Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Eigentum
Eigentum,das umfassende Recht (Besitz-, Verfügungs- und Nutzungsrecht), über Gebäude, Grund und Boden (unbewegl. Sachen) und sonstige Habe (bewegl. Sachen, Rechte u. a.) innerhalb der Grenzen der Rechtsordnung nach freiem Belieben zu bestimmen. Hierzu steht im Ggs. die bloß tatsächl. Sachherrschaft (Besitz).In Dtl. ist das E. als Freiheitsrecht des Einzelnen grundrechtlich geschützt (Art. 14 GG, E.-Garantie). Zugleich unterliegt es der Sozialbindung, d. h., es hat verpflichtenden Charakter, sein Gebrauch soll auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen. In der modernen Sozialordnung sind viele E.-Begrenzungen wirksam, z. B. im Mietrecht, im Städtebau, in der Wirtschaft in Form der Mitbestimmungsrechte. Der Übergang von der rechtlich zulässigen E.-Begrenzung zur entschädigungspflichtigen E.-Entziehung (Enteignung) ist fließend; besonders geregelt ist der E.-Verlust durch Sozialisierung, Einziehung im Straf- und Verwaltungsverfahren sowie Verwirkung. - In Österreich (Art. 5 Staatsgrund-Ges.) und in der Schweiz (Art. 23 Bundes-Verf.) ist das E. ähnlich wie in Dtl. gewährleistet.Im Privatrecht (§§ 903-1011 BGB) wird E. auf unterschiedl. Weise erworben: Man unterscheidet den abgeleiteten (derivativen) E.-Erwerb durch E.-Übertragung als den Regelfall, den urspüngl. (originären) E.-Erwerb (bes. durch Aneignung herrenloser Sachen, Fund, Ersitzung, Verarbeitung), durch Gesamtrechtsnachfolge (bes. in der Erbfolge) und kraft staatl. Aktes (z. B. in der Zwangsversteigerung). Das E. genießt einen besonderen Rechtsschutz; es bestehen Ansprüche auf Herausgabe gegenüber jedem unrechtmäßigen Besitzer, auf Unterlassung gegenüber Störungen u. a., auf Schadensersatz bei schädigenden Beeinträchtigungen. Das E. an einem Grundstück wird eingeschränkt durch das Nachbarrecht. Der rechtsgeschäftl. E.-Erwerb erfordert bei Grundstücken außer dem Verpflichtungsgeschäft die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch, bei bewegl. Sachen die Einigung über den E.-Übergang und die Übergabe der Sache. Die Übergabe kann u. a. durch Abtretung eines Herausgabeanspruchs ersetzt werden, wenn die Sache im Besitz eines Dritten ist. Als E.-Formen kennt das BGB das Allein-E. sowie das gemeinsame E. als Mit-E. und gesamthänder. E. Sonderformen sind z. B. das Wohnungs- und das Treuhand-E. Beim Mit-E. (Bruchteils-E.) kann jeder Eigentümer über seinen Anteil verfügen und jederzeit Teilung verlangen; die Verwaltung steht allen gemeinsam zu. Beim Gesamthands-E. (Gesamthandsgemeinschaft, Gemeinschaft zur gesamten Hand), das im Gesellschaftsrecht, bei der ehel. Gütergemeinschaft und der Erbengemeinschaft vorkommt, sind die Einzelfälle versch. gestaltet, jedoch können grundsätzlich die Gesamthänder nur gemeinsam über die Sache verfügen. Zum Sicherungs-E. Sicherungsübereignung. - Diese Grundsätze gelten im Wesentlichen auch für das in öffentl. Besitz stehende E., das wie Privat-E. behandelt wird; ein selbstständiges Inst. »öffentl. E.« gibt es in Dtl. nicht.
Die Regelungen in Österreich (§§ 353 ff. ABGB) und der Schweiz (Art. 641 ff. ZGB) sind ähnlich.In den neuen Bundesländern finden seit dem 3. 10. 1990 grundsätzlich die Vorschriften des BGB Anwendung. Das vom Grundstück unabhängige E. an Gebäuden, Baulichkeiten, Anlagen, Anpflanzungen gemäß § 296 ZGB der DDR bleibt erhalten (Art. 231 § 5, Art. 233 § 2 EGBGB). Zur Klärung der Rechtsverhältnisse bzw. langfristigen Anpassung von schuldrechtl. Nutzungsverhältnissen an Vorschriften des BGB dienen das Sachenrechtsbereinigungs-Ges. und das Schuldrechtsanpassungs-Ges. Das ehem. Volks-E. wurde u. a. nach den Bestimmungen des fortgeltenden Treuhand-Ges. der DDR (Treuhandanstalt), des Einigungsvertrages und des Vermögens-Ges. behandelt.
Über geistiges E. Urheberrecht.
Völkerrecht: Vermögenswerte eines Ausländers und die damit verbundenen Rechte unterliegen der Rechtsordnung des Gebietsstaates, sofern durch völkerrechtl. Verträge keine weitergehenden Sicherheiten vereinbart wurden. Ausländ. Eigentum darf nur aus Gründen des Gemeinwohls in nicht diskriminierender Weise und nur gegen Entschädigung entzogen werden. Entschädigungslose Enteignung gilt nach, allerdings umstrittenem, Völkergewohnheitsrecht als völkerrechtswidrige Konfiskation. - Im Falle eines bewaffneten Konflikts gelten für das E. feindl. Ausländer Regeln des Kriegsrechts bzw. des Seekriegsrechts.
Literatur:
Brocker, M.: Arbeit u. E. Der Paradigmenwechsel in der neuzeitl. Eigentumstheorie. Darmstadt 1992.
Milczewski, C. von: Der grundrechtl. Schutz des E. im Europ. Gemeinschaftsrecht. Frankfurt am Main u. a. 1994.
Heinsohn, G. u. Steiger, O.: E., Zins u. Geld. Ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaft. Reinbek 1996.
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