Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Entstalinisierung
Entstalinisierung,polit. Schlagwort, bezeichnet die nach dem Tod Stalins (1953) eingeleitete Abkehr vom Stalinismus; sie kam v. a. durch den XX. Parteitag der KPdSU (1956) in Gang, auf dem N. S. Chruschtschow in einem Geheimreferat die persönl. Diktatur Stalins und die Umwandlung der Partei zu dessen alleinigem Machtinstrument verurteilte und die Wiederherstellung einer kollektiven Führung sowie die Beachtung einer »sozialist. Gesetzlichkeit« forderte.
Die E. fand ihren sichtbaren Ausdruck in der Rehabilitierung einiger Opfer des stalinist. Terrors, der Ächtung führender Stalinisten als »Parteifeinde« und der Beseitigung von äußeren Zeichen des Personenkults um Stalin: Abriss von Denkmälern, Änderung geograph. Namen (z. B. Stalingrad in Wolgograd umbenannt), Entfernung des Leichnams von Stalin aus dem Leninmausoleum.
Die E. griff mit unterschiedl. Intensität auch auf andere Staaten des Ostblocks über; sie löste bes. in Polen und Ungarn 1956 schwere innenpolit. Krisen aus und leitete den Konflikt zw. der sowjet. und chines. KP-Führung ein. Nach dem Sturz Chruschtschows (1964) wurde die E. unter L. I. Breschnew abgebrochen; z. T. wurde Stalin rehabilitiert (»Neostalinismus«). Erst nach dem Machtantritt M. S. Gorbatschows (1985) begann eine 2. Etappe der E. (Einleitung einer umfassenden Rehabilitierung stalinist. Opfer, krit. Auseinandersetzung mit den gesellschaftl. Folgen des Stalinismus, polit. Reformen). - Durch die gesellschaftl. Umwälzung in Mittel- und O-Europa (1989-91) wurden dort die vorhandenen stalinist. Strukturen abgebaut (u. a. Abschaffung des Machtmonopols der KP, Auflösung der kommunist. Geheimdienste) und eine Demokratisierung eingeleitet.
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