Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Deutscher Orden
Deutscher Orden,1) (Deutschritterorden, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden), 1198 entstandener geistl. Ritterorden; ging aus einer Hospitalgenossenschaft hervor, die norddt. Kaufleute während des 3. Kreuzzuges 1190 bei der Belagerung von Akko gründeten. Die Ordensritter trugen einen weißen Mantel mit schwarzem Kreuz. Oberhaupt des D. O. war der auf Lebenszeit gewählte Hochmeister (kein Reichsfürst, aber reichszugehörig); ihm zur Seite standen beratend fünf Großgebietiger. Daneben gab es in untergeordneter Stellung den Landmeister für Livland, den Deutschmeister für die zwölf binnendt. Ordensballeien und die Landkomture der außerdt. Ordensgebiete (Apulien, Sizilien, Achaia u. a.). Zum Orden gehörten gleichberechtigt Ritter- und Priesterbrüder, beide auf mönch. Gelübde verpflichtet, sowie dienende, nicht adlige Halbbrüder.Bereits im 13. Jh. verlagerte der D. O., dessen Hochmeister bis 1291 seinen Sitz in Akko hatte, den Schwerpunkt seines Wirkens nach O-Europa. Unter dem Hochmeister Hermann von Salza (1210-39) besaß er 1211-25 als ungar. Lehen das siebenbürg. Burzenland und erhielt 1226, von Herzog Konrad von Masowien gegen die heidn. Prußen zu Hilfe gerufen, das Culmer Land. Von hier aus unterwarf der D. O. bis 1283 das ganze Land der Prußen, das er mit dt. Bauern besiedelte und durch die Errichtung von Ordensburgen sowie die Gründung von Städten (u. a. Elbing, Königsberg) strategisch sicherte und kultivierte. Durch Vereinigung mit dem Schwertbrüderorden (1237) fasste der D. O. auch in Livland und Kurland Fuß. 1242 wehrte Nowgorod einen Angriff des Ordens in der Schlacht auf dem Eis des Peipussees ab. Nachdem 1291 Akko an die Muslime verloren gegangen war, wurde der Sitz des Hochmeisters nach Venedig, 1309 nach der Marienburg, 1457 nach Königsberg verlegt. Immer neue Grenzkriege führte der Orden gegen die heidn. Litauer, die 1370 in der Schlacht bei Rudau besiegt wurden und 1380 Samogitien abtreten mussten. Ferner gewann er 1308 Pommerellen mit Danzig, 1346 das bisher dän. Estland, 1398 Gotland, 1402 die Neumark. Damit hatte der D. O. seine größte Ausdehnung erreicht.
Unter dem Hochmeister Winrich von Kniprode (1351-82) erlebte der Ordensstaat den Höhepunkt seiner wirtsch. und kulturellen Entwicklung; seine Städte (z. B. Danzig, Thorn, Königsberg) gehörten der Hanse an.Bereits im 14. Jh. bildete sich aber auch im Innern des Ordensstaates eine wachsende Opposition des Landadels und der Städte heraus. Gegen das seit 1385 vereinigte Polen-Litauen verlor der D. O. am 15. 7. 1410 die Schlacht bei Tannenberg und trat im 1. Thorner Frieden von 1411 Samogitien ab. Ein durchgreifender Reformversuch des Hochmeisters Heinrich von Plauen (1410-13) scheiterte. 1440 schlossen sich die Stände zum Preuß. Bund zusammen, der mit Unterstützung Polens gegen den D. O. den »Dreizehnjährigen Krieg« führte; dieser endete mit dem 2. Thorner Frieden (1466), in dem der Orden Pomerellen, das Culmer Land und Ermland sowie die Städte Danzig, Elbing und Marienburg dem poln. König überlassen und dessen Oberhoheit über das übrige preuß. Ordensland anerkennen musste. Schließlich verwandelte der letzte Hochmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach 1525 den preuß. Ordensstaat in ein prot. Herzogtum, für das er die poln. Lehnshoheit anerkannte.
In Livland suchte der Landmeister Wolter von Plettenberg (1494-1535) die Ordensherrschaft zu behaupten, drohte aber den russ. Angriffen zu erliegen; daher unterwarf sich 1561 Estland der schwed. und Livland der poln. Herrschaft, während Kurland 1561 als poln. Lehen ein prot. Herzogtum des letzten livländ. Ordensmeisters Gotthard Kettler wurde. - Der D. O. selbst war seitdem auf seine zerstreuten süd- und westdt. Besitzungen beschränkt; der Hauptsitz wurde Mergentheim, und dem Deutschmeister, der katholisch blieb, verlieh 1530 Kaiser Karl V. die Würde des Hochmeisters. 1809 ließ Napoleon I. den D. O. in den Rheinbundstaaten unterdrücken, was seine fakt. Auflösung bedeutete, sodass er in der Folge nur noch im Kaiserreich Österreich weiter bestand. (Deutschordensburgen, Deutschordensdichtung)
2) (Deutsch-Ordens-Priester), in Österreich der 1834 durch Franz I. als kath. Adelsgemeinschaft wieder belebte D. O. 1); erhielt 1839 neue Statuten; »Hoch- und Deutschmeister« war bis 1918 stets ein österr. Erzherzog (zuletzt Eugen). Der seit 1918 allein weiter bestehende priesterl. Zweig (von Papst Pius XI. in einen geistl. Orden umgewandelt) mit Sitz des Hochmeisters in Wien zählt zu den klerikalen Bettelorden; er erhielt 1929 eine neue Regel. Vom Nationalsozialismus unterdrückt, wurde er nach 1945 in Österreich und der Bundesrep. Dtl. wiederhergestellt (Arbeitsbereich: Seelsorge, Sozialhilfe, Mission). Die Deutschordensschwestern (Mutterhaus in Wien) sind in der Kranken- und Altenpflege tätig.
▣ Literatur:
Tumler, M.: Der D. O. Von seinem Ursprung bis zur Gegenwart. Bad Münstereifel 26.-33. Tsd. 51992.
⃟ Stadt u. Orden. Das Verhältnis des D. O. zu den Städten Livlands, Preußen u. im Deutschen Reich, hg. v. U. Arnold. Marburg 1993.
⃟ Boockmann, H.: Der D. O. Zwölf Kapitel aus seiner Geschichte. München 41994.
Unter dem Hochmeister Winrich von Kniprode (1351-82) erlebte der Ordensstaat den Höhepunkt seiner wirtsch. und kulturellen Entwicklung; seine Städte (z. B. Danzig, Thorn, Königsberg) gehörten der Hanse an.Bereits im 14. Jh. bildete sich aber auch im Innern des Ordensstaates eine wachsende Opposition des Landadels und der Städte heraus. Gegen das seit 1385 vereinigte Polen-Litauen verlor der D. O. am 15. 7. 1410 die Schlacht bei Tannenberg und trat im 1. Thorner Frieden von 1411 Samogitien ab. Ein durchgreifender Reformversuch des Hochmeisters Heinrich von Plauen (1410-13) scheiterte. 1440 schlossen sich die Stände zum Preuß. Bund zusammen, der mit Unterstützung Polens gegen den D. O. den »Dreizehnjährigen Krieg« führte; dieser endete mit dem 2. Thorner Frieden (1466), in dem der Orden Pomerellen, das Culmer Land und Ermland sowie die Städte Danzig, Elbing und Marienburg dem poln. König überlassen und dessen Oberhoheit über das übrige preuß. Ordensland anerkennen musste. Schließlich verwandelte der letzte Hochmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach 1525 den preuß. Ordensstaat in ein prot. Herzogtum, für das er die poln. Lehnshoheit anerkannte.
In Livland suchte der Landmeister Wolter von Plettenberg (1494-1535) die Ordensherrschaft zu behaupten, drohte aber den russ. Angriffen zu erliegen; daher unterwarf sich 1561 Estland der schwed. und Livland der poln. Herrschaft, während Kurland 1561 als poln. Lehen ein prot. Herzogtum des letzten livländ. Ordensmeisters Gotthard Kettler wurde. - Der D. O. selbst war seitdem auf seine zerstreuten süd- und westdt. Besitzungen beschränkt; der Hauptsitz wurde Mergentheim, und dem Deutschmeister, der katholisch blieb, verlieh 1530 Kaiser Karl V. die Würde des Hochmeisters. 1809 ließ Napoleon I. den D. O. in den Rheinbundstaaten unterdrücken, was seine fakt. Auflösung bedeutete, sodass er in der Folge nur noch im Kaiserreich Österreich weiter bestand. (Deutschordensburgen, Deutschordensdichtung)
2) (Deutsch-Ordens-Priester), in Österreich der 1834 durch Franz I. als kath. Adelsgemeinschaft wieder belebte D. O. 1); erhielt 1839 neue Statuten; »Hoch- und Deutschmeister« war bis 1918 stets ein österr. Erzherzog (zuletzt Eugen). Der seit 1918 allein weiter bestehende priesterl. Zweig (von Papst Pius XI. in einen geistl. Orden umgewandelt) mit Sitz des Hochmeisters in Wien zählt zu den klerikalen Bettelorden; er erhielt 1929 eine neue Regel. Vom Nationalsozialismus unterdrückt, wurde er nach 1945 in Österreich und der Bundesrep. Dtl. wiederhergestellt (Arbeitsbereich: Seelsorge, Sozialhilfe, Mission). Die Deutschordensschwestern (Mutterhaus in Wien) sind in der Kranken- und Altenpflege tätig.
▣ Literatur:
Tumler, M.: Der D. O. Von seinem Ursprung bis zur Gegenwart. Bad Münstereifel 26.-33. Tsd. 51992.
⃟ Stadt u. Orden. Das Verhältnis des D. O. zu den Städten Livlands, Preußen u. im Deutschen Reich, hg. v. U. Arnold. Marburg 1993.
⃟ Boockmann, H.: Der D. O. Zwölf Kapitel aus seiner Geschichte. München 41994.