Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Finnland
Fịnnland⃟ Fläche: 338 145 km2
Einwohner: (1997) 5,136 Mio.
Hauptstadt: Helsinki
Verwaltungsgliederung: 12 Provinzen
Amtssprachen: Finnisch und Schwedisch
Nationalfeiertag: 6. 12.
Währung: 1 Finnmark (Fmk) = 100 Penniä (p)
Zeitzone: OEZ
(finn. Suomi, schwed. Finland; amtl. finn. Suomen Tasavalta, schwed. Republiken Finland; dt. Rep. F.), Staat in Nordeuropa, liegt zu einem Drittel nördlich des Polarkreises (Lappland), grenzt im W an den Bottn. Meerbusen, im NW an Schweden, im N an Norwegen (Finnmark), im O an Russland und im S an den Finn. Meerbusen; zu F. gehören die 40 km vor der schwed. Küste in der Ostsee gelegenen Ålandinseln.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 17. 7. 1919 (teilrevidiert 1991) ist F. eine parlamentar. Rep. mit Elementen eines Präsidialsystems. Staatsoberhaupt und oberster Träger der Exekutive (mit starken Vollmachten) ist der vom Volk auf sechs Jahre gewählte Präsident. Wenn im 1. Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit erzielt, kommt es im 2. Wahlgang zur Stichwahl zw. den beiden Bestplatzierten. Der Präs. beruft die Reg. (Staatsrat) unter Leitung des Ministerpräsidenten. Die Legislative liegt beim Reichstag (200 Abg., für vier Jahre gewählt); das aktive und passive Wahlalter beginnt mit dem 18. Lebensjahr. Verw.gliederung in zwölf Prov. (finn. »Lääni«, schwed. »län«; darunter die autonome Prov. Åland). Einflussreichste Parteien: Zentrumspartei (KEPU), Sozialdemokrat. Partei (SDP), Nat. Sammlungspartei (KOK), Linksbund, Schwed. Volkspartei (SFP), Grüne Partei, Christl. Union (SKL), Finn. Landvolkpartei (SMP).
Landesnatur: Granite, Gneise, Glimmerschiefer, Kalke und Quarzite des Baltischen Schildes bilden den Gesteinsuntergrund, der von einer dünnen Bodenschicht bedeckt ist. Die Eiszeiten und ihre Rückzugsstadien haben eine Landschaft von Seen, Moränenzügen (Salpausselkä), Findlingsblöcken, Drumlins u. a. glazialen Formen hinterlassen. Bes. reich an Seen (rd. 55 000) ist der S des Landes (Finn. Seenplatte); die wichtigsten sind Saimaa und Päijänne. Der buchtenreichen Küste im W (Bottn. Meerbusen) und bes. im S (Finn. Meerbusen) sind zahlr. Inseln und Schären (insgesamt rd. 33 000) vorgelagert. Nach N steigt das Gelände vom Flachland zum Hügelland an, Moore und Sümpfe treten verstärkt auf. Die höchsten Höhen erreicht das Relief in Lappland im NW (Haltiatunturi 1328 m ü. M.). - Das Klima ist kontinental mit subpolaren Zügen, z. B. die Mitternachtssonne des Sommers. Die Winter sind kalt und schneereich (Februar-Mittel — 9 ºC, im N — 12 ºC), die Sommer mäßig warm (mittlere Jahrestemperatur in Helsinki: 5,4 ºC, Juli-Mittel 14,5 ºC). Die gegen Jahresende beginnende Vereisung der Küstengewässer schreitet im Hochwinter meist rasch voran, sodass vom Jahresanfang bis Mitte März eine Eisbrücke die Ålandinseln mit SW-Finnland verbindet. - F. ist das waldreichste Land Europas; 68 % der Landesfläche sind mit Wäldern (Fichte, Kiefer, Birke, Erle) bedeckt; im äußersten N herrscht Tundrenvegetation vor.
Bevölkerung: Die Bev. besteht aus Finnen (93 %), Schweden (5,8 %, v. a. auf den Ålandinseln, in Südwest-F. und in Österbotten), in Finnisch-Lappland leben knapp 1 800 Lappen. Die Bev.dichte (im Durchschnitt 15,1 Ew. je km2) ist im N und in der Mitte des Landes sehr gering. In Städten lebt die Mehrheit der Bev. (62 %); allein in den sechs Großstädten Helsinki, Espoo, Tampere, Vantaa, Turku und Oulu 26 % (1995). - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 16. Lebensjahr; die 9-jährige Gesamtschulzeit umfasst eine erste Stufe (6 Jahre) für alle und eine differenzierte zweite Stufe (3 Jahre) mit berufsvorbereitenden und allgemein bildenden Formen. F. hat zehn Univ., drei TU sowie eine veterinärmedizin. Hochschule, drei Wirtschafts- und Verwaltungshochschulen und vier Kunsthochschulen. - Rd. 86 % der Bev. gehören der Finn. Evang.-Luther. Kirche und 1,1 % der orth. Kirche an; 12 % der Bev. sind konfessionslos.
Wirtschaft, Verkehr: F. ist ein moderner Ind.staat. Ackerbaulich genutzt werden nur 7,5 % der Landfläche (Anbau von Kartoffeln, Futterrüben, Hafer, Gerste und Weizen); Kleinbetriebe überwiegen. Wichtigster Zweig der Landwirtschaft ist die Milchwirtschaft; im N werden Rentier- und Pelztierzucht betrieben. Forstwirtsch. genutzt werden die ausgedehnten Wälder. An Bodenschätzen verfügt F. über Eisen-, Kupfer-, Nickel-, Zink-, Chrom-, Titan-, Blei-, Vanadium-, Kobalterze sowie Pyrit, Selen, Asbest und Torf. In der Ind. dominieren die Holzverarbeitung (Papier-, Zellstoff-, Möbelherstellung) und die Metallind. (Erzverhüttung, Metallverarbeitung, Maschinen-, Fahrzeug- und Schiffbau, elektrotechn. und elektron. Ind.); außerdem chem., Textil-, Leder-, Glas- und Keramikind.; finn. Qualität und Design werden bes. bei Konsum- und Luxusartikeln geschätzt. Auch der Fremdenverkehr spielt wirtsch. eine Rolle. Die wichtigsten Handelspartner sind die EG- und EFTA-Länder, die USA, Russland, Litauen, Lettland und Estland. - Das Schienennetz (russ. Breitspur) hat eine Länge von 5 859 km (1995), davon 1 950 km elektrifiziert. Das Straßennetz hat (1995) eine Länge von 79 166 km, davon 48 841 km mit festem Belag. Wichtig für den Holztransport sind die vielfach durch Kanäle verbundenen Seen. Über den Saimaakanal ist ein Teil Südost-F. mit Russland verbunden. Hauptseehäfen besitzen Helsinki, Naantali, Kotka, Hamina und Rauma; der wichtigste internat. Flughafen ist der von Helsinki. Luftfahrtges. ist die Finnair O/Y.
Geschichte: Zw. dem 2. und 8. Jh. n. Chr. besiedelten finn. Stämme (vom Baltikum und aus dem O kommend) Süd- und Mittelfinnland. Mitte des 12. Jh. wurde das Land von Schweden aus christianisiert und von diesem auch schrittweise erobert (Kreuzzüge 1157 unter Erich IX., 1249 [1238/39?] unter Birger Jarl und 1293); Ende des 13. Jh. reichte die schwed. Macht bis nach Karelien. 1323 wurde erstmals zw. Schweden und dem Fürstentum Nowgorod die finn. Ostgrenze festgelegt. Unter Gustav Wasa (1523-60) führte M. Agricola, dessen Bibelübersetzung zur Ausformung der finn. Schriftsprache beitrug, die Reformation ein. 1581 wurde F. zum Großfürstentum erhoben, tatsächlich jedoch als schwed. Provinz verwaltet. Ein großer Bauernaufstand (1596/97, »Keulenkrieg«) wurde blutig niedergeschlagen. Unter dem schwed. General-Gouv. Graf Per Brahe (* 1602, ✝ 1680) erlebte F. eine wirtsch. und kulturelle Blüte (»Grafenzeit«). Im 2. Nord. Krieg war F. 1713-21 von Russland besetzt, das sich im Frieden von Nystad (1721) das südwestl. Karelien mit Wyborg sicherte und im Frieden von Åbo (1743) weitere Teile im SO erhielt. Nach dem russ.-schwed. Krieg von 1808/09 musste Schweden im Frieden von Fredrikshamn (1809) ganz F. abtreten. Im März 1809 erklärte Zar Alexander I. F. zum autonomen Großfürstentum innerhalb des russ. Reiches (1811 Wiedereingliederung der im 18. Jh. an Russland abgetretenen Gebiete). 1812 wurde Helsinki zur Hptst. erhoben. In der 1. Hälfte des 19. Jh. bildete sich ein finn. Nationalbewusstsein heraus, das einerseits gegen Russland, andererseits gegen das schwed. kulturelle Übergewicht gerichtet war. In der Reformära Alexanders II. wurde 1863 wieder ein Landtag einberufen. Das Sprachreskript (1863) legte die Gleichberechtigung des Finnischen mit dem Schwedischen fest, 1865 erhielt F. eine eigene Münzstätte, 1878 eine eigene Armee. Unter Alexander III. setzte eine Russifizierungspolitik ein; die 1899 beseitigte finn. Autonomie gestand Kaiser Nikolaus II. nach der russ. Revolution von 1905 jedoch wieder zu. Die Landtagsreform von 1906 führte einen Einkammerlandtag mit allg. und gleichem (auch Frauen-)Wahlrecht ein. Stärkste Partei wurde die Sozialdemokratie.
Nach dem Sturz des russ. Zaren in der Februarrevolution 1917 übernahm der finn. Landtag die Regierungsgewalt, erklärte am 6. 12. 1917 F. für unabhängig und schloss am 7. 3. 1918 einen Sonderfrieden mit dem Dt. Reich. In einem Bürgerkrieg (Jan.-Mai 1918) setzten sich die von General C. G. Freiherr von Mannerheim geführten »weißen« Truppen mit dt. Unterstützung (»Ostseedivision« unter General R. Graf von der Goltz) gegen die bolschewist. Kräfte, die »Roten«, durch. Am 12. 12. 1918 wurde Mannerheim Reichsverweser. Am 17. 7. 1919 bekam F. eine republikan. Verfassung. Im Frieden mit Russland (Dorpat 14. 10. 1920) erhielt es das Petsamogebiet. 1921 wurden ihm vom Völkerbund im Streit mit Schweden die Ålandinseln zugesprochen. Die 1929 gegründete bäuerlich nationalist. Lappo-Bewegung erreichte 1930 die Verabschiedung antikommunist. Gesetze; ihre Putschversuche schlugen jedoch fehl. 1933 wurde die Sozialdemokratie wieder die stärkste Partei. In den Jahren nach 1930 begann eine Periode wirtsch. Aufschwungs, bes. unter Staatspräs. P. E. Svinhufvud (1931-37 Nachfolger: K. Kallio). Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde F. im Nov. 1939 von der UdSSR, die die Abtretung strategisch wichtiger Gebiete gefordert hatte, angegriffen. F. verteidigte sich im »Winterkrieg« hartnäckig gegen die sowjet. Übermacht, musste aber im Frieden von Moskau (12. 3. 1940) große Teile W-Kareliens, das Sallagebiet sowie den finn. Teil der Fischerhalbinsel abtreten und den Stützpunkt Hanko verpachten. Staatspräs. wurde 1940 R. Ryti. 1941 nahm F. auf dt. Seite den Krieg gegen die UdSSR wieder auf (»Fortsetzungskrieg«). Im Waffenstillstand vom 19. 9. 1944, bestätigt im Frieden von Paris (10. 2. 1947), musste F. dieselben Gebiete wie 1940 und das Petsamogebiet der UdSSR überlassen; Hanko wurde gegen Porkkala ausgetauscht. 1944-46 war Mannerheim Staatspräsident. Das Land, das unbesetzt blieb, erholte sich unter Staatspräs. J. K. Paasikivi (1946-56) rasch von den Kriegsfolgen (bis 1952 Erfüllung der Reparationsforderungen von 300 Mio. Dollar) und konnte seine Selbstständigkeit bewahren. Ins Zentrum der finn. Außenpolitik rückte die Entwicklung eines gutnachbarl., konfliktfreien Verhältnisses zur Sowjetunion, dem ein 1948 mit ihr abgeschlossener »Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand« diente (1955, 1970 und 1983 verlängert). Dieser außenpolit. Kurs, nach seinen maßgebl. Vertretern, den Präs. Paasikivi und U. K. Kekkonen (1956-81), als »Paasikivi-Kekkonen-Linie« bezeichnet, verband sich mit einem Ausbau der Beziehungen zu den skandinav. Ländern (1955 Beitritt zum Nord. Rat) und zu den westeurop. Staaten (1961 assoziiertes Mitgl. der EFTA, 1974 In-Kraft-Treten des Handelsvertrages mit der EWG). 1969 ging von F. der Vorschlag für die Einberufung einer europ. Sicherheitskonferenz (KSZE) in Helsinki aus. Amtsnachfolger von Präs. Kekkonen wurde 1982 M. Koivisto. Neben der Zentrumspartei (bis 1965 Bauernpartei) war v. a. die Sozialdemokrat. Partei immer wieder an der Regierungsbildung beteiligt (ausgenommen 1962-66). Das ab 1982 regierende Koalitionskabinett unter dem Sozialdemokraten K. Sorsa wurde 1987 durch eine Regierung aus Nat. Sammlungspartei, Sozialdemokraten, Schwed. Volkspartei und Finn. Landvolkpartei unter H. Holkeri (Nat. Sammlungspartei) abgelöst. Die Zentrumspartei wurde erstmals nach 50 Jahren in die Opposition verwiesen. Aus den Parlamentswahlen 1991 ging sie jedoch als stärkste Partei hervor und bildete zus. mit den Konservativen, der Schwed. Volkspartei und der Christl. Union eine Koalitionsregierung unter MinPräs. E. Aho. Anstelle des mit Auflösung der Sowjetunion gegenstandslos gewordenen Freundschafts- und Beistandspakts schlossen F. und Russland im Jan. 1992 einen neuen Grundlagenvertrag. Nachdem F. im März 1992 den Antrag auf Aufnahme in die EG gestellt hatte, wurde es zum 1. 1. 1995 dort Mitglied. Bei der ersten Direktwahl des finn. Staatspräs. wurde 1994 der Sozialdemokrat M. O. Ahtisaari als Nachfolger Koivistos in dieses Amt gewählt.
▣ Literatur:
T. Vuorela Atlas der finn. Volkskultur. Suomen kansankulttuurin kartasto, hg. v. u. a., 2 Bde. Helsinki 1976-94.
⃟ Ueberschär, G. R.: Hitler u. F. 1939-1941. Die deutsch-finn. Beziehungen während des Hitler-Stalin-Paktes. Wiesbaden 1978.
⃟ Fried, A.: Literatur u. Politik in F. Wechselwirkung zw. Nachkriegsliteratur u. Politik. Hamburg 1982.
⃟ Paloposki, T. J.: Quellenkunde zur Geschichte F.s. A. d. Finn. Wiesbaden 1988.
⃟ Doepfner, A.: F.s Winterkrieg 1939/40. Zürich 21990.
⃟ F.-Studien, hg. v. E. Hösch, 2 Bde. Wiesbaden 1990-93.
⃟ Zetterberg, S.: F. ab 1917. A. d. Finn. Keuruu 1991.
⃟ Albrecht, W. u. Kantola, M.: F. München 1992.
⃟ Deutschland u. F. 1871-1914. Politik - Wirtschaft - öffentl. Meinung, hg. v. O. Kaikkonen u. M. Menger. Joensuu 1992.
⃟ Koivisto, M.: Geographie u. Geschichte. Finn. Sicherheitspolitik. A. d. Finn. Düsseldorf u. a. 1992.
⃟ Rikkinen, K.: A geography of Finland. Lahti 1992.
⃟ F. Fotos v. F. Dressler, Text v. E. Winkler u. O. M. Schneider. Neuausg. München 1994.
⃟ Jokipii, M.: F. u. Deutschland im 20. Jh. Kuopio 1994.
⃟ Klinge, M.: Geschichte F.s im Überblick. Dt. Fassung v. J. Holz-Mänttäri. Helsinki 41995.
⃟ Maude, G.: Historical dictionary of Finland. Lanham, Md., 1995.
⃟ Sobik, H.: F. München 1996.
⃟ Vuollo, M. A.: Der Wandel der finn. Neutralitätspolitik. Außen-, sicherheits- u. integrationspolit. Tendenzen 1970-1995. Vierow bei Greifswald 1996.
⃟ Geographical Survey of Finland, hg. v. S. Autio. Espoo 1997.
Einwohner: (1997) 5,136 Mio.
Hauptstadt: Helsinki
Verwaltungsgliederung: 12 Provinzen
Amtssprachen: Finnisch und Schwedisch
Nationalfeiertag: 6. 12.
Währung: 1 Finnmark (Fmk) = 100 Penniä (p)
Zeitzone: OEZ
(finn. Suomi, schwed. Finland; amtl. finn. Suomen Tasavalta, schwed. Republiken Finland; dt. Rep. F.), Staat in Nordeuropa, liegt zu einem Drittel nördlich des Polarkreises (Lappland), grenzt im W an den Bottn. Meerbusen, im NW an Schweden, im N an Norwegen (Finnmark), im O an Russland und im S an den Finn. Meerbusen; zu F. gehören die 40 km vor der schwed. Küste in der Ostsee gelegenen Ålandinseln.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 17. 7. 1919 (teilrevidiert 1991) ist F. eine parlamentar. Rep. mit Elementen eines Präsidialsystems. Staatsoberhaupt und oberster Träger der Exekutive (mit starken Vollmachten) ist der vom Volk auf sechs Jahre gewählte Präsident. Wenn im 1. Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit erzielt, kommt es im 2. Wahlgang zur Stichwahl zw. den beiden Bestplatzierten. Der Präs. beruft die Reg. (Staatsrat) unter Leitung des Ministerpräsidenten. Die Legislative liegt beim Reichstag (200 Abg., für vier Jahre gewählt); das aktive und passive Wahlalter beginnt mit dem 18. Lebensjahr. Verw.gliederung in zwölf Prov. (finn. »Lääni«, schwed. »län«; darunter die autonome Prov. Åland). Einflussreichste Parteien: Zentrumspartei (KEPU), Sozialdemokrat. Partei (SDP), Nat. Sammlungspartei (KOK), Linksbund, Schwed. Volkspartei (SFP), Grüne Partei, Christl. Union (SKL), Finn. Landvolkpartei (SMP).
Landesnatur: Granite, Gneise, Glimmerschiefer, Kalke und Quarzite des Baltischen Schildes bilden den Gesteinsuntergrund, der von einer dünnen Bodenschicht bedeckt ist. Die Eiszeiten und ihre Rückzugsstadien haben eine Landschaft von Seen, Moränenzügen (Salpausselkä), Findlingsblöcken, Drumlins u. a. glazialen Formen hinterlassen. Bes. reich an Seen (rd. 55 000) ist der S des Landes (Finn. Seenplatte); die wichtigsten sind Saimaa und Päijänne. Der buchtenreichen Küste im W (Bottn. Meerbusen) und bes. im S (Finn. Meerbusen) sind zahlr. Inseln und Schären (insgesamt rd. 33 000) vorgelagert. Nach N steigt das Gelände vom Flachland zum Hügelland an, Moore und Sümpfe treten verstärkt auf. Die höchsten Höhen erreicht das Relief in Lappland im NW (Haltiatunturi 1328 m ü. M.). - Das Klima ist kontinental mit subpolaren Zügen, z. B. die Mitternachtssonne des Sommers. Die Winter sind kalt und schneereich (Februar-Mittel — 9 ºC, im N — 12 ºC), die Sommer mäßig warm (mittlere Jahrestemperatur in Helsinki: 5,4 ºC, Juli-Mittel 14,5 ºC). Die gegen Jahresende beginnende Vereisung der Küstengewässer schreitet im Hochwinter meist rasch voran, sodass vom Jahresanfang bis Mitte März eine Eisbrücke die Ålandinseln mit SW-Finnland verbindet. - F. ist das waldreichste Land Europas; 68 % der Landesfläche sind mit Wäldern (Fichte, Kiefer, Birke, Erle) bedeckt; im äußersten N herrscht Tundrenvegetation vor.
Bevölkerung: Die Bev. besteht aus Finnen (93 %), Schweden (5,8 %, v. a. auf den Ålandinseln, in Südwest-F. und in Österbotten), in Finnisch-Lappland leben knapp 1 800 Lappen. Die Bev.dichte (im Durchschnitt 15,1 Ew. je km2) ist im N und in der Mitte des Landes sehr gering. In Städten lebt die Mehrheit der Bev. (62 %); allein in den sechs Großstädten Helsinki, Espoo, Tampere, Vantaa, Turku und Oulu 26 % (1995). - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 16. Lebensjahr; die 9-jährige Gesamtschulzeit umfasst eine erste Stufe (6 Jahre) für alle und eine differenzierte zweite Stufe (3 Jahre) mit berufsvorbereitenden und allgemein bildenden Formen. F. hat zehn Univ., drei TU sowie eine veterinärmedizin. Hochschule, drei Wirtschafts- und Verwaltungshochschulen und vier Kunsthochschulen. - Rd. 86 % der Bev. gehören der Finn. Evang.-Luther. Kirche und 1,1 % der orth. Kirche an; 12 % der Bev. sind konfessionslos.
Wirtschaft, Verkehr: F. ist ein moderner Ind.staat. Ackerbaulich genutzt werden nur 7,5 % der Landfläche (Anbau von Kartoffeln, Futterrüben, Hafer, Gerste und Weizen); Kleinbetriebe überwiegen. Wichtigster Zweig der Landwirtschaft ist die Milchwirtschaft; im N werden Rentier- und Pelztierzucht betrieben. Forstwirtsch. genutzt werden die ausgedehnten Wälder. An Bodenschätzen verfügt F. über Eisen-, Kupfer-, Nickel-, Zink-, Chrom-, Titan-, Blei-, Vanadium-, Kobalterze sowie Pyrit, Selen, Asbest und Torf. In der Ind. dominieren die Holzverarbeitung (Papier-, Zellstoff-, Möbelherstellung) und die Metallind. (Erzverhüttung, Metallverarbeitung, Maschinen-, Fahrzeug- und Schiffbau, elektrotechn. und elektron. Ind.); außerdem chem., Textil-, Leder-, Glas- und Keramikind.; finn. Qualität und Design werden bes. bei Konsum- und Luxusartikeln geschätzt. Auch der Fremdenverkehr spielt wirtsch. eine Rolle. Die wichtigsten Handelspartner sind die EG- und EFTA-Länder, die USA, Russland, Litauen, Lettland und Estland. - Das Schienennetz (russ. Breitspur) hat eine Länge von 5 859 km (1995), davon 1 950 km elektrifiziert. Das Straßennetz hat (1995) eine Länge von 79 166 km, davon 48 841 km mit festem Belag. Wichtig für den Holztransport sind die vielfach durch Kanäle verbundenen Seen. Über den Saimaakanal ist ein Teil Südost-F. mit Russland verbunden. Hauptseehäfen besitzen Helsinki, Naantali, Kotka, Hamina und Rauma; der wichtigste internat. Flughafen ist der von Helsinki. Luftfahrtges. ist die Finnair O/Y.
Geschichte: Zw. dem 2. und 8. Jh. n. Chr. besiedelten finn. Stämme (vom Baltikum und aus dem O kommend) Süd- und Mittelfinnland. Mitte des 12. Jh. wurde das Land von Schweden aus christianisiert und von diesem auch schrittweise erobert (Kreuzzüge 1157 unter Erich IX., 1249 [1238/39?] unter Birger Jarl und 1293); Ende des 13. Jh. reichte die schwed. Macht bis nach Karelien. 1323 wurde erstmals zw. Schweden und dem Fürstentum Nowgorod die finn. Ostgrenze festgelegt. Unter Gustav Wasa (1523-60) führte M. Agricola, dessen Bibelübersetzung zur Ausformung der finn. Schriftsprache beitrug, die Reformation ein. 1581 wurde F. zum Großfürstentum erhoben, tatsächlich jedoch als schwed. Provinz verwaltet. Ein großer Bauernaufstand (1596/97, »Keulenkrieg«) wurde blutig niedergeschlagen. Unter dem schwed. General-Gouv. Graf Per Brahe (* 1602, ✝ 1680) erlebte F. eine wirtsch. und kulturelle Blüte (»Grafenzeit«). Im 2. Nord. Krieg war F. 1713-21 von Russland besetzt, das sich im Frieden von Nystad (1721) das südwestl. Karelien mit Wyborg sicherte und im Frieden von Åbo (1743) weitere Teile im SO erhielt. Nach dem russ.-schwed. Krieg von 1808/09 musste Schweden im Frieden von Fredrikshamn (1809) ganz F. abtreten. Im März 1809 erklärte Zar Alexander I. F. zum autonomen Großfürstentum innerhalb des russ. Reiches (1811 Wiedereingliederung der im 18. Jh. an Russland abgetretenen Gebiete). 1812 wurde Helsinki zur Hptst. erhoben. In der 1. Hälfte des 19. Jh. bildete sich ein finn. Nationalbewusstsein heraus, das einerseits gegen Russland, andererseits gegen das schwed. kulturelle Übergewicht gerichtet war. In der Reformära Alexanders II. wurde 1863 wieder ein Landtag einberufen. Das Sprachreskript (1863) legte die Gleichberechtigung des Finnischen mit dem Schwedischen fest, 1865 erhielt F. eine eigene Münzstätte, 1878 eine eigene Armee. Unter Alexander III. setzte eine Russifizierungspolitik ein; die 1899 beseitigte finn. Autonomie gestand Kaiser Nikolaus II. nach der russ. Revolution von 1905 jedoch wieder zu. Die Landtagsreform von 1906 führte einen Einkammerlandtag mit allg. und gleichem (auch Frauen-)Wahlrecht ein. Stärkste Partei wurde die Sozialdemokratie.
Nach dem Sturz des russ. Zaren in der Februarrevolution 1917 übernahm der finn. Landtag die Regierungsgewalt, erklärte am 6. 12. 1917 F. für unabhängig und schloss am 7. 3. 1918 einen Sonderfrieden mit dem Dt. Reich. In einem Bürgerkrieg (Jan.-Mai 1918) setzten sich die von General C. G. Freiherr von Mannerheim geführten »weißen« Truppen mit dt. Unterstützung (»Ostseedivision« unter General R. Graf von der Goltz) gegen die bolschewist. Kräfte, die »Roten«, durch. Am 12. 12. 1918 wurde Mannerheim Reichsverweser. Am 17. 7. 1919 bekam F. eine republikan. Verfassung. Im Frieden mit Russland (Dorpat 14. 10. 1920) erhielt es das Petsamogebiet. 1921 wurden ihm vom Völkerbund im Streit mit Schweden die Ålandinseln zugesprochen. Die 1929 gegründete bäuerlich nationalist. Lappo-Bewegung erreichte 1930 die Verabschiedung antikommunist. Gesetze; ihre Putschversuche schlugen jedoch fehl. 1933 wurde die Sozialdemokratie wieder die stärkste Partei. In den Jahren nach 1930 begann eine Periode wirtsch. Aufschwungs, bes. unter Staatspräs. P. E. Svinhufvud (1931-37 Nachfolger: K. Kallio). Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde F. im Nov. 1939 von der UdSSR, die die Abtretung strategisch wichtiger Gebiete gefordert hatte, angegriffen. F. verteidigte sich im »Winterkrieg« hartnäckig gegen die sowjet. Übermacht, musste aber im Frieden von Moskau (12. 3. 1940) große Teile W-Kareliens, das Sallagebiet sowie den finn. Teil der Fischerhalbinsel abtreten und den Stützpunkt Hanko verpachten. Staatspräs. wurde 1940 R. Ryti. 1941 nahm F. auf dt. Seite den Krieg gegen die UdSSR wieder auf (»Fortsetzungskrieg«). Im Waffenstillstand vom 19. 9. 1944, bestätigt im Frieden von Paris (10. 2. 1947), musste F. dieselben Gebiete wie 1940 und das Petsamogebiet der UdSSR überlassen; Hanko wurde gegen Porkkala ausgetauscht. 1944-46 war Mannerheim Staatspräsident. Das Land, das unbesetzt blieb, erholte sich unter Staatspräs. J. K. Paasikivi (1946-56) rasch von den Kriegsfolgen (bis 1952 Erfüllung der Reparationsforderungen von 300 Mio. Dollar) und konnte seine Selbstständigkeit bewahren. Ins Zentrum der finn. Außenpolitik rückte die Entwicklung eines gutnachbarl., konfliktfreien Verhältnisses zur Sowjetunion, dem ein 1948 mit ihr abgeschlossener »Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand« diente (1955, 1970 und 1983 verlängert). Dieser außenpolit. Kurs, nach seinen maßgebl. Vertretern, den Präs. Paasikivi und U. K. Kekkonen (1956-81), als »Paasikivi-Kekkonen-Linie« bezeichnet, verband sich mit einem Ausbau der Beziehungen zu den skandinav. Ländern (1955 Beitritt zum Nord. Rat) und zu den westeurop. Staaten (1961 assoziiertes Mitgl. der EFTA, 1974 In-Kraft-Treten des Handelsvertrages mit der EWG). 1969 ging von F. der Vorschlag für die Einberufung einer europ. Sicherheitskonferenz (KSZE) in Helsinki aus. Amtsnachfolger von Präs. Kekkonen wurde 1982 M. Koivisto. Neben der Zentrumspartei (bis 1965 Bauernpartei) war v. a. die Sozialdemokrat. Partei immer wieder an der Regierungsbildung beteiligt (ausgenommen 1962-66). Das ab 1982 regierende Koalitionskabinett unter dem Sozialdemokraten K. Sorsa wurde 1987 durch eine Regierung aus Nat. Sammlungspartei, Sozialdemokraten, Schwed. Volkspartei und Finn. Landvolkpartei unter H. Holkeri (Nat. Sammlungspartei) abgelöst. Die Zentrumspartei wurde erstmals nach 50 Jahren in die Opposition verwiesen. Aus den Parlamentswahlen 1991 ging sie jedoch als stärkste Partei hervor und bildete zus. mit den Konservativen, der Schwed. Volkspartei und der Christl. Union eine Koalitionsregierung unter MinPräs. E. Aho. Anstelle des mit Auflösung der Sowjetunion gegenstandslos gewordenen Freundschafts- und Beistandspakts schlossen F. und Russland im Jan. 1992 einen neuen Grundlagenvertrag. Nachdem F. im März 1992 den Antrag auf Aufnahme in die EG gestellt hatte, wurde es zum 1. 1. 1995 dort Mitglied. Bei der ersten Direktwahl des finn. Staatspräs. wurde 1994 der Sozialdemokrat M. O. Ahtisaari als Nachfolger Koivistos in dieses Amt gewählt.
▣ Literatur:
T. Vuorela Atlas der finn. Volkskultur. Suomen kansankulttuurin kartasto, hg. v. u. a., 2 Bde. Helsinki 1976-94.
⃟ Ueberschär, G. R.: Hitler u. F. 1939-1941. Die deutsch-finn. Beziehungen während des Hitler-Stalin-Paktes. Wiesbaden 1978.
⃟ Fried, A.: Literatur u. Politik in F. Wechselwirkung zw. Nachkriegsliteratur u. Politik. Hamburg 1982.
⃟ Paloposki, T. J.: Quellenkunde zur Geschichte F.s. A. d. Finn. Wiesbaden 1988.
⃟ Doepfner, A.: F.s Winterkrieg 1939/40. Zürich 21990.
⃟ F.-Studien, hg. v. E. Hösch, 2 Bde. Wiesbaden 1990-93.
⃟ Zetterberg, S.: F. ab 1917. A. d. Finn. Keuruu 1991.
⃟ Albrecht, W. u. Kantola, M.: F. München 1992.
⃟ Deutschland u. F. 1871-1914. Politik - Wirtschaft - öffentl. Meinung, hg. v. O. Kaikkonen u. M. Menger. Joensuu 1992.
⃟ Koivisto, M.: Geographie u. Geschichte. Finn. Sicherheitspolitik. A. d. Finn. Düsseldorf u. a. 1992.
⃟ Rikkinen, K.: A geography of Finland. Lahti 1992.
⃟ F. Fotos v. F. Dressler, Text v. E. Winkler u. O. M. Schneider. Neuausg. München 1994.
⃟ Jokipii, M.: F. u. Deutschland im 20. Jh. Kuopio 1994.
⃟ Klinge, M.: Geschichte F.s im Überblick. Dt. Fassung v. J. Holz-Mänttäri. Helsinki 41995.
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