Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Enzyklopädie
Enzyklopädie[aus grch. enkýklios paideía, »Kreis der Bildung«, »Umkreis des Wissens«] die, zunächst der Kanon der Lehrfächer seit dem Hellenismus, im MA. meist in Gestalt der sieben freien Künste, seit dem 18. Jh. die umfassende Bildung im Sinne der Enzyklopädisten und seitdem Bez. für Werke, die den Gesamtbestand des Wissens (Allgemein- oder Universal-E.) oder ein Teilgebiet (Fach-E.) erfassen. Die Ordnung ist entweder systematisch (Sachwörterbuch, Reallexikon) oder alphabetisch nach Stichwörtern (Fachwörterbuch); beide Methoden vereint das enzyklopäd. Wörterbuch ( Real-E.). Im Sprachgebrauch sind die Begriffsgrenzen zw. E., Lexikon und Wörterbuch fließend.Geschichtliches: Die Frage des systemat. Zusammenhangs aller Wiss. und Künste hat in allen Jh. philosoph. Universalgelehrte beschäftigt, so Aristoteles, F. Bacon, G. W. F. Hegel. Im alten China gab es systemat. Enzyklopädien. In der Antike sammelte Plinius d. Ä. das Wissen über die Natur, M. Terentius Varro erhob die Artes liberales (freie Künste) zum Bildungskanon. Unter den »Specula« des MA. ragt das des Vinzenz von Beauvais (✝ 1264) hervor. In der Renaissance entstanden mehrere italien. Enzyklopädien. Das erste Werk, das den Namen E. trägt, gab 1630 in Herborn Heinrich Alsted in sieben Bde. heraus. In der Neuzeit wurde die alphabet. E. vorherrschend. Die von dem Jesuiten L. Moréri erarbeitete E. »Grand dictionnaire historique« (1674, 101759) wurde von P. Bayle im Sinne des krit. Geistes der Frühaufklärung ergänzt und kommentiert als »Dictionnaire historique et critique« (2 Bde., 1695-97, dt. von J. C. Gottsched, 4 Bde., 1741-44), die »Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers«, hg. von D. Diderot und J.-B. d'Alembert (1751-72, Neudruck 1964), wurde Sammelpunkt der frz. Aufklärung (Enzyklopädisten). Dt. E. waren I. Hübners »Reales Staats-, Zeitungs- und Conversationslexikon« (seit 1704), J. H. Zedlers »Großes vollständiges Universallexikon aller Wiss. und Künste« (68 Bde., 1731-54, Neudruck 1961-64), J. G. Krünitz' »Ökonomisch-techn. E.« (242 Bde., 1773-1858). Das Riesenwerk von J. S. Ersch und J. G. Gruber, »Allgemeine E. der Wiss. und Künste« (167 Bde., 1818-89), blieb unvollendet. An die Stelle der großen wiss. E. trat im 19. Jh. das Konversationslexikon. Seine Entwicklung ist bes. mit dem Namen des Verlegers F. A. Brockhaus verbunden, der das 1796 von R. G. Löbel und C. W. Franke begr. »Conversations-Lexicon« übernahm. Unter diesem Namen wurde es von F. A. Brockhaus seit 1808 zum Erfolg gebracht; die 5. Auflage (1819-20) wurde erstmals unter Zugrundelegung einer wiss. Systematik von einer großen Anzahl von Fachgelehrten bearbeitet; weitere Werke diesen Typs, der sich in vielen Ländern durchsetzte, sind in Dtl. J. Meyers »Großes Konversationslexikon« (zuerst 1840-55), das Konversationslexikon des Verlages Herder (zuerst 1854-57), H. A. Pierers »Universallexikon« (zuerst 1824-36). Im 20. Jh. erschienen bes. viele Fach-E., Fachlexika und Handwörterbücher; daneben entstanden politisch-weltanschaulich beeinflusste E. (»Große Sowjetenzyklopädie«, 1926-47; »Enciclopedia Italiana«, 1929-37; beide mit Staatsunterstützung). Neben der Produktion einer Vielzahl von Speziallexika, gibt es Versuche, mithilfe des Bildschirmlexikons den Zugriff zu aktuellster Information zu realisieren.
Literatur:
Collison, R. L.: Encyclopaedias: their history throughout the ages. New York u. a. 21966.
Kleine Geschichte großer Lexika. Neuausg. Gütersloh 1990.
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