Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Elfenbeinküste
Ẹlfenbeinküste Fläche: 322 463 km2
Einwohner: (1995) 14,25 Mio. Ew.
Hauptstadt: Yamoussoukro
Regierungssitz: zurzeit noch Abidjan
Verwaltungsgliederung: 50 Dép. in 10 Regionen
Amtssprache: Französisch
Nationalfeiertag: 7. 8.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes
Zeitzone: MEZ —1 Std.
(amtl. frz. République de Côte d'Ivoire), Staat in Westafrika, grenzt im S an den Golf von Guinea (Atlantik), im W an Liberia und Guinea, im N an Mali und Burkina Faso, im O an Ghana.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1960 (mehrfach geändert) ist E. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem (seit 1990). Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive ist der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Präs. (auf fünf Jahre direkt gewählt). Seit 1990 agiert das Kabinett unter Vorsitz eines Ministerpräsidenten. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (175 Abg.). - Einflussreichste Parteien sind die Demokrat. Partei (PDCI), die Volksfront (FPI) und die Arbeiterpartei (PIT).
Landesnatur: Auf die 550 km lange, im W felsige, im Übrigen flache und lagunenreiche Küste mit Mangrovenwäldern folgt ein 150-300 km breiter Regenwaldgürtel, der durch Holznutzung und die Anlage von Plantagen stark gelichtet ist. Nach N folgen Feuchtsavanne, dann Trockensavanne, die durch Wanderfeldbau und Beweidung stark verändert wurde. Das Land ist eine schwach zum Golf von Guinea geneigte, leicht gewellte Rumpffläche, überragt von Inselbergen, auf der die großen Flüsse Cavally, Sassandra, Bandama und Komoé (nur streckenweise schiffbar) zum Atlantik fließen. Im NW hat E. Anteil am Guineahochland mit dem 1752 m hohen Nimba. - Das Klima ist im S tropisch-feucht mit fast ganzjährigen Niederschlägen (bis 2 300 mm jährlich) und hohen Temperaturen; nach N nehmen die jahreszeitl. Temperaturunterschiede zu, die Niederschläge werden geringer (1500-1100 mm) und fallen in einer ausgeprägten Regenzeit von Juni bis Oktober.
Bevölkerung: Die Bev. setzt sich aus etwa 60 meist sudaniden Stämmen zusammen; im Zentrum und SO leben die zu den Akan gehörenden Baule und Agni, im SW Kru, im NW Mandevölker (bes. Malinke, Dan, Guru), im N v. a. die zu den Gur zählenden Senufo, im S die stark gemischten »Lagunenstämme« (eine ältere Bev.schicht). Im ganzen Land verstreut leben die Dyula, deren Sprache weitgehend als einheim. Verkehrssprache benutzt wird. Über 25 % der Bev. sind Ausländer, v. a. Wanderarbeiter aus den Nachbarländern Mali, Burkina Faso, Ghana, auch polit. Flüchtlinge; ferner Europäer, Libanesen und Syrer. Wichtigste Städte sind Abidjan, Bouaké, Yamoussoukro, Daloa und Korhogo. Am dichtesten besiedelt ist das Gebiet um Bouaké; der NO ist kaum bewohnt. - Es besteht eine 6-jährige Schulpflicht; an allen staatl. Schulen wird unentgeltl. Unterricht erteilt. Unterrichtssprache ist Französisch; eine Univ. besteht in Abidjan (seit 1964); seit 1971 ist der Fernsehunterricht bedeutsam. Die Analphabetenquote liegt bei 46 % (über 15 Jahre). - Etwa 53 % der Bev. sind Anhänger von Naturreligionen, 20 % Christen, 27 % Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Seit der Unabhängigkeit hat sich die Ind. stark entwickelt, bes. Nahrungsmittel-, Textil-, Baustoff-, Düngemittelind., Erdölverarbeitung. Ausgebeutet werden Diamantenvorkommen bei Korhogo und Erdöllager im Schelfgebiet vor Abidjan. Hauptwirtschaftszweig ist weiterhin die Landwirtschaft, die mit Forstwirtschaft (Edelhölzer) und Fischerei ein Drittel des Bruttoinlandprodukts und 75 % der Exporterlöse erbringt. Für den Eigenbedarf u. a. Anbau von Reis, Hirse, Jamswurzeln, Erdnüssen; hauptsächlich für den Export bestimmt sind Kakao, Kaffee, Baumwolle, Bananen, Kautschuk und Ölpalmprodukte. Importiert werden Nahrungsmittel, Konsumgüter, techn. Ausrüstungen. Haupthandelspartner sind Frankreich u. a. EU-Länder sowie die USA. - Das Verkehrsnetz ist gut entwickelt, das Straßennetz ist insgesamt 55 000 km lang, davon etwa 4 000 km asphaltiert. E. ist ein wichtiges Transitland, bes. für den überseeischen Warenverkehr von Mali und Burkina Faso. Die einzige Eisenbahnstrecke (665 km lang) verbindet Abidjan mit Ouagadougou (Burkina Faso). Internat. Flughafen Port Bouët bei Abidjan, das auch über den wichtigsten Hafen verfügt.
Geschichte: 1843 errichtete Frankreich den ersten Marinestützpunkt in Grand-Bassam; 1895 bis 1958 war das heutige Staatsgebiet Teil von Frz.-Westafrika, das 1958 die Autonomie erhielt, 1960 die Unabhängigkeit. Staatspräs. war 1960-93 F. Houphouët-Boigny, der das Land zu einem Einparteienstaat auf der Basis der PDCI umformte und einen prowestl. Kurs verfolgte. Internat. Druck und Unruhen unter der städt. Bevölkerung führten im Mai 1990 zur Einführung eines Mehrparteiensystems. Bei den allgemeinen Wahlen von 1990 siegte die PDCI. Nach dem Tode des zuletzt 1990 wieder gewählten Präs. Houphouët-Boigny folgte ihm der bisherige Parlamentspräs. Henri Konan Bédié 1993 im Amt nach. Bei den von den Oppositionsparteien boykottierten Wahlen von 1995 wurde die PDCI als Reg.partei und Bédié als Staatspräs. bestätigt. Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik war die Umsetzung des 1995 formulierten Reformprogramms, das u. a. mehrere große Infrastrukturprojekte und eine Modernisierung der Wirtschaft vorsieht, basierend auf einer sich dynamisch entwickelnden Privatwirtschaft, der Privatisierung von Staatsunternehmen sowie der Förderung der Exportwirtschaft. - Außenpolitisch suchte die Regierung 1996 im Bürgerkrieg in Sierra Leone zu vermitteln.
Literatur:
Hutter, B.: Die Republik E. Analyse ihrer wirtschaftl. u. sozialen Entwicklung, unter besonderer Berücksichtigung des Tourismus u. dessen Auswirkungen in einem Entwicklungsland. Bayreuth 1988.
Wiese, B.: E. Erfolge u. Probleme eines Entwicklungslandes in den westafrikan. Tropen. Darmstadt 1988.
Coffy, G.: Le soleil des eclus. Côte d'Ivoire. La lutte pour la démocratie. Paris 1994.
Kanté, K.: Die Problematik der polit. Macht u. Herrschaft in der postkolonialen Côte d'Ivoire. Staat u. Gesellschaft (1960-1992). Münster u. a. 1994.
Grootaert, C.: Analyzing poverty and policy reform. The experience of Côte d'Ivoire. Aldershot u. a. 1996.
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