Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Erdmagnetismus
Erdmagnetismus(Geomagnetismus), Gesamtheit derjenigen physikal. Eigenschaften des Erdkörpers und der physikal. Vorgänge in ihm, die das erdmagnet. Feld und seine Änderungen hervorrufen. Der E. wirkt sich u. a. darin aus, dass eine allseitig frei bewegl. Magnetnadel eine bestimmte Richtung einnimmt. Der Nordpol einer Magnetnadel zeigt nach dem nördl. Magnetpol (ungefähr nach der geograph. Nordrichtung); die Abweichung der Magnetnadel von der genauen N-S-Richtung heißt magnet. Missweisung oder Deklination (D). Die Neigung einer frei aufgehängten Magnetnadel gegen die Waagerechte heißt Inklination (I); die gesamte Feldstärke wird als Totalintensität (F), ihr waagerechter Anteil als Horizontalintensität (H), ihr senkrechter als Vertikalintensität (Z) bezeichnet. D, I, F, H, Z heißen auch die Elemente des erdmagnet. Feldes. Die Erde verhält sich wie ein großer Magnet, ihre beiden Pole ändern ihre Lage mit der Zeit. Nach den Messungen des internat. Breitendienstes bewegt sich der nördl. arkt. oder boreale Magnetpol (eigtl. ein magnet. Südpol) jährlich um etwa 7,5 km in nördl. Richtung. Er lag 1980 bei 77,3 º n. Br., 101,8 º w. L., während er 1831 bei seiner Entdeckung bei 70,1 º n. Br., 98,6 º w. L. lag. Der südl. antarkt. oder australe Magnetpol (eigtl. ein magnet. Nordpol) befand sich 1983 bei 65,2 º s. Br., 138,7 º ö. L., 1912 bei 72,2 º s. Br., 150,7 º ö. L.; er verschiebt sich zurzeit um etwa 10 km pro Jahr in nordwestl. Richtung. Das an der Erdoberfläche beobachtete Magnetfeld hat Quellen im Erdinneren (Innenfeld) und außerhalb der Erde (Außenfeld). Der größte Teil des Innenfeldes wird von Stromsystemen im äußeren flüssigen Erdkern erzeugt. Es hat die Geometrie eines im Zentrum der Erde gedachten Permanentmagneten (Dipol). Die Verlängerung dieses gedachten Magneten (Dipolachse) trifft die Erdoberfläche an den zwei magnet. Polen. Weitere kleine Teile des erdmagnet. Feldes, gemessen an der Erdoberfläche, werden erzeugt durch die variablen elektr. Ströme in der Ionosphäre und in der Magnetosphäre, die bis in Entfernungen von zehn Erdradien reicht (Atmosphäre). Richtung und Stärke des erdmagnet. Feldes sind nicht konstant, sondern unterliegen einer über Jahrzehnte gleichförmig gerichteten Veränderung (Säkularvariation). Das erdmagnet. Feld wird deshalb innerhalb einzelner Areale etwa alle fünf Jahre vermessen, sodass Karten der Elemente D, I, F, H, Z gezeichnet werden können. Daneben treten kurzzeitige period. und unregelmäßige Schwankungen auf, die mit Vorgängen in der Ionosphäre und auf der Sonne in Verbindung stehen. Mit zunehmender Entfernung von der Erde wird das geomagnet. Feld schwächer. In einer Entfernung von etwa sechs Erdradien ist das erdmagnet. Feld nur wenig größer als die vom Sonnenwind mitgeschleppten unregelmäßigen Magnetfelder, sodass sich aus der Wechselwirkung vom Magnetfeld der Erde und dem des Sonnenwindes eine neue Konfiguration des gesamten Magnetfeldes ergibt. Auf der der Sonne zugewandten Seite sind die Feldlinien gestaucht; auf der anderen Seite sind sie auseinander gezogen. - Durch Ausmessen der Magnetisierungsrichtungen (Paläomagnetismus) an orientiert entnommenen Gesteinsproben lassen sich die fossilen Richtungen des erdmagnet. Feldes ermitteln und die Lage der geomagnet. Pole in den geolog. Systemen berechnen.
Literatur:
Soffel, H.: Paläomagnetismus u. Archäomagnetismus. Berlin u. a. 1991.
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