Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Empfängnisverhütung
Empfängnisverhütung(Schwangerschaftsverhütung, Antikonzeption, Konzeptionsverhütung, Kontrazeption), Maßnahmen zur Verhütung der Befruchtung einer Eizelle oder zur Verhinderung der Einnistung einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut; dient der Geburtenregelung. Die Zuverlässigkeit der E.-Methoden wird nach dem Pearl-Index (PI) bewertet: Z. B. ergibt sich der Index 2, wenn 100 Frauen ein Jahr lang ein Intrauterinpessar verwenden und zwei von ihnen schwanger werden. Sehr wirksame E.-Methoden haben einen PI von <1,0.Zur E. werden mechan., chem. und hormonale (empfängnisverhütende Mittel, antikonzeptionelle Mittel, Kontrazeptiva) sowie natürl. Maßnahmen (ohne Hilfsmittel) angewendet. Zu den natürl. Methoden gehört v. a. der Coitus interruptus, bei dem der Geschlechtsakt vor dem Samenerguss unterbrochen wird. Bei der period. Enthaltsamkeit müssen die fruchtbaren Tage, d. h. die Zeitspanne einer mögl. Befruchtung nach dem Eisprung berechnet werden. Nach der Knaus-Ogino-Methode besteht die »fruchtbare Zeitspanne« vom 8. bis 19. Zyklustag. Zuverlässigere Daten für den wahrscheinlichen Zeitpunkt des Eisprungs bietet die Temperaturmethode. Die Basaltemperatur steigt zw. den Monatsblutungen innerhalb von 1 bis 2 Tagen um ungefähr 0,5 ºC an. Bis zum Beginn der nächsten Regelblutung bleibt sie auf dieser Höhe. Der Eisprung erfolgt im Durchschnitt 1-2 Tage vor dem Temperaturanstieg. Zw. dem 2. Tag nach dem Temperaturanstieg und der folgenden Regelblutung ist mit einer Empfängnis nicht zu rechnen. Mit der Billings-Methode wird die sich zyklisch ändernde Konsistenz des Gebärmutterhalsschleims beobachtet; sie kombiniert mit der Temperaturmethode zur symptothermalen Methode.Unter den mechan. Methoden ist in erster Linie das Kondom (Präservativ, ein über das Glied gestreifter Gummischutz) zu nennen. Auch ein Kondom für die Frau, das durch einen äußeren Ring außerhalb der Scheide und einen inneren Ring in der Scheide fixiert ist, wird angeboten. Das Scheidendiaphragma (Scheidenpessar), eine gummiüberzogene Drahtspirale mit einer elast. Gummimembran, wird vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt und danach wieder entfernt. Intrauterinpessare sind aus gewebefreundl. Kunststoff gefertigte Ringe oder Spiralen, die vom Arzt in die Gebärmutter eingeführt werden. Chem. Mittel zur E. sind Salben, Tabletten, Sprays oder Zäpfchen, die vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt werden. Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie die Samenzellen abtöten oder bewegungsunfähig machen, sodass diese nicht mehr in die Gebärmutter aufsteigen können. Die hormonale E. verhindert den Eisprung durch abgewandelte Eierstockhormone (Östrogene, Gestagene). Diese als »Antibabypille« bekannt gewordenen Präparate beeinflussen die Hirnanhangdrüse dahingehend, dass sie die zum Eisprung notwendigen Hormone nicht bildet. Nach der Zusammensetzung unterscheidet man die Kombinationspräparate mit über den Zyklus gleich bleibendem Wirkstoffgehalt und die Sequenzialpräparate, die die Hormonbestandteile in gestufter Folge und Konzentration enthalten und damit den natürl. Schwankungen des Hormonspiegels stärker entsprechen. Die Minipille enthält nur Gestagen in minimaler Konzentration. Die aus einem schwach dosierten Östrogenanteil mit geringem Gestagenanteil bestehende Mikropille wirkt fast ausschließlich als Ovulationshemmer. Die Pille danach (Postkoitalpille) enthält hoch dosiert Östrogen und Gestagen und muss innerhalb von 48 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Depotpräparate enthalten nur ein Gestagen und müssen injiziert oder unter die Haut implantiert werden. Umstritten ist die Anwendung des Antigestagens Mifepriston (RU 486), das einen Frühabort auslöst. Eine i. d. R. nicht mehr rückgängig zu machende Methode der E. ist die Sterilisation.
Literatur:
B. Runnebaum Gynäkolog. Endokrinologie u. Fortpflanzungsmedizin, hg. v. u. T. Rabe, 2 Bde. Berlin u. a. 1994.
Raith, E. u. a.: Natürl. Familienplanung heute. Berlin u. a. 21994.
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