der des Armteils wird etwas stumpfer, sodass der Armteil von unten angeströmt wird (starker Auftrieb, leichter Rücktrieb). Beim Abschlag ist somit nur der Handteil belastet, der allein den Vortrieb erzeugt. Beim Rüttel-F. (F. auf der Stelle) werden auch im Aufschlag durch Anströmung der Flügeloberseiten Vortriebskräfte erzeugt.
Beim Insekten-F. entstehen die tragenden und vorwärts treibenden Kräfte prinzipiell in gleicher Weise wie beim Vogel-F. Die Kleinheit der Insekten und ihrer Flügel erfordert eine wesentlich höhere Schlagfrequenz zur Erzeugung ausreichenden Vor- und Auftriebs (z. B. Stechmücken 300 Schläge je Sekunde).
Literatur:
Scheiba, B.: Schwimmen, Laufen, Fliegen. Die Bewegung der Tiere. Leipzig u. a. 1990.
Tennekes, H.: Kolibris u. Jumbo-Jets. Die simple Kunst des Fliegens. A. d. Amerikan. Basel u. a. 1997.
3) Heraldik: zwei halbkreisförmig gespreizte (Adler-)Flügel.
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