Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Fibel
I Fibel [lat. fibula »Spange«], der Sicherheitsnadel und Brosche ähnl. Gewandnadel vor- und frühgeschichtl. Zeit, die zum Zusammenheften der Kleidung, auch von Haartracht und Haube diente. Unterschieden werden zwei- und eingliedrige F. sowie Scheibenfibeln. Die ältesten Funde stammen aus dem Vorderen Orient, wo die F. aber erst ab 1000 v. Chr. verbreitet war. Ihr Ursprung liegt nach heutiger Einschätzung in Europa, wo sie in der Nord. Bronzezeit im 14. Jh. v. Chr. in Gebrauch kamen, eine sehr differenzierte Entwicklung erfuhren und daher zu den wichtigsten Leitformen der vor- und frühgeschichtl. Archäologie zählen.
Die zweigliedrige F. kommt seit etwa 1400 v. Chr. in Nord-Dtl. und Südskandinavien vor: Nadel und Bügel sind einzeln gefertigt und frei beweglich miteinander verbunden (Hauptformen sind Spiralplatten-, Bogenbügel- und Platten-F.).
Bei der eingliedrigen F. sind Nadel und Bügel mittels einer Federspirale elastisch miteinander verbunden. Verbreitet ist sie seit dem 13. Jh. v. Chr. zunächst in S- und SO-Europa, seit der älteren Eisenzeit auch im ehem. Gebiet der zweigliedrigen F. (Hauptformen sind die Violinbogen-F., Bogen-F., Achterschleifenbügel-F. sowie die Brillen-F. aus zwei gegenläufig gewickelten Spiralscheiben aus Bronzedraht). - In der jüngeren Eisenzeit herrschten La-Tène-F., darunter Masken- und Tier-F., vor. Röm. F. liegen in einer Vielzahl von Typen vor (bes. wichtig seit dem 1. Jh. n. Chr. die Augen-F. mit paarweisen Kreisornamenten), ebenso die oft kostbaren Bügel-F. der Völkerwanderungszeit.
Bei der Scheiben-F. wird die Funktion des Bügels von einer (meist verzierten) Scheibe übernommen, an der einerseits die Federkonstruktion mit Nadel und andererseits die Nadelrast befestigt ist. Die Scheiben-F., auch mit figürl. »Scheibe« (z. B. in Adlerform), ist von der La-Tène-Zeit bis in das frühe MA. in Gebrauch. Als Gebrauchsgegenstand wurde die F. mit dem Aufkommen geknöpfter Kleidungsstücke im Spät-MA. überflüssig.
Literatur:
Reichstein, J.: Die kreuzförmige F. Neumünster 1975.
Klein-Pfeuffer, M.: Merowingerzeitl. F. u. Anhänger aus Preßblech. Marburg 1993.
II Fibel
[Kinderwort aus »Bibel«], Leselernbuch (Abc-Buch), im übertragenen Sinn auch Lehrbuch zur elementaren Einführung in andere Sachbereiche (z. B. Gesundheitsfibel).
Literatur:
Bergk, M.: Leselernprozeß u. Erstlesewerke. Analyse des Schriftspracherwerbs u. seiner Behinderungen. Bochum 1980.
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