Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Energie
Energie[grch. enérgeia »Wirksamkeit«] die,
1) Physik: Formelzeichen W oder E, die in einem physikal. System gespeicherte Arbeit bzw. die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Die Änderung der E. eines Systems bei einem Vorgang ist gleich der von außen verrichteten oder nach außen abgegebenen Arbeit; in einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamt-E. konstant (Erhaltungssätze, Energiesatz). E. hat sehr unterschiedl. Erscheinungsformen, z. B. mechan., elektr., magnet., therm., chem. und Kernenergie. Nach der speziellen Relativitätstheorie sind auch Masse und E. zueinander äquivalent. Alle E.-Formen sind ineinander umwandelbar, die Umsetzung therm. E. in Arbeit wird durch den 2. Hauptsatz der Thermodynamik eingeschränkt. Gesetzl. Einheiten für die E. sind das Joule (J), das Newtonmeter (Nm), die Wattsekunde (Ws), 1 J = 1 Nm = 1 Ws, die Kilowattstunde (kWh) und das Elektronvolt (eV). Veraltete, nicht gesetzl. Einheiten sind das Erg (erg) und die Kalorie (cal).Mechanik: a) Ein im Schwerefeld der Erde um die Höhe h gehobener Körper der Masse m besitzt aufgrund seiner Lage die Lage-E. oder potenzielle E. Wpot = m · g · h (g = Fallbeschleunigung). b) Ein Körper der Masse m mit der Geschwindigkeit v hat die Bewegungs-E. oder kinet. E. Wkin = 1/2 m · v2. c) Analog hat ein Körper bei einer Drehbewegung mit der Winkelgeschwindigkeit ω die Rotations-E. Wrot = 1/2 I · ω 2 (I = Trägheitsmoment um die Drehachse).Elektrizitätslehre: a) Allg. ist die elektr. Feld-E. eines Feldes der Feldstärke E durch das Volumenintegral seiner E.-Dichte wel = 1/2 E · D (D = elektr. Flussdichte) gegeben. Für einen Leiter mit dem konstanten elektr. Potenzial V, auf dem sich die Ladung Q befindet, gilt Wel = 1/2 QV. b) Ein stationärer elektr. Strom mit der Stromstärke I gibt beim Durchfließen eines Leiters (zw. dessen Enden die Spannung U besteht) während der Zeit t die E. Wel = U · I · t ab. c) Die in einem auf die Spannung U aufgeladenen Kondensator der Kapazität C gespeicherte E. beträgt: Wel = 1/2 C · U 2. d) Ein vom Strom I durchflossener Leiter (z. B. eine Spule) mit der (Selbst-)Induktivität L ist von einem Magnetfeld umgeben, in dem die magnet. Feld-E. Wmag = 1/2 L · I 2 gespeichert ist. e) Eine Ausbreitung von elektromagnet. Feld-E. (z. B. Licht-E.) ist auch ohne Trägermedium durch elektromagnet. Wellen möglich.Wärmelehre: Auch die Wärmemenge Q ist eine Form der E.; sie ist die in der ungeordneten Wärmebewegung der Teilchen gespeicherte therm. oder Wärme-E. eines thermodynam. Systems (innere Energie).Chemie: Die in chem. Verbindungen gespeicherte chem. E. ist gleich der bei der chemischen Bindung frei werdenden chem. Bindungs-E. (Bindung). So wird z. B. beim Akkumulator die zugeführte elektr. E. in chem. E. umgewandelt und gespeichert.Kern- und Elementarteilchenphysik: Masse und Energie sind äquivalent, daher entspricht jeder Masse m die E. E = m · c 2 (c = Lichtgeschwindigkeit); sie wird bei der Paarvernichtung vollständig freigesetzt. Beim Aufbau der Atomkerne aus einzelnen Protonen und Neutronen tritt ein Massendefekt Δm auf, wobei die Bindungs-E. E = Δm · c 2 frei wird. Da die Bindungs-E. je Nukleon für mittelschwere Kerne am größten ist, kann Kernenergie sowohl durch Kernfusion leichter Kerne (Sonnenenergie) als auch durch Kernspaltung schwerer Kerne gewonnen werden.Technik: Bei der E.-Erzeugung und -versorgung unterscheidet man die in natürl. E.-Trägern wie Kohle, Erdöl, Erdgas, Kernbrennstoffen sowie die in Wasser, Wind, Sonnenstrahlung u. a. Trägern erneuerbarer Energien enthaltene Primär-E. und die daraus durch Umwandlung gewonnene Sekundär-E., die in erster Linie als elektr., aber auch mechan., thermischer oder chem. E. vorliegt.Geschichtliches: Die physikal. Bedeutung des E.-Begriffs wurde erst im 19. Jh. nach den Arbeiten von J. R. von Mayer, J. P. Joule und H. von Helmholtz erkannt. Der Begriff Arbeit wurde 1828 von C. G. de Coriolis und J. V. Poncelet, der der E. 1851/52 von W. Thomson und W. M. Rankine eingeführt. Eine wesentl. Erweiterung erfuhr der E.begriff 1905 durch A. Einsteins Folgerung der Äquivalenz von Masse und E. aus der speziellen Relativitätstheorie.
2) Philosophie: bei Aristoteles die auf ein Ziel hin gerichtete Wirkkraft, Wirkursache.
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