Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Dienstleistungsgesellschaft
Dienstleistungsgesellschaft,eine Form der hoch entwickelten Gesellschaft, in der nicht mehr die industrielle Fertigung die sozioökonom. Strukturen, die Arbeits- und Lebensbedingungen sowie auch Normen- und Wertesysteme bestimmt, sondern ein vielfältig strukturierter Dienstleistungssektor.Dienstleistungen können allg. als ökonom. Güter aufgefasst werden, die wie Waren (Sachgüter) der Befriedigung menschl. Bedürfnisse dienen. Anders als Sachgüter zeichnen sie sich als an Personen gebundene, Nutzen stiftende Leistungen durch mangelnde Dauerhaftigkeit und Lagerfähigkeit, durch Standortgebundenheit, durch Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsum sowie durch vergleichsweise arbeitsintensive Produktion aus; sie werden oft auch als immaterielle Güter bezeichnet. Diese allgemeine Definition ist nicht unumstritten, da z. B. die Nutzungsleistungen von Diensten mithilfe von Sachgütern dauerhaft, lagerfähig und fast unbegrenzt nutzbar gemacht werden können und die Definitionsmerkmale der Vielschichtigkeit von Dienstleistungen nicht immer gerecht werden.Man unterscheidet verbraucherbezogene (z. B. Erholung, Reinigungs- und Reparaturdienste, Körperpflege) von produktionsbezogenen Dienstleistungen (z. B. Unternehmensberatung, Marktforschung, Gebäudereinigung). Obwohl die meisten Verbraucher- oder Haushaltsdienstleistungen als arbeitsintensiv und als vom direkten Kontakt zw. Anbieter und Nachfrager abhängig bezeichnet werden können (»persönl. Dienstleistungen«), sind einige aber auch sehr kapitalintensiv (z. B. öffentl. Personenverkehr). Als Maßstab für die Entwicklung zur D. dient v. a. die steigende Bedeutung des Dienstleistungssektors in den Industrieländern, gemessen am Anteil dieses Sektors an der Bruttowertschöpfung oder anderen Sozialproduktgrößen oder am Anteil der Erwerbstätigen in diesem Sektor. Im Rahmen der volkswirtsch. Gesamtrechnung zählen zum Dienstleistungssektor die Wirtschaftsbereiche Handel, Banken, Versicherungen, Gaststätten- und Beherbergungswesen, Transport- und Nachrichtenwesen, öffentl. Verwaltung (z. B. öffentl. Dienste in Bildung, Erziehung, Krankenpflege, Polizei, eigentl. Verwaltung), freie Berufe und sonstige private Dienstleistungen. Neben den Sektoren Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (»primärer Sektor«) sowie Waren produzierendes Gewerbe (»sekundärer Sektor«) mit Energie-, Wasserversorgung, Bergbau, verarbeitendem Gewerbe (Industrie und Handwerk) wird der Dienstleistungssektor als »tertiärer Sektor« erfasst.Die wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors ist eine typ. Erscheinung des 20. Jh. Gerade nach 1945 ist der Anteil des tertiären Sektors an der Bruttowertschöpfung in den westl. Industrieländern stark gestiegen, bei gleichzeitigem Rückgang des primären und des sekundären Sektors. Im Dienstleistungsbereich entstanden bei steigender Nachfrage überproportional viele neue Arbeitsplätze, da der Dienstleistungssektor als bes. arbeitsintensiv gilt. Andererseits zeigte sich in den letzten Jahren, im Zusammenhang mit dem zunehmenden Einsatz elektron. Informations- und Kommunikationssysteme, dass sowohl im Dienstleistungssektor (z. B. Handel, Verkehr, Banken) als auch bei Dienstleistungsberufen (z. B. im Bürobereich) stark rationalisiert werden kann. Der tertiäre Sektor hat es trotz einer stetig steigenden absoluten Erwerbstätigenzahl in diesem Bereich nicht vermocht, alle in anderen Sektoren freigesetzten Arbeitskräfte aufzunehmen. Die mit der zunehmenden Verbreitung von elektron. Informations- und Kommunikationssystemen und deren wachsenden Einsatzmöglichkeiten verbundenen Entwicklungen der letzten Jahre haben den Begriff der Informationsgesellschaft in den Vordergrund gerückt.
▣ Literatur:
Maleri, R.: Grundlagen der Dienstleistungsproduktion. Berlin u. a. 31994.
⃟ Bell, D.: Die nachindustrielle Gesellschaft. A. d. Amerikan. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1996.
▣ Literatur:
Maleri, R.: Grundlagen der Dienstleistungsproduktion. Berlin u. a. 31994.
⃟ Bell, D.: Die nachindustrielle Gesellschaft. A. d. Amerikan. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1996.