Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Euthanasie
Euthanasie[zu grch. euthanasía »schöner Tod«] die, Sterbehilfe für unheilbar Kranke und Schwerstverletzte mit dem Zweck, ihnen ein qualvolles Ende zu ersparen. Die E. i. w. S. hat mehrere Bedeutungen: 1) Tötung auf Verlangen (aktive E.); 2) a) Hilfe beim Sterben ohne Lebensverkürzung, b) Hilfe zum Sterben mit in Kauf genommener Lebensverkürzung (passive E.). - Recht: Die Bestimmungen des StGB verwenden den Begriff E. nicht; die absichtl. und aktive Lebensverkürzung ist auch dann, wenn sie auf ausdrückl. und ernstl. Verlangen eines Sterbenden erfolgt, strafbar (Tötung auf Verlangen, Tötungsdelikte). Außerordentlich umstritten ist die Sterbehilfe.
Geschichte: Der Begriff E. findet sich bereits in der griechisch-röm. Antike; er bezog sich jedoch nicht auf das Eingreifen eines Menschen in den Sterbeverlauf. Erstmals F. Bacon (1605) sah die Schmerzlinderung bei Sterbenden als eine ärztl. Aufgabe an. In den Kreisen des Monistenbundes begann 1913 die Diskussion um die Straffreiheit einer E. mit gezielter Lebensverkürzung als Tötung auf Verlangen von Sterbenden und unheilbar Kranken. Das Recht des Individuums auf einen angenehmen Tod ist auch Programmpunkt der seit den 1930er-Jahren v. a. in den angelsächs. Ländern entstehenden E.-Gesetze.
Unter der irreführenden Tarn-Bez. »E.« führte die nat.-soz. Reg. in Dtl. ein Programm (1940-45) zur systemat. Tötung missgebildeter Kinder (Gehirnmissbildung) und erwachsener Geisteskranker durch. Sie konnte sich dabei auf eine sozialdarwinistisch geprägte Humangenetik stützen, die unter der Bez. »Rassenhygiene« bereits in der Zeit der Weimarer Rep. vertreten worden war (K. Binding, A. Hoche: »Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens«, 1920). Die »Tötung lebensunwerten Lebens« - so auch die nat.-soz. Terminologie -, die seit 1938 offen propagiert wurde, ging auf eine Zustimmung Hitlers zur Gewährung des »Gnadentodes durch namentlich zu bestimmende Ärzte« zurück, die auf den 1. 9. 1939 datiert wurde. Zw. Anfang 1940 und dem 23. 8. 1941, dem Zeitpunkt, an dem die Mordaktion aufgrund kirchl. Proteste (v. a. des Bischofs Graf von Galen, 1941) gestoppt wurde, fielen dem nat.-soz. E.-Programm bis zu 100 000 Menschen zum Opfer. Unter strengerer Geheimhaltung wurde die Mordaktion von Sept. 1941 bis Mitte 1944 (in einigen Anstalten bis Apr. 1945) fortgesetzt; ihr fielen noch einmal 20 000 bis 30 000 Menschen zum Opfer. Nach Kriegsende erfolgte in zahlr. Fällen eine Verurteilung von Ärzten und Pflegepersonal.
▣ Literatur:
E. Klee. Dokumente zur »E.«, hg. v. Frankfurt am Main 11.-12. Tsd. 1992.
⃟ Schmuhl, H.-W.: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, E. Von der Verhütung zur Vernichtung »lebensunwerten Lebens«, 1890-1945. Göttingen 21992.
⃟ Klee, E.: »E.« im NS-Staat. Die »Vernichtung lebensunwerten Lebens«. Lizenzausg. Frankfurt am Main 21.-22. Tsd. 1994.
⃟ Beck, C.: Sozialdarwinismus, Rassenhygiene, Zwangssterilisation u. Vernichtung »lebensunwerten« Lebens. Bonn 21995.
⃟ Bastian, T.: Furchtbare Ärzte. Medizinische Verbrechen im Dritten Reich. München 21996.
Euthanasie[zu grch. euthanasía »schöner Tod«] die, Sterbehilfe für unheilbar Kranke und Schwerstverletzte mit dem Zweck, ihnen ein qualvolles Ende zu ersparen. Die E. i. w. S. hat mehrere Bedeutungen: 1) Tötung auf Verlangen (aktive E.); 2) a) Hilfe beim Sterben ohne Lebensverkürzung, b) Hilfe zum Sterben mit in Kauf genommener Lebensverkürzung (passive E.). - Recht: Die Bestimmungen des StGB verwenden den Begriff E. nicht; die absichtl. und aktive Lebensverkürzung ist auch dann, wenn sie auf ausdrückl. und ernstl. Verlangen eines Sterbenden erfolgt, strafbar (Tötung auf Verlangen, Tötungsdelikte). Außerordentlich umstritten ist die Sterbehilfe.
Geschichte: Der Begriff E. findet sich bereits in der griechisch-röm. Antike; er bezog sich jedoch nicht auf das Eingreifen eines Menschen in den Sterbeverlauf. Erstmals F. Bacon (1605) sah die Schmerzlinderung bei Sterbenden als eine ärztl. Aufgabe an. In den Kreisen des Monistenbundes begann 1913 die Diskussion um die Straffreiheit einer E. mit gezielter Lebensverkürzung als Tötung auf Verlangen von Sterbenden und unheilbar Kranken. Das Recht des Individuums auf einen angenehmen Tod ist auch Programmpunkt der seit den 1930er-Jahren v. a. in den angelsächs. Ländern entstehenden E.-Gesetze.
Unter der irreführenden Tarn-Bez. »E.« führte die nat.-soz. Reg. in Dtl. ein Programm (1940-45) zur systemat. Tötung missgebildeter Kinder (Gehirnmissbildung) und erwachsener Geisteskranker durch. Sie konnte sich dabei auf eine sozialdarwinistisch geprägte Humangenetik stützen, die unter der Bez. »Rassenhygiene« bereits in der Zeit der Weimarer Rep. vertreten worden war (K. Binding, A. Hoche: »Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens«, 1920). Die »Tötung lebensunwerten Lebens« - so auch die nat.-soz. Terminologie -, die seit 1938 offen propagiert wurde, ging auf eine Zustimmung Hitlers zur Gewährung des »Gnadentodes durch namentlich zu bestimmende Ärzte« zurück, die auf den 1. 9. 1939 datiert wurde. Zw. Anfang 1940 und dem 23. 8. 1941, dem Zeitpunkt, an dem die Mordaktion aufgrund kirchl. Proteste (v. a. des Bischofs Graf von Galen, 1941) gestoppt wurde, fielen dem nat.-soz. E.-Programm bis zu 100 000 Menschen zum Opfer. Unter strengerer Geheimhaltung wurde die Mordaktion von Sept. 1941 bis Mitte 1944 (in einigen Anstalten bis Apr. 1945) fortgesetzt; ihr fielen noch einmal 20 000 bis 30 000 Menschen zum Opfer. Nach Kriegsende erfolgte in zahlr. Fällen eine Verurteilung von Ärzten und Pflegepersonal.
▣ Literatur:
E. Klee. Dokumente zur »E.«, hg. v. Frankfurt am Main 11.-12. Tsd. 1992.
⃟ Schmuhl, H.-W.: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, E. Von der Verhütung zur Vernichtung »lebensunwerten Lebens«, 1890-1945. Göttingen 21992.
⃟ Klee, E.: »E.« im NS-Staat. Die »Vernichtung lebensunwerten Lebens«. Lizenzausg. Frankfurt am Main 21.-22. Tsd. 1994.
⃟ Beck, C.: Sozialdarwinismus, Rassenhygiene, Zwangssterilisation u. Vernichtung »lebensunwerten« Lebens. Bonn 21995.
⃟ Bastian, T.: Furchtbare Ärzte. Medizinische Verbrechen im Dritten Reich. München 21996.