Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Fernsehen
Fernsehen(engl. Television, Abk. TV), drahtlose oder kabelgebundene Übertragung von Bildern bewegter und unbewegter Objekte mit zugehörigem Begleitton für einen großen, mit entsprechenden Empfangsgeräten ausgestatteten Teilnehmerkreis. Mittels Aufnahmeröhre(n) in der Kamera werden bei zeilenweiser Abtastung (nach CCIR-Norm 25-mal je Sekunde 625 Zeilen) die Bilder in elektr. Signale umgewandelt, verstärkt und durch die ebenfalls elektr. Ton- und Synchronsignale ergänzt. Zur Übertragung werden diese Signale über Kabel- oder Richtfunkverbindungen einem Fernsehsender zugeführt, wo die Bild- und Synchronsignale im Bild-, die Tonsignale im Tonsender je einem Träger aufmoduliert und als elektromagnet. Wellen ausgestrahlt werden. Fernsehsendungen können nur mit hohen Sendefrequenzen (ultrakurze elektromagnet. Wellen) übertragen werden, denn die Bildsignale selbst benötigen zur Wiedergabe der Bildeinzelheiten analoge oder digitale elektr. Signale sehr hoher Frequenz (bis zu mehreren MHz). Es werden Ultrakurz- (VHF, very high frequency) und Dezimeterwellen (UHF, ultra high frequency) verwendet, die sich lichtähnlich ausbreiten, weswegen Sendeantennen auf Bergen oder Türmen errichtet werden müssen. Empfang und Wiedergabe erfolgen im Fernsehempfänger (Bildröhre). Während beim Schwarzweiß-F. das Bildsignal nur Helligkeitswerte überträgt, enthält es beim Farb-F. Helligkeits- und Farbinformationen. Die Farbsignale charakterisieren die roten, blauen und grünen Teilbilder, die in drei Fernsehaufnahmeröhren der Farbfernsehkamera erzeugt und zur Wiedergabe mit Farbfernsehröhren benötigt werden. Die Standardfernsehsysteme sind das NTSC- und das PAL-System, bei denen die Zuordnung von Farbsättigung und Farbton in zwei voneinander unabhängigen, aber zeitgleichen Größen (z. B. Betrag und Phase einer Schwingung) erfolgt, sowie das SECAM-System, bei dem die Übertragung dieser Größen nacheinander erfolgt. Bei den weiterentwickelten Fernsehsystemen stehen die Verbesserung der Wiedergabequalität durch größere Bildschärfe, kräftigere Farben, Flimmerfreiheit und CD-Qualität des Begleittons im Vordergrund. Das Bildformat wird dabei zu einem Breitwandformat mit einem Höhen-Breiten-Bildverhältnis von 9 : 16 (herkömmlich 3 : 4). Das PALplus (Breitwandverfahren) arbeitet noch mit einer Bildauflösung von 625 Zeilen, dennoch können Farb- und Helligkeitssignale exakter getrennt und somit Cross-Colour-Effekte (flimmernde Farbüberlagerung, regenbogenfarbige Moiréstörungen) vermieden werden. Ein Breitwandsystem der Zukunft ist das HDTV (Abk. für engl. High Definition Television). Dieses hochauflösende F. arbeitet mit 1 250 Zeilen. Ein analoges HDTV-System ist das europ. HD-MAC, bei dem eine analoge Bild- und eine digitale Tonübertragung erfolgt. V. a. in den USA werden derzeit digitale HDTV-Systeme entwickelt (digitales Fernsehen).Stark ausgeprägt ist inzwischen das Kabel- und das Satellitenfernsehen. - Beim Kabelfernsehen (Abk. CATV, von engl. Cable Television) muss ein breitbandiges Kabelnetz zw. Fernsehstudios und dem Territorium vorhanden sein, wobei mehrere Fernsehprogramme übertragen und in Gemeinschaftsempfangsanlagen in die Frequenzbereiche der Fernsehempfänger umgesetzt werden. Über Breitbandkabel sind mehrere Dienste mittels Multiplextechnik empfangbar. Künstl. Erdsatelliten für den direkten Fernsehempfang (z. B. Astra, TDF) erhalten die auszustrahlenden Signale von Bodenstationen, haben hohe Sendeleistung und müssen gut ausgerichtete Antennen aufweisen; bevorzugt werden geostationäre Satelliten. Die (privaten) Empfänger benötigen Parabolempfangsantennen und ein Zusatzgerät, es ist aber auch ein Empfang über Kopfstationen und Kabelanschlüsse, über Bodenstationen und terrestr. Ausstrahlung möglich. In Dtl. verfügt knapp ein Drittel aller Fernsehhaushalte über Satellitendirektempfang, rd. zwei Fünftel über Kabelanschluss. 1996 gab es in Dtl. 32,6 Mio. angemeldete Fernsehgeräte.In Ind., Wiss. u. a. erfolgt eine Fernsehbildübertragung (auf drahtgebundenem Weg), wenn die direkte Beobachtung erschwert (z. B. Flammenüberwachung), gefährlich (z. B. Kernstrahlung) oder unmöglich ist (z. B. kosm. Objekte in der Raumfahrt), mehrere entfernte Objekte zentral beobachtet (z. B. Verkehrsüberwachung) oder kleine Objekte einem großen Zuschauerkreis zugänglich gemacht werden müssen (z. B. Übertragung von Operationen in Hörsäle).Technisch und publizistisch ist das F. eine Weiterentwicklung des Hörfunks. Unterschieden werden staatl., öffentlich-rechtl. und privatwirtsch. (kommerzielle) Systeme, wobei in den meisten Ländern Mischformen existieren, in Dtl. seit 1984 das duale Rundfunksystem aus öffentlich-rechtl. und privaten Sendern. Während Erstere ihre Kosten größtenteils aus Rundfunkgebühren (1995: ARD rd. 5 Mrd. DM; ZDF 1,6 Mrd. DM) und zu einem geringen, seit 1989 stark zurückgegangenen Anteil aus Werbung bestreiten (1996: ARD 460 Mio. DM; ZDF 480 Mio. DM), finanzieren sich Letztere ausschließlich aus Werbeeinnahmen (1996: z. B. RTL 3,25 Mrd. DM, SAT 1 2,5 Mrd. DM) oder aber, wie der 1991 gegründete Pay-TV-Sender »Premiere« und das 1996 gestartete digitale Programmpaket »DF 1«, über Zuschauer-Abonnemententgelte. Zu den öffentlich-rechtl. Sendeanstalten gehören die ARD mit ihren elf Landesrundfunkanstalten, die ein Erstes Fernsehprogramm und acht Dritte Programme veranstalten, das ZDF, die beiden Kulturprogramme ARTE und 3sat, der »Kinderkanal«, der Dokumentationskanal Phoenix sowie die Dt. Welle. Empfangen werden können ferner (1996), größtenteils über Kabel oder Satellit (z. T. verschlüsselt), 26-28 Privatkanäle, darunter die Vollprogramme RTL, RTL 2, SAT 1, PRO 7, Kabel 1 und VOX sowie die Spartenkanäle DSF, Eurosport (Sport), n-tv, CNN (Nachrichten), Nickelodeon (Kinder), tm 3 (Frauen), MTV und Viva (Musik). Die öffentlich-rechtl. Sender unterliegen einem gesetzlich fixierten Programmauftrag, der sie zur Grundversorgung der Bev. mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung verpflichtet; gewährleistet sein müssen ferner tatsächl. Erreichbarkeit, Meinungsvielfalt (Programmausgewogenheit) und Spartenvielfalt. Marktführer unter den Fernsehanstalten ist seit Jahren der Privatsender RTL (1996: 17 % Zuschauermarktanteil), ARD und ZDF lagen 1996 mit einer Quote von 14,8 bzw. 14,4 % vor SAT 1 (13,2 %), darauf folgten die dritten Programme der ARD mit 10,1 % und PRO 7 mit 9,5 % Marktanteil. Die Fernsehnutzung hat in Dtl. seit der Einführung des Kabel- und Satellitenfernsehens leicht zugenommen und liegt bei durchschnittlich 186 Minuten pro Tag. Über das Fernsehen werden, vor Hörfunk (75 %) und Tageszeitung (65 %), täglich 83 % der Bev. ab 14 Jahren erreicht.
Rechtliches: Rundfunk.Geschichte: 1843 gab A. Bain das Prinzip der zeilenweisen Abtastung für elektrisch zu übertragende Bilder an. 1883 erfand P. Nipkow den mechan. Bildzerleger (Nipkow-Scheibe), der noch bis in die 30er-Jahre dieses Jh. verwendet wurde. Erst mit der Einführung des Röhrenverstärkers nach dem Ersten Weltkrieg begann die eigentl. Entwicklung: 1924/25 erste prakt. Vorführungen in Dtl. (A. Karolus), Großbritannien (J. L. Baird) und den USA (C. F. Jenkins). Ein tägl. Programm begann in der Bundesrep. Dtl. 1952 der NWDR, dem die weiteren Anstalten folgten. 1966/67 wurde das PAL-Farbfernsehsystem (von W. Bruch) eingeführt. Etwa seit 1990 werden die verbesserten Farbfernsehsysteme PALplus und HDTV eingeführt.
▣ Literatur:
H. Kreuzer Internat. Handbuch für Hörfunk u. F., Ausg. 1992/93 ff. Baden-Baden u. a. 1992 ff.; jährl.; bis Ausg. 1990/91 u. d. T. Internat. Handbuch für Rundfunk u. Fernsehen.Gesch. des F.s in der Bundesrep. Dtl., hg. v. u. C. W. Thomsen, 5 Bde. München 1993-94.
⃟ Doh, M.: 10 Jahre Privatfernsehen. Gesellschaft, Fernsehlandschaft u. Medienpädagogik im Wandel. München 1994.
⃟ Sichtermann, B.: F. Berlin 1994.
⃟ Buddemeier, H.: Illusion u. Manipulation. Die Wirkung von Film u. F. auf Individuum u. Gesellschaft. Stuttgart 21996.
⃟ Schönfelder, H.: Fernsehtechnik im Wandel. Berlin u. a. 1996.
Rechtliches: Rundfunk.Geschichte: 1843 gab A. Bain das Prinzip der zeilenweisen Abtastung für elektrisch zu übertragende Bilder an. 1883 erfand P. Nipkow den mechan. Bildzerleger (Nipkow-Scheibe), der noch bis in die 30er-Jahre dieses Jh. verwendet wurde. Erst mit der Einführung des Röhrenverstärkers nach dem Ersten Weltkrieg begann die eigentl. Entwicklung: 1924/25 erste prakt. Vorführungen in Dtl. (A. Karolus), Großbritannien (J. L. Baird) und den USA (C. F. Jenkins). Ein tägl. Programm begann in der Bundesrep. Dtl. 1952 der NWDR, dem die weiteren Anstalten folgten. 1966/67 wurde das PAL-Farbfernsehsystem (von W. Bruch) eingeführt. Etwa seit 1990 werden die verbesserten Farbfernsehsysteme PALplus und HDTV eingeführt.
▣ Literatur:
H. Kreuzer Internat. Handbuch für Hörfunk u. F., Ausg. 1992/93 ff. Baden-Baden u. a. 1992 ff.; jährl.; bis Ausg. 1990/91 u. d. T. Internat. Handbuch für Rundfunk u. Fernsehen.Gesch. des F.s in der Bundesrep. Dtl., hg. v. u. C. W. Thomsen, 5 Bde. München 1993-94.
⃟ Doh, M.: 10 Jahre Privatfernsehen. Gesellschaft, Fernsehlandschaft u. Medienpädagogik im Wandel. München 1994.
⃟ Sichtermann, B.: F. Berlin 1994.
⃟ Buddemeier, H.: Illusion u. Manipulation. Die Wirkung von Film u. F. auf Individuum u. Gesellschaft. Stuttgart 21996.
⃟ Schönfelder, H.: Fernsehtechnik im Wandel. Berlin u. a. 1996.