Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Eherecht
Eherecht,staatl. und kirchl. Rechtsbestimmungen über die Ehe.Staatliches E.: Die Ehe wird in Dtl. als Rechtsinstitut durch das GG (Art. 6) geschützt. Das Eheschließungsrecht ist mit Wirkung vom 1. 7. 1998 neu geordnet und in das BGB (§§ 1303 ff.) eingefügt worden; das Ehe-Ges. von 1946 wurde aufgehoben. Eine gültige Ehe kann nur vor einem Standesbeamten bei gleichzeitiger persönl. Anwesenheit der Ehewilligen geschlossen werden (obligator. Zivilehe); die Eheschließung kann vor einem oder zwei Zeugen stattfinden, sofern die Eheschließenden das wünschen. Die kirchl. Trauung hat keine bürgerlich-rechtl. Wirkung und darf erst nach der standesamtl. erfolgen. Aus einem Verlöbnis kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden. Die Ehemündigkeit als Voraussetzung zum Eingehen einer Ehe beginnt mit Eintritt der Volljährigkeit. Hiervon kann das Familiengericht Befreiung erteilen, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein zukünftiger Ehegatte volljährig ist. Ist die Befreiung erteilt worden, bedarf der Minderjährige zur Eheschließung nicht mehr der Einwilligung des gesetzl. Vertreters. Geschäftsunfähige können keine Ehe eingehen. Das frühere Aufgebot ist zum 1. 7. 1998 abgeschafft worden.Eheverbote sind: 1) Bestehen einer anderen Ehe (Verbot der Doppelehe); 2) Verwandtschaft von in gerader Linie Verwandten oder zw. voll- oder halbbürtigen Geschwistern; 3) Verwandtschaft aufgrund Annahme als Kind zw. angenommenem Kind (und dessen Abkömmlingen) und dem Annehmenden (bei Verstoß gegen das Eheverbot Aufhebung des Adoptionsverhältnisses, § 1766 BGB); unter bestimmten Voraussetzungen Befreiung durch das Familiengericht möglich (§§ 1306 ff. BGB). Weitere Eheverbote bestehen nicht mehr.
Als Folge einer rechtsfehlerhaften Eheschließung ist die Aufhebung der Ehe (§§ 1313 ff. BGB) geregelt, d. h. die Auflösung der Ehe durch gerichtl. Urteil für die Zukunft. Die Gründe für die Eheaufhebung müssen (anders bei der Ehescheidung) bereits bei der Eheschließung vorgelegen haben. Aufhebungsgründe sind: Geschäftsunfähigkeit; Doppelehe; Verwandtschaft in gerader Linie; Ehe zw. voll- oder halbbürtigen Geschwistern; Verstoß gegen die Vorschriften zur Ehemündigkeit oder gegen Formvorschriften; Irrtum über die Eheschließung; Bewusstlosigkeit oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit eines Ehegatten bei der Eheschließung; arglistige Täuschung durch den anderen; Abschluss der Ehe unter Einwirkung einer Drohung; Einigkeit der Ehegatten bei der Eheschließung, keine Verpflichtung zur ehel. Lebensgemeinschaft eingehen zu wollen. Auch bei Rückkehr eines fälschlich für tot erklärten Ehegatten kann unter bestimmten Voraussetzungen der wieder verheiratete Ehegatte die Aufhebung der neuen Ehe beantragen. Die frühere Ehenichtigkeit, bei der die Ehe durch gerichtl. Urteil rückwirkend für nichtig erklärt wurde, ist mit der Neuordnung des Eheschließungsrechts abgeschafft worden. Über die Auflösung einer gescheiterten Ehe Ehescheidung.Wirkungen der Ehe (§§ 1353 ff. BGB): Die Ehegatten sind einander zur ehel. Lebensgemeinschaft verpflichtet. Sie sollen einen gemeinsamen Familiennamen führen (einen der Geburtsnamen), der nicht namengebende Ehegatte kann seinen Geburtsnamen dem Ehenamen voranstellen oder anfügen; jeder Ehegatte kann auch seinen Geburtsnamen behalten (Name). Die Ehegatten sind verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Die Haushaltsführung wird in gegenseitigem Einvernehmen geregelt. Ist sie einem Ehegatten allein überlassen, erfüllt er durch diese Tätigkeit die Verpflichtung, zum Unterhalt der Familie beizutragen. Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu erledigen (die Berechtigung kann beschränkt werden). Über die vermögensrechtl. Beziehungen der Ehegatten eheliches Güterrecht.In Österreich wurde 1938 das dt. E. eingeführt und nach 1945 mit versch. Änderungen beibehalten sowie durch Neuregelungen ergänzt. Die Ehemündigkeit beginnt beim Mann mit Vollendung des 19., bei der Frau des 16. Lebensjahres. Familienname kann der Name des Mannes oder der der Frau sein, bei fehlender Vereinbarung wird der Name des Mannes Familienname. Der nicht namengebende Ehegatte kann einen Doppelnamen führen oder seinen bisherigen Familiennamen als alleinigen Namen behalten. Die Ehepartner sind gleichberechtigt. Die Regelung des E. der Schweiz ist im Wesentlichen mit der des BGB vergleichbar. Männer und Frauen sind mit Vollendung des 18. Lebensjahres ehefähig. Familienname ist grundsätzlich der Name des Mannes, die Frau kann jedoch ihren Geburtsnamen voranstellen. Seit der Teilrevision des E. (in Kraft seit 1. 1. 1988) wird das Leitbild einer partnerschaftl. Ehe angestrebt. Kirchliches E., kath. Kirche: Dogmatisch versteht die kath. Theologie die Ehe als eine mit der Schöpfungsordnung gegebene »Ordnung von Anfang an«. Theologisch ist sie Sakrament, das sich die (getauften) Eheleute gegenseitig spenden, rechtlich ein Vertrag, den sie in beiderseitiger Willensübereinstimmung eingehen. Das dogmat. Grundverständnis führte zur Entwicklung des kirchl. E. und hat zur Folge, dass eine nach kath. Kirchenrecht gültige und vollzogene Ehe zw. Getauften sakramentalen Charakter hat und nur durch den Tod auflösbar ist. Ehen zw. Ungetauften oder zw. einem Getauften und einem Nichtgetauften können in bestimmten Fällen getrennt werden. Das kirchl. E. der kath. Kirche ist im Codex Iuris Canonici zusammengefasst. - Zur gültigen Eheschließung ist gefordert, dass der Ehekonsens bei beiden Partnern nicht nur tatsächlich vorhanden ist, sondern auch in der rechtlich vorgeschriebenen Form kundgetan wird und dass die Partner rechtlich ehefähig sind. Fehlt eines dieser Elemente, ist die Eheschließung ungültig. Die Ehefähigkeit wird durch die Ehehindernisse näher bestimmt. Dadurch kann das Recht auf Ehe eingeschränkt sein (z. B. Blutsverwandtschaft in manchen Graden, Ordensgelübde). Die kanon. Eheschließungsform besteht in der Erklärung des Ehekonsenses vor einem bevollmächtigten kirchl. Amtsträger und zwei Zeugen. Zu ihrer Einhaltung sind alle Katholiken verpflichtet, auch wenn sie einen Nichtkatholiken heiraten (Formpflicht); doch kann in diesem Fall Dispens gewährt werden. Gefordert aber bleibt, dass der Ehekonsens in einer öffentl. Form erklärt wird, z. B. in standesamtl. oder religiöser Form. Zum Schutz der Ehe hat die kath. Kirche eine geordnete Ehegerichtsbarkeit aufgebaut. Evang. Kirchen: Die evang. Kirchen haben kein eigenes kirchl. E. entwickelt. Die bibl. Eheverkündigung bildet die Grundlage des evang. Eheverständnisses. Die Ehe kommt durch Eheschließung nach der staatl. Rechtsordnung zustande. Die kirchl. Trauung ist Proklamation der Ehe vor der christl. Gemeinde und geistl. Zuspruch an die Eheleute für ein durch christl. Grundsätze geprägtes gemeinsames Leben.
Literatur:
Sebott, R.: Das neue kirchl. E. Frankfurt am Main 21990.
Münch, E. M. von: Ehe- u. Familienrecht von A-Z. München 131996.
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