Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
christliche Philosophie
chrịstliche Philosophie[k-], Grundrichtung abendländ. Denkens, deren Gehalt durch die christl. Offenbarung und die Auseinandersetzung mit ihr geprägt ist. - Grundlage der c. P. zur Zeit des frühen Christentums waren Platonismus und Neuplatonismus. Ihren Höhepunkt erreichte diese Periode mit der bis ins MA., teils sogar bis in die Neuzeit fortwirkenden Philosophie des hl. Augustinus. In der Scholastik führte Thomas von Aquin in vollendeter Weise Glauben und Wissen zu einer Einheit zusammen: Während der Glaube das Heilswissen bewahrt und seine Quelle allein Gottes Offenbarung ist, bildet das Wesen der natürl. Dinge den eigentlichen Gegenstand der Philosophie. Darüber hinaus dient die Philosophie dazu, neue Einsichten in die Transzendenz Gottes, die Endlichkeit und Geschaffenheit der Welt und in die Bestimmung des Menschen als freier Person zu gewinnen. Nach der Reformation traten u. a. Verinnerlichungsbewegungen (B. Pascal) und Pietismus neben Weiterentwicklungen des scholast. Denkens (F. Suárez), im 19. Jh. erfolgte eine Neubesinnung auf die existenziellen Grundlagen des christl. Denkens (S. Kierkegaard) sowie eine Erneuerung des Thomismus (F. Brentano, J. Maritain, M. Grabmann). G. W. F. Hegels Geschichtsphilosophie wird häufig als säkularisierte Gestalt heilsgeschichtl. Eschatologie angesehen. Als weitgehend c. P. versteht sich auch die mitteleurop. Existenzphilosophie (G. Marcel), während einzelne Existenzphilosophen (J.-P. Sartre) im Gegensatz zu ihr stehen.
Literatur:
Böhner, Ph.u. Gilson, É.: Die Geschichte der christlichen Philosophie von ihren Anfängen bis Nikolaus von Cues. Paderborn 31954.
Kindt, K.: Vorschule christlicher Philosophie. Moers 1991.
Henrici, P.: Glauben - Denken - Leben. Köln 1993.
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