Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Felsbilder
Felsbilder,in allen Erdteilen vorkommende, in Höhlen und Nischen oder an frei liegenden Felsflächen und Blöcken (v. a. mit mineral. Stoffen) gemalte oder gravierte bildhafte Darstellungen. Die jungpaläolith. F. (frankokantabr. Kunst) sind nur aus Höhlen bekannt. Die dem Mesolithikum zugehörigen Felsmalereien (O-Spanien, N-Afrika [Tassili N'Ajjer], Australien) finden sich dagegen in offenen Nischen und unter Überhängen, während die Gravierungen in Skandinavien, Karelien, Italien oder im südl. Afrika völlig ungeschützt im Freien auf Felsflächen und Blöcken angebracht sind. Bei den Malereien sind drei Techniken des Farbenauftrags bekannt: 1. Zeichentechnik mit Verwischen nach Art der Pastellmalerei, 2. Pulverisierung des Farbstoffes und Mischung mit Bindemitteln, wobei die Malerei mit Pinseln aus Tierhaaren nach Art der Öl- bzw. Temperatechnik aufgetragen wurde, 3. Pulverisieren der Farbe und Aufstäuben mittels dünner Röhrenknochen. Bei den Gravierungen treten feine Ritzzeichnungen, breite und tiefe Ausschleifungen oder eine flächenhafte Bearbeitung in »Picktechnik« auf. Die stilist. Unterscheidungsmerkmale lassen meist eine relative Datierung zu (bei der Altersbestimmung berücksichtigt man neben archäolog. Kriterien auch naturwiss. Methoden). So lässt sich von der naturnahen, mitunter impressionistisch anmutenden eiszeitl. Höhlenkunst über die in der Form verfestigten, eher expressiv wirkenden Darstellungen der ostspan. Gruppe ein Wandel zur Stilisierung und Abstraktion in den F. des Neolithikums und der Bronzezeit feststellen.
Deutung: Der eiszeitl. Höhlenmalerei liegen vermutlich Vorstellungen von Bildmagie zugrunde, die durch das Abbild zauber. Gewalt über das dargestellte Objekt verleihen sollte (Fruchtbarkeits-, Jagdmagie, Vernichtungs-, Abwehrzauber). Mit dem Wandel der Wirtschafts- und Gesellschaftsform durch Ackerbau und Viehzucht im Neolithikum und in der Bronzezeit und mit dem Wunsch nach Beeinflussung höherer Mächte (Sonnenkult, Verehrung der Fruchtbarkeit der Erde u. a.) kommt es zur abstrakten, symbolhaften Darstellung. In der Eisenzeit treten dann Götterdarstellungen auf. (Felsreliefs)
Literatur:
Anati, E.: F. Wiege der Kunst u. des Geistes. A. d. Italien. Zürich 1991.
Evers, D.: F., Botschaften der Vorzeit. Leipzig u. a. 1991.
König, M. E.: Am Anfang der Kultur. Die Zeichensprache des frühen Menschen. Berlin 41996.
Lorblanchet, M.: Höhlenmalerei. A. d. Frz. Sigmaringen 1997.
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