Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Eiszeitalter
Eiszeitalter, ein Abschnitt der Erdgesch., der durch mehrfache Abfolge von Kalt- (Eiszeiten, Glaziale) und Warmzeiten (Interglaziale, Zwischeneiszeiten) geprägt ist. Während einer Eiszeit verschlechterte sich das Klima so nachhaltig (Temperaturverminderung), dass sich in weiten Teilen der Erde, v. a. in den höheren Breiten und in Gebirgen der mittleren und niederen Breiten, das Gletschereis ausdehnte. Teilweise drangen große Inlandeismassen bis in mittlere Breiten vor. Auf den Meeren dehnten sich Pack- und Treibeis aus; der Meeresspiegel sank wegen der starken Bindung des Niederschlagswassers in den Eismassen. Die Lage von ehem. Gletschern oder Inlandeis wird aus dem Vorkommen von Moränen, ortsfremden Gesteinsblöcken und Gletscherschliffen erschlossen. Für die Gebiete, in denen während dieser Zeiträume wegen zu geringer Temperatursenkung oder wegen nicht ausreichender Niederschläge keine Vereisung erfolgte, aber vielfach Periglazialerscheinungen auftraten, sollte man für diese Epoche nur von Kalt-, nicht von Eiszeit sprechen. In niederen Breiten entsprechen den Eiszeiten teilweise Pluvialzeiten. Eine allg. anerkannte Erklärung für das Auftreten von E. gibt es noch nicht. Außer im Quartär gab es E. v. a. im Paläozoikum, wohl auch im Proterozoikum.Das quartäre Eiszeitalter (früher Diluvium, heute Pleistozän) ist die Epoche unmittelbar vor der geolog. Gegenwart (geologische Systeme). Sein Anfang liegt etwa 2,5 Mio., sein Ende rd. 11 000 Jahre zurück. Es fand eine globale Verschiebung der Klimagürtel statt, verbunden mit der äquatorwärtigen Verlagerung der Luftdruck- und Windgürtel. Die Warmzeiten ähnelten in Klima und Vegetation der Gegenwart. In der Würm-Kaltzeit lag in Mitteleuropa das Januarmittel (auf die damalige Meereshöhe umgerechnet) zwischen —14º und —22 ºC und das Julimittel zwischen +10º und +5 ºC. Außer Grönland, Spitzbergen und der Antarktis waren auch Nordeuropa, die Alpen, Teile Sibiriens, Nordamerikas und Patagonien vereist. Die Vergletscherung umfasste in der letzten Eiszeit weltweit maximal 42, in der vorletzten bis über 48 Mio. km2, d. h. eine dreimal größere Fläche als heute (15,3 Mio. km2).
In Europa reichte das nord. Inlandeis maximal bis an die dt. Mittelgebirge. Die Alpen waren bes. im W vergletschert, die Talgletscher stießen weit ins Vorland hinaus. Lokalvergletscherungen sind in den Vogesen, im Schwarzwald, Harz, Böhmerwald, Riesengebirge sowie in den Pyrenäen und in der Tatra nachgewiesen. In weitem Umkreis um Inlandeis und Gletscher herrschte ein periglazialer Formenschatz vor, z. B. Dauerfrost- und Strukturböden, Frostschutt und Blockmeere. Die nördl. Waldgrenze lag südlich der Alpen. Das eisfreie Gebiet zw. Alpen und Inlandeis wurde von einer Tundra eingenommen; dort lebten Mammut, Höhlenbär, wollhaariges Nashorn, Wisent, Reh, Eisfuchs, Lemming u. a. Kälte gewohnte Tiere. Mit dem Pleistozän ist auch die Gesch. der Menschheit (Altsteinzeit) aufs Engste verknüpft. Der Rückgang des Eises wurde durch Haltepausen (Interstadiale) mit leichter Klimaverbesserung unterbrochen; neuerl. kurzfristige Eisvorstöße werden Stadialzeiten genannt.
Literatur:
Probst, E.: Dtl. in der Urzeit. Von der Entstehung des Lebens bis zum Ende der Eiszeit. München 1986.
Schreiner, A.: Einführung in die Quartärgeologie. Stuttgart 1992.
Ehlers, J.: Allgemeine u. histor. Quartärgeologie. Stuttgart 1994.
Kahlke, H. D.: Die Eiszeit. Leipzig u. a. 31994.
Das Quartär Dtl., hg. v. L. Benda. Berlin u. a. 1995.
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