Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Danzig
Dạnzig,1) (poln. Gdańsk), Hafenstadt an der Ostsee, Hptst. der Wwschaft Pommern, Polen, an der Danziger Bucht, 462 800 Ew.; bildet mit Sopot (Zoppot) und Gdynia (Gdingen) eine Städteballung; Sitz vieler Behörden und kultureller Einrichtungen: Univ., TH u. a. Hochschulen, Medizin. Akademie, Forschungsinstitute, Bibliothek der Poln. Akademie der Wiss., Nationalmuseum, Oper, Philharmonie; kath. Bischofssitz; wichtige Ind. sind Maschinen-, Schiffbau, chem., elektrotechn., Nahrungsmittel-, Papier- und Textilind.; Erdölraffinerie. Die traditionsreiche Danziger Werft wurde 1997 geschlossen. Hafenbecken im Stadtteil Neufahrwasser an der Toten Weichsel und an der Ostsee (Nordhafen); Fährverbindungen nach Helsinki, Nynäshamn (südl. von Stockholm) und Lübeck-Travemünde; internat. Flughafen.- Der mittelalterl. Stadtkern auf dem linken Ufer der Mottlau, dicht oberhalb ihrer Mündung in die Tote Weichsel, besteht aus Recht-, Neu-, Alt- und Vorstadt; die Speicherinsel und die Niederstadt stammen aus dem 15.-17. Jh. 1945 wurden 95 % der Recht- und der Altstadt zerstört. Völlig ausgebrannt war die Oberpfarrkirche St. Marien (1343-1502), schwer zerstört wurden das alte rechtstädt. Rathaus, der Artushof (1476-81, Fassade 1616/17), der Lange Markt, das Krantor (1442-44) und die meisten der fast 40 Kirchen und Klöster, die Giebelhäuser (16.-18. Jh.) mit den »Beischlägen« und die Speicher. Im Kern der Rechtstadt wurde fast jedes Bauwerk mit historisch getreuen Fassaden wieder errichtet; der Artushof ist heute Kulturzentrum, das Krantor Schifffahrtsmuseum. Moderne Wohnviertel entstanden in Langfuhr und zw. Oliva und der Danziger Bucht.- D., 980 erstmals erwähnt, war zu dieser Zeit ein wichtiger Handelsplatz und Hauptort Pommerellens. Die neben der slaw. Siedlung entstandene dt. Marktsiedlung (seit etwa 1178) erhielt um 1240 lüb. Stadtrecht (1263 urkundl. Nachweis). 1308 kam D. in den Besitz des Dt. Ordens, der der Stadt 1343 Culmer Recht verlieh. Seit 1361 gehörte D. der Hanse an. Nach Unterstellung unter poln. Oberhoheit (1454/1457) erlangte D. weitgehende Privilegien. 1523-26 setzte sich in D. die Reformation durch, 1576/77 verteidigte es gegen den poln. König Stephan Báthory seine Vorrechte. Seit der 2. Poln. Teilung (1793) preußisch, war es 1816-24 und 1878-1919 Hptst. der Prov. Westpreußen; 1920 zur Freien Stadt D. erklärt (Danzig 2). 1939-45 Hptst. des dt. Reichsgaues D.-Westpreußen, kam 1945 unter poln. Verwaltung; seine Zugehörigkeit zu Polen wurde 1990 durch den Dt.-Poln. Grenzvertrag anerkannt.
Literatur:
Bogucka, M.: Das alte D. Alltagsleben vom 15.-17. Jh. A. d. Poln. Leipzig 21987.
Hewelt, H.: D., ein europ. Kulturdenkmal. Lübeck 1988.
Schleuning, H.: D., Gesch. einer Stadt im Spiegel ihrer Denkmäler. Bremen 1992.
2) (Freie Stadt D.), ehem. Freistaat an der Weichselmündung, 1 966 km2, (1938) 407 500 Ew. (95 % Deutsche).- Das Gebiet wurde im Versailler Vertrag (1919) trotz des Protests seiner dt. Bev. vom Dt. Reich getrennt, am 15. 11. 1920 als Freistaat errichtet und unter den Schutz des Völkerbunds gestellt, der einen Hochkommissar einsetzte. Oberste Reg.behörde war nach der Verf. vom 11. 8. 1920/14. 6. 1922 der Senat, der dem Parlament (Volkstag) verantwortlich war, oberster Staatsbeamter der Präs. des Senats. 1922 zoll- und wirtschaftspolitisch Polen angeschlossen; 1933 erlangten die Nationalsozialisten die Mehrheit im Volkstag. Mit dem dt. Angriff auf Polen am 1. 9. 1939 wurde D. dem Dt. Reich wieder eingegliedert.
Literatur:
Burckhardt, C. J.: Meine Danziger Mission. 1937-1939. München 31980.
Böttcher, H. V.: Die Freie Stadt D. Wege u. Umwege in die europ. Zukunft. Bonn 1995.
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