Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Florenz
Florẹnz(italien. Firenze),
1) Provinz in der Toskana, Italien, 3 514 km2, (1997) 951 500 Einwohner.
2) Hptst. von 1) und der Region Toskana, 379 700 Ew., beiderseits des Arno. F. ist Sitz eines Erzbischofs und hat eine Univ. (seit 1924, als Hochschule 1349 gegr.), Akademien (z. B. Accademia della Crusca), Dt. Kunsthistor. Inst., Konservatorium, Internat. Inst. für Etrusk. Studien, meteorolog. Observatorium, Sternwarte, Militärgeograph. Inst., Nationalbibliothek, Biblioteca Medicea Laurenziana, Theater und Oper. Die Museen gehören zu den bedeutendsten der Erde, v. a. die Galerien der Uffizien und des Palazzo Pitti, das Nationalmuseum (Bargello), das Dommuseum, das Archäolog. Museum. Die Stadt hat Maschinenbau, chem. und pharmazeut. Ind. sowie ein hoch entwickeltes Kunsthandwerk (Stickereien, Terrakotten, Porzellan-, Lederwaren) und ist außerdem ein Banken-, Handels- und Messezentrum (Mode, Pelze, Antiquitäten); als Kulturmetropole hat F. bed. Fremdenverkehr; Verkehrsknotenpunkt, internat. Flughafen. Nahe der Stadt liegt das alte Fiesole mit dem 1976 gegr. Europ. Hochschulinstitut.Die Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Wahrzeichen von F. ist der gewaltige Dom Santa Maria del Fiore (1296-1436) mit der achteckigen Kuppel (1418-36) von Brunelleschi. Neben dem Dom (die im 16. Jh. zerstörte Fassade erhielt ihr heutiges Aussehen 1875-87) der Campanile (1334-59); gegenüber das Baptisterium mit den drei Bronzetüren von A. Pisano (1330-36) und L. Ghiberti (1403-24; 1425-52). Weitere bed. Kirchen sind die gotische Franziskanerkirche Santa Croce (ab 1294/95), Kirche Or San Michele (1337-1404, mit got. Tabernakel von A. Orcagna), die Dominikanerkirche Santa Maria Novella (ab 1278; inkrustierte Marmorfassade 1470 vollendet; mit Fresken u. a. von D. Ghirlandaio, F. Lippi, Masaccio) und die ab 1421 von Brunelleschi erbaute Kirche San Lorenzo mit Fürstenkapelle (1604 begonnen) und Grabkapelle der Medici (»Neue Sakristei«, Bau 1520 von Michelangelo begonnen und mit Marmorgrabmälern ausgestattet) sowie der sich an die Kirche anschließenden Biblioteca Medicea Laurenziana (ebenfalls von Michelangelo); bed. ist auch das ehem. Kloster San Marco (heute Museo dell'Angelico; 1437-51, Mönchszellen mit Fresken von Fra Angelico). Unter den weltl. Bauten ragen hervor: der burgartige Palazzo Vecchio (1298-1314) mit schlankem Turm und Säulenhof, der Palast der Uffizien (1560-80 von Vasari erbaut), ferner Palazzo Pitti, Palazzo Strozzi, Palazzo Medici-Riccardi, Palazzo Rucellai u. a. Älteste Brücke über den Arno ist der Ponte Vecchio (14. Jh.) mit Brückenhäusern. - F. ist der Geburtsort des italien. Dichters Dante Alighieri.Das antike Florentia ist eine röm. Gründung des 2. Jh. v. Chr., die sich rasch zum Handelsplatz entwickelte. Im 11. Jh. löste sich F. aus der Markgrafschaft Tuszien, erlangte städt. Autonomie und unterwarf 1125 das konkurrierende Fiesole. Im Kampf gegen die stauf. Kaiser erweiterte die Stadt ihre Macht bis zur beherrschenden Stellung in Mittelitalien. Seit Anfang des 13. Jh. tobten heftige Kämpfe zw. Guelfen und den kaisertreuen Ghibellinen (F. wurde führende guelf. Macht). Gleichzeitig drängten die Zünfte gegenüber den alten Adelsgeschlechtern zur Macht. 1282 erlangten die oberen Zünfte (u. a. Bankiers, Großkaufleute) die Herrschaft über Florenz. Seit 1293 bildete die Signoria unter Vorsitz der Gonfaloniere die oberste Reg.behörde. Die Stadt wurde durch ihre Tuchind. und Banken führend im westeurop. Wirtschaftsleben. 1312 wurde F. von Kaiser Heinrich VII. vergeblich belagert. Die sozialen Kämpfe fanden mit der Niederwerfung des Aufstands der »Ciompi« (Wollkämmer, 1378-82) ihr Ende. 1406 konnte F. seine Herrschaft über Pisa und 1421 über Livorno ausdehnen. 1434 übernahm mit Cosimo dem Alten die Familie Medici die Regierung. Sein Nachfolger, Lorenzo der Prächtige, erreichte durch Verfassungsänderung eine fast absolute Macht. Unter ihm wurde F. glanzvoller Mittelpunkt der italien. Renaissance. Als der frz. König Karl VIII. F. besetzte, wurden die Medici zwar vertrieben, doch erzwang Papst Julius II. 1512 ihre Rückkehr. Der Versuch Savonarolas, 1498 in F. ein theokrat. Regime zu errichten, scheiterte. 1527-30 erneut vertrieben, festigten die Medici (seit 1531 Herzöge) mithilfe Kaiser Karls V. wieder ihre Macht: Herzog Cosimo I., der 1555 Siena eroberte, wurde 1569 Großherzog von Toskana, deren Hptst. F. wurde; 1737 fiel es an Habsburg-Lothringen. 1865-71 war F. Hptst. des Königreichs Italien.
Literatur:
Brucker, G. A.: F. in der Renaissance. Stadt, Gesellschaft, Kultur. A. d. Amerikan. Reinbek 1990.
Krämer, T.: F. u. die Geburt der Individualität. Ghiberti, Brunelleschi, Donatello, Masaccio. Stuttgart 1992.
Philipp, E.: F. Pforzheim 1992.
Wundram, M.: Kunstführer F. Stuttgart 1993.
Schreiber, H.: F. Eine Stadt u. ihre Menschen. Neuausg. München u. a. 1994.
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