Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ferdinand
Fẹrdinand(span. und portugies. Fernando, italien. Ferdinando), Herrscher:
Hl. Röm. Reich:
1) F. I., Kaiser (1556/58-64), * Alcalá de Henares 10. 3. 1503, ✝ Wien 25. 7. 1564; Enkel Maximilians I. und Bruder Karls V.; erhielt 1521/22 die österr. Erblande. Als König von Böhmen und Ungarn (seit 1526) wurde er zum Begründer der habsburg. Donaumonarchie. Sein polit. Einfluss im Reich als Stellvertreter Karls V. vergrößerte sich durch seine Wahl zum Röm. König (1531). In den österr. Erblanden förderte er die Vereinheitlichung der Verwaltung. In Dtl. erstrebte er einen Ausgleich mit den Protestanten (Passauer Vertrag 1552, Augsburger Religionsfriede 1555). Durch die Abdankung Karls V. wurde er 1556 Kaiser (Herrschaftsantritt 1558). Auf dem Konzil von Trient bemühte er sich um Aufhebung des Zölibats und Gewährung des Laienkelchs.
Literatur:
Sutter Fichtner, P.: F. I. Wider Türken u. Glaubensspaltung. A. d. Amerikan. Graz u. a. 1986.
2) F. II., Kaiser (1619-37), König von Böhmen (1617) und Ungarn (1618), * Graz 9. 7. 1578, ✝ Wien 15. 2. 1637, Enkel von 1); von Jesuiten erzogen, rekatholisierte er die österr. Erblande; seine gegenreformator. Maßnahmen in Böhmen führten zum Dreißigjährigen Krieg. Gegen Zugeständnisse (v. a. Verzicht auf die Durchführung des Restitutionsedikts) setzte er die Wahl seines Sohns zu seinem Nachfolger durch. Der Versuch, mit dem Prager Frieden 1635 den Dreißigjährigen Krieg zu beenden, scheiterte durch das Eingreifen Frankreichs.
Literatur:
Franzl, J.: F. II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit. Graz u. a. 21989.
3) F. III., Kaiser (1637-57), * Graz 13. 7. 1608, ✝ Wien 2. 4. 1657, Sohn von 2); befehligte mit M. Gallas das kaiserl. Heer, das die Schweden 1634 bei Nördlingen besiegte, konnte aber die Zersplitterung des Reiches im Westfäl. Frieden (1648) nicht verhindern. In Österreich schuf er eine straffe Verwaltung.
Aragonien:
4) F. II., der Katholische, König (1479-1516), als Herrscher des vereinigten Spaniens F. V., * Sos del Rey Católico (Prov. Saragossa) 10. 3. 1452, ✝ Madrigalejo (Prov. Cáceres) 23. 1. 1516; seit 1468 König von Sizilien. F. heiratete 1469 Isabella von Kastilien, so wurden Aragonien und Kastilien mit León unter der gemeinsamen Reg. des Herrscherpaars (seit 1496 die »Kath. Könige«) vereinigt. Sie unterwarfen 1492 Granada, den letzten Stützpunkt der Mauren in Spanien. Von Frankreich gewann F. 1504 das Königreich Neapel (dort F. III.), ferner 1512 Obernavarra. Im Inneren brachen er und Isabella die Macht des Adels, führten die Inquisition ein, vertrieben die Juden und die Mauren. Sie begründeten die Weltmachtstellung Spaniens im 16. Jahrhundert.
Bulgarien:
5) F. I., König (1908-18), * Wien 26. 2. 1861, ✝ Coburg 10. 9. 1948; Prinz von Sachsen-Coburg-Koháry, wurde 1887 zum Fürsten von Bulgarien gewählt, aber erst 1896 von den Großmächten anerkannt. 1908 erklärte er sich zum unabhängigen König (Zar) der Bulgaren. Im Sept. 1915 trat F. an der Seite der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg ein. Am 3. 10. 1918 dankte er ab (Boris 2).
Kastilien und León:
6) F. I., der Große, König (seit 1037/38), * 1016 oder 1018, ✝ León 27. 12. 1065; ab 1035 Alleinherrscher in Kastilien, erwarb 1037 León, erweiterte beide Königreiche im Kampf gegen die Mauren; wurde seit etwa 1054 Kaiser genannt.
7) F. III., der Heilige, König (1217-52), * 1201, ✝ Sevilla 31. (?) 5. 1252; vereinigte 1230 endgültig León mit Kastilien, eroberte 1236 Córdoba und 1248 Sevilla; 1239 gründete er die Univ. Salamanca. 1671 heilig gesprochen, Tag: 30. 5.
Neapel:
8) F. I., gen. Ferrante, König (1458-94), * Valencia 2. 6. 1431, ✝ Neapel 25. 1. 1494; natürl. Sohn Alfons' V. von Aragonien; setzte sich gegen das Haus Anjou und den aufständ. Adel durch. Sein Hof war ein Mittelpunkt der Renaissance und des Humanismus.
9) F. III., Ferdinand 4).
10) F. IV., Ferdinand 14).
Österreich:
11) F. I., Kaiser (1835-48), * Wien 19. 4. 1793, ✝ Prag 29. 6. 1875; Sohn Kaiser Franz' I.; war trotz seiner körperl. und geistigen Schwäche aus Legitimitätsgründen zur Thronfolge verpflichtet; die Reg. führte die sog. Staatskonferenz (v. a. Staatskanzler Metternich und Min. Graf Kolowrat-Liebsteinsky); verzichtete am 2. 12. 1848 zugunsten seines Neffen Franz Joseph auf den Thron.
Portugal:
12) F. I., der Schöne (auch F. der Unbeständige), König (1367-1383), * Lissabon 31. 10. 1345, ✝ ebd. 22. 10. 1383; Sohn und Nachfolger Peters I.; letzter König aus dem Haus Burgund. Seine Absicht, Portugal mit Kastilien zu vereinigen, wurde von den portugies. Cortes vereitelt.
Rumänien:
13) F. I., König (1914-27), * Sigmaringen 24. 8. 1865, ✝ Sinaia 20. 7. 1927; Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen, Neffe Karls I. von Rumänien; trat 1916 nach dem Willen der Brătianu-Reg. im Ersten Weltkrieg auf die Seite der Entente. 1922 in Karlsburg zum ersten »König aller Rumänen« gekrönt.
Sizilien:
14) F. I., König beider Sizilien (1816-25), zuvor als F. IV. König von Neapel und als F. III. König von Sizilien (seit 1759), * Neapel 12. 1. 1751, ✝ ebd. 3. 1. 1825; gelangte auf den Thron, als sein Vater Karl III. König von Spanien wurde;
seit 1768 mit Maria Carolina, einer Tochter Maria Theresias. 1798/99 und 1805-15 verlor F. Neapel an die Franzosen. 1816 vereinigte er Neapel und Sizilien zum Königreich beider Sizilien. Die Revolte von 1820 erzwang von F. eine Verf., doch stellte er 1821 sein absolutes Regiment mithilfe österr. Truppen wieder her. 1805 stiftete er die Univ. Palermo.
15) F. II., König beider Sizilien (1830-59), * Palermo 12. 1. 1810, ✝ Caserta 22. 5. 1859, Enkel von 14); verfolgte mit großer Härte die Liberalen, bes. nach der Niederwerfung der Revolution von 1848/49; starb an den Folgen eines Attentats (12. 12. 1856).
Spanien:
16) F. VII., König (1814-33), * Schloss La Granja de San Ildefonso (bei Segovia) 14. 10. 1784, ✝ Madrid 29. 9. 1833; geriet als Kronprinz in scharfen Gegensatz zu Godoy, dem leitenden Min. seines Vaters Karl IV. Im März 1808 dankte Karl zugunsten F.s ab. Napoleon I. zwang im Mai 1808 auch F. zur Thronentsagung. 1814 zurückgekehrt, hob er die Verf. von 1812 auf und verfolgte die Liberalen mit großer Härte. Die Revolution von 1820 wurde mit frz. Hilfe 1823 niedergeschlagen. Zugunsten seiner Tochter Isabella hob er 1830 durch die Pragmat. Sanktion das sal. Erbfolgerecht auf und verursachte so die Kriege der Karlisten.
Tirol:
17) F. II., Erzherzog von Österreich, * Linz 14. 6. 1529, ✝ Innsbruck 24. 1. 1595; Sohn von 1);
1557 in geheimer Ehe mit der Augsburgerin Philippine Welser; war seit 1563 Landesfürst von Tirol und Vorderösterreich; als umsichtiger Regent, der 1548-67 die Statthalterschaft in Böhmen innehatte, kümmerte er sich um die Reform der Staatsverwaltung. Schloss Ambras machte er zu einem kulturellen Zentrum.
Toskana:
18) F. III., Großherzog (1790-1801 und 1814-24), * Florenz 6. 5. 1769, ✝ ebd. 18. 6. 1824; gelangte zur Reg., als sein Vater Leopold II. Kaiser wurde. Durch die Frz. Revolutionskriege verlor er sein Land; 1803 wurde er Kurfürst von Salzburg, 1805 Kurfürst (1806 Großherzog) von Würzburg; 1814 erhielt er die Toskana zurück.
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