Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Entkolonialisierung
Entkolonialisierung(Entkolonisierung, Dekolonisation), die Aufhebung kolonialer Herrschaftsverhältnisse, bes. die Entwicklung europ. Kolonien in Asien und Afrika zu unabhängigen Staaten seit 1945. Die E. vollzog sich i. d. R. entweder durch gewaltsame Aktionen nat. Befreiungsbewegungen (z. B. Algerien, Vietnam) oder durch freiwillige Entlassung der Kolonie (aufgrund von Verhandlungen mit der Kolonialmacht) in die Unabhängigkeit (z. B. Indien, Pakistan). Mischformen finden sich u. a. in der Geschichte Indonesiens, Birmas, Kenias und Marokkos. In einzelnen Fällen erfolgte die E. durch Integration in den Staatsverband der früheren Kolonialmacht (z. B. Hawaii als Bundesstaat der USA).
Eine erste Phase der E. schloss ab mit der Unabhängigkeit europ. Siedlungskolonien in Nordamerika (USA 1776 ff.), der Befreiung der meisten Länder Lateinamerikas aus span. oder portugies. Kolonialherrschaft (1810 ff.) und dem Verselbstständigungsprozess der aus Europa stammenden Siedler in Kanada, Australien, Neuseeland (ab 2. Hälfte des 19. Jh.). - Entscheidend für die E. nach 1945 waren v. a. die Schwächung und der Prestigeverlust vieler Kolonialmächte während des Zweiten Weltkrieges (Belgien, Frankreich und Niederlande als besetzte Länder, Italien und Japan als Kriegsverlierer), verstärkter Emanzipationswille der Bevölkerung der Kolonien, zunehmende Ablehnung der Kolonialherrschaft durch die öffentl. Meinung und der zunehmende Druck der USA und der UdSSR auf die Kolonialmächte. - Obwohl die meisten ehem. Kolonien inzwischen die Unabhängigkeit erlangt haben, ist für diese der Vorgang der E. oft noch nicht abgeschlossen, da die von den Kolonialregimen geschaffenen innenpolit., sozialen und wirtsch. Strukturen i. d. R. nur langfristig aufgelöst werden können und weiterhin Abhängigkeiten zum früheren Mutterland bestehen. Viele dieser Länder, die politisch der Dritten Welt zugerechnet werden, bedürfen der Entwicklungshilfe und fordern eine Änderung der Weltwirtschaftsordnung. (Entwicklungsländer)
▣ Literatur:
H. Christmann. Kolonisation u. Dekolonisation, hg. v. Schwäbisch-Gmünd 1989.
⃟ Osterhammel, J.: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. München 1995.
Entkolonialisierung(Entkolonisierung, Dekolonisation), die Aufhebung kolonialer Herrschaftsverhältnisse, bes. die Entwicklung europ. Kolonien in Asien und Afrika zu unabhängigen Staaten seit 1945. Die E. vollzog sich i. d. R. entweder durch gewaltsame Aktionen nat. Befreiungsbewegungen (z. B. Algerien, Vietnam) oder durch freiwillige Entlassung der Kolonie (aufgrund von Verhandlungen mit der Kolonialmacht) in die Unabhängigkeit (z. B. Indien, Pakistan). Mischformen finden sich u. a. in der Geschichte Indonesiens, Birmas, Kenias und Marokkos. In einzelnen Fällen erfolgte die E. durch Integration in den Staatsverband der früheren Kolonialmacht (z. B. Hawaii als Bundesstaat der USA).
Eine erste Phase der E. schloss ab mit der Unabhängigkeit europ. Siedlungskolonien in Nordamerika (USA 1776 ff.), der Befreiung der meisten Länder Lateinamerikas aus span. oder portugies. Kolonialherrschaft (1810 ff.) und dem Verselbstständigungsprozess der aus Europa stammenden Siedler in Kanada, Australien, Neuseeland (ab 2. Hälfte des 19. Jh.). - Entscheidend für die E. nach 1945 waren v. a. die Schwächung und der Prestigeverlust vieler Kolonialmächte während des Zweiten Weltkrieges (Belgien, Frankreich und Niederlande als besetzte Länder, Italien und Japan als Kriegsverlierer), verstärkter Emanzipationswille der Bevölkerung der Kolonien, zunehmende Ablehnung der Kolonialherrschaft durch die öffentl. Meinung und der zunehmende Druck der USA und der UdSSR auf die Kolonialmächte. - Obwohl die meisten ehem. Kolonien inzwischen die Unabhängigkeit erlangt haben, ist für diese der Vorgang der E. oft noch nicht abgeschlossen, da die von den Kolonialregimen geschaffenen innenpolit., sozialen und wirtsch. Strukturen i. d. R. nur langfristig aufgelöst werden können und weiterhin Abhängigkeiten zum früheren Mutterland bestehen. Viele dieser Länder, die politisch der Dritten Welt zugerechnet werden, bedürfen der Entwicklungshilfe und fordern eine Änderung der Weltwirtschaftsordnung. (Entwicklungsländer)
▣ Literatur:
H. Christmann. Kolonisation u. Dekolonisation, hg. v. Schwäbisch-Gmünd 1989.
⃟ Osterhammel, J.: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. München 1995.