Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
chinesische Kunst
chinesische Kunst [ç-]. Frühzeit (ab etwa 5000 v. Chr.): Die Buntkeramik der Yangshaokultur (Höhepunkt in Gansu) weist in ihrem rhythm. Linienspiel bereits ein typ. Merkmal c. K. auf, ebenso originär ist die Schwarzkeramik mit Formen wie Dreifuß, spitz- und kugelförmigen Gefäßböden.
Die in NO-China vorkommende unbemalte, schwarze polierte Longshan-(Lungshan-)Keramik ist schon mit der Töpferscheibe gedreht.Shang-, später Yin-Zeit (etwa 16. Jh. bis 1050 v. Chr.): In die Epoche der ältesten histor. Dynastie fällt die erste Blüte einer hohen Kunst mit großartigen Bronzen (Kultgefäße). Das Hauptmotiv der von plast. (Tier-)Ornamentik geprägten Anyangbronzen ist eine die obere Kopfpartie eines Tierdämons darstellende Maske (Taotie; Tao-t'ieh).Zhou-(Chou-)Zeit (etwa 1050-249 v. Chr.) und Qin-(Ch'in-)Zeit (221-206 v. Chr.): Bronzegefäße (aus dem Tal des Huai He) zeigen eine verschlungene (Tier-)Ornamentik. Ebenfalls neu ist die Tauschierungstechnik. Erhalten sind profane Gebrauchsgegenstände einer hoch entwickelten Hofkultur (Spiegel, Jadeschmuck). In Anyang (Prov. Henan) gefundener weißer Scherben enthält bereits Kaolin. Neu zum Ende der Zhouzeit ist das Aufkommen von Glasuren, insbesondere einer dunkel- bis hellgrünen Bleiglasur auf Irdenware, sowie die Erfindung des Steinzeugs, des Protoporzellans. Bei Xi'an (Grabanlage des Kaisers Shi Huangdi [Shih Huang-ti], ✝ 210) werden seit 1974 Terrakottafiguren (bisher über 7 000 lebensgroße Skulpturen), eine ganze Armee, ausgegraben.Han-Zeit (206 v. Chr.-220 n. Chr.): Nach vereinzelten Beispielen einer figürl. Keramik mit Lacküberzug in Zhou-zeitl. Gräbern nehmen unter den Han die tönernen, glasierten Grabbeigaben einen breiten Raum ein. Den künstler. Höhepunkt bilden die Statuetten (Musikanten, Krieger und Pferde). Die glatten Oberflächen der Bronzen der Han-Zeit sind durch Tauschierungen belebt. Ein wichtiges Kapitel der Hankunst bilden die schönen Lackarbeiten, die, ebenso wie die Seidenmalerei, schon in der späten Zhouzeit gepflegt wurden. Die Vormachtstellung Chinas und den Einfluss seiner Zivilisation auf die Nachbargebiete bezeugen die archäolog. Funde (Lackgegenstände, Seidenstoffe) aus den Gräbern in Noin Ula (Mongolei) und Lolang (Nordkorea). Zu den bedeutendsten Grabfunden der früheren Westl. Han-Zeit zählen die Felsengräber in Mancheng (Hebei) mit zwei Totengewändern aus Jade. Im 1. Jh. n. Chr. waren Ziegelkammergräber weit verbreitet; sie wurden später auch mit Wandmalereien geschmückt.Die Jahrhunderte der Reichsspaltung (220-589): In den neu gegr. buddhist. Höhlenklöstern (Dunhuang, Longmen u. a.) entstanden zahllose Buddhaskulpturen sowie Wandmalereien. Die Malerei wurde neben Dichtung, Kalligraphie und Musik in den Rang einer der hohen Künste der Elite erhoben. Die Kalligraphie erfuhr im expressiven Stil des Wang Xizhi (Wang Hsi-chih) einen Höhepunkt.Tang-(T'ang-)Zeit (618-907): In der Tang-Zeit wurde China zu einem kosmopolit. Reich. Einflüsse fremder Kulturen zeigen die Gold- und Silberschmiedekunst; die Präsenz der Ausländer spiegelt sich auch in den keram. Grabfiguren. Grabwege und Grabkammern sind reich mit Wandmalereien ausgestattet. Sie vermitteln eine Anschauung von den größtenteils nur aus literar. Quellen und späteren Kopien bekannten Werken der Tangmeister (u. a. Wu Daozi [Wu Tao-tzu], Yan Liben [Yen Li-pen], Han Gan [Han Kan], Li Sixun [Li Ssu-hsün], Wang Wei). In der Tang-Zeit kam es auch zur vollen Entfaltung des Systems der Holzarchitektur, bei der das Gewicht der Konstruktion (bes. des geschwungenen Daches) auf vertikalen Stützen (nicht auf den dazwischenliegenden Wänden) ruht. Die älteste Form des Ziegelbaus ist demgegenüber die buddhist. Pagode, in der sich bodenständige chines. Elemente (Turm mit Studio [»Lou«]) und solche der ind. Stupa vermischt haben.Song-(Sung-) und Yuan-(Yüan-)Zeit (960-1368): In der Song-Zeit erlebte die Landschaftsmalerei eine Blüte; Ferne und Raumtiefe werden durch einen freien Raum zw. Vorder- und Hintergrund erzeugt (Luftperspektive). U. a. wirkten Li Cheng (Li Ch'eng), Fan Kuan (Fan K'uan) und Guo Xi (Kuo Hsi) im N, Dong Yuan (Tung Yüan) im S. Neben der S-Schule (kaiserl. Malakademie in Nanking; Blüte des »Eineckstils« im 12./13. Jh. mit seiner Konzentration des Gegenständlichen einer Landschaft in einer unteren Bildecke, u. a. Ma Yuan [Ma Yüan] und Xia Gui [Hsia Kuei]) formierte sich seit dem 10. Jh. die antiakadem. Literatenmalerei. Die monochrome Tuschmalerei beeinflusste die japan. Zen-Malerei. Die Keramik erlebte in der Song-Zeit einen Höhepunkt (Seladon). In der Yuan-Zeit gewann die Kalligraphie an Bedeutung.Ming- (1368-1644) und Qing-(Ch'ing-)Zeit (1644-1911/12): Die Tradition der Songzeit wurde weitergeführt (Landschaftsmalerei; Seladonware). Aus dem elfenbeinweißen Steinzeug der Tang und dem schon durchscheinenden Tingyao (T'ing-yao) der Song mit monochromer Glasur und reliefartig eingeschnittenem Dekor entwickelt sich das eigtl. Porzellan (Höhepunkt unter den Qing). Unter der Ming-Dynastie wurden zahlr. Bauten in tradierten Formen errichtet (Halle in Holzkonstruktion auf steinernem Sockel; das konkav geschwungene Dach auf Pfosten). Im monumentalen Steinbau sind die Balken- und Bogenbrücken von erstaunl. techn. Vollkommenheit und hoher ästhet. Wirkung. Im 17. und 18. Jh. erlebte der Farbholzschnitt eine Blüte.Moderne (seit 1911/12): In der Zeit der Rep. öffnete sich China westl. Kunstströmungen. Der wichtigste Impuls ging vom Naturstudium (Aktzeichnen, Pleinairmalerei) der europ. Malerei aus, das in der traditionellen chines. Malerei, in der das Studium alter Meister im Vordergrund gestanden hatte, niemals gepflegt worden war. Zum erklärten Ziel wurde die Verbindung traditioneller Malweisen und -techniken mit einer wirklichkeitsnahen Darstellung des Menschen und seiner Lebenswelt sowie das Studium von lebenden Tieren und Pflanzen und realen Landschaften. Auch die Holzschnittkunst gelangte im Zeichen des Realismus zu neuer Blüte. Die seit 1949 in der VR China einsetzende Bautätigkeit schloss sich dem internat. Stil an. Nach dem Ende der Kulturrevolution (1969), in der zahlr. Kunstwerke und Bauten zerstört wurden, setzten umfangreiche Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten ein; die Archäologie erlebte einen bed. Aufschwung.
▣ Literatur:
H. Brinker Kunstschätze aus China. 5000 v. Chr. bis 900 n. Chr. Neuere archäolog. Funde aus der Volksrepublik China. Katalog:u. R. Goepper. Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich u. a. Zürich 1980.
⃟ Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 20: Fontein, J. u. Hempel, R.: C., Korea, Japan. Mit Beiträgen v. Y. d'Argencé u. a. Sonderausg. Frankfurt am Main u. a. 1985.
⃟ Die unterird. Tonarmee des Kaisers Qin Shi Huang, bearb. v. T. Fu u. a. Peking 1985.
⃟ China-Avantgarde, hg. v. W. Pöhlmann, Ausst.-Kat. Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Heidelberg 1993.
⃟ Erdberg, E. von: Ancient Chinese bronzes. Terminology and iconology. Bad Wildungen 1993.
⃟ Eberhard, W.: Lexikon chines. Symbole. Die Bildsprache der Chinesen. München 41994.
⃟ Tregear, M.: C. K. A. d. Engl. München 1998.
Die in NO-China vorkommende unbemalte, schwarze polierte Longshan-(Lungshan-)Keramik ist schon mit der Töpferscheibe gedreht.Shang-, später Yin-Zeit (etwa 16. Jh. bis 1050 v. Chr.): In die Epoche der ältesten histor. Dynastie fällt die erste Blüte einer hohen Kunst mit großartigen Bronzen (Kultgefäße). Das Hauptmotiv der von plast. (Tier-)Ornamentik geprägten Anyangbronzen ist eine die obere Kopfpartie eines Tierdämons darstellende Maske (Taotie; Tao-t'ieh).Zhou-(Chou-)Zeit (etwa 1050-249 v. Chr.) und Qin-(Ch'in-)Zeit (221-206 v. Chr.): Bronzegefäße (aus dem Tal des Huai He) zeigen eine verschlungene (Tier-)Ornamentik. Ebenfalls neu ist die Tauschierungstechnik. Erhalten sind profane Gebrauchsgegenstände einer hoch entwickelten Hofkultur (Spiegel, Jadeschmuck). In Anyang (Prov. Henan) gefundener weißer Scherben enthält bereits Kaolin. Neu zum Ende der Zhouzeit ist das Aufkommen von Glasuren, insbesondere einer dunkel- bis hellgrünen Bleiglasur auf Irdenware, sowie die Erfindung des Steinzeugs, des Protoporzellans. Bei Xi'an (Grabanlage des Kaisers Shi Huangdi [Shih Huang-ti], ✝ 210) werden seit 1974 Terrakottafiguren (bisher über 7 000 lebensgroße Skulpturen), eine ganze Armee, ausgegraben.Han-Zeit (206 v. Chr.-220 n. Chr.): Nach vereinzelten Beispielen einer figürl. Keramik mit Lacküberzug in Zhou-zeitl. Gräbern nehmen unter den Han die tönernen, glasierten Grabbeigaben einen breiten Raum ein. Den künstler. Höhepunkt bilden die Statuetten (Musikanten, Krieger und Pferde). Die glatten Oberflächen der Bronzen der Han-Zeit sind durch Tauschierungen belebt. Ein wichtiges Kapitel der Hankunst bilden die schönen Lackarbeiten, die, ebenso wie die Seidenmalerei, schon in der späten Zhouzeit gepflegt wurden. Die Vormachtstellung Chinas und den Einfluss seiner Zivilisation auf die Nachbargebiete bezeugen die archäolog. Funde (Lackgegenstände, Seidenstoffe) aus den Gräbern in Noin Ula (Mongolei) und Lolang (Nordkorea). Zu den bedeutendsten Grabfunden der früheren Westl. Han-Zeit zählen die Felsengräber in Mancheng (Hebei) mit zwei Totengewändern aus Jade. Im 1. Jh. n. Chr. waren Ziegelkammergräber weit verbreitet; sie wurden später auch mit Wandmalereien geschmückt.Die Jahrhunderte der Reichsspaltung (220-589): In den neu gegr. buddhist. Höhlenklöstern (Dunhuang, Longmen u. a.) entstanden zahllose Buddhaskulpturen sowie Wandmalereien. Die Malerei wurde neben Dichtung, Kalligraphie und Musik in den Rang einer der hohen Künste der Elite erhoben. Die Kalligraphie erfuhr im expressiven Stil des Wang Xizhi (Wang Hsi-chih) einen Höhepunkt.Tang-(T'ang-)Zeit (618-907): In der Tang-Zeit wurde China zu einem kosmopolit. Reich. Einflüsse fremder Kulturen zeigen die Gold- und Silberschmiedekunst; die Präsenz der Ausländer spiegelt sich auch in den keram. Grabfiguren. Grabwege und Grabkammern sind reich mit Wandmalereien ausgestattet. Sie vermitteln eine Anschauung von den größtenteils nur aus literar. Quellen und späteren Kopien bekannten Werken der Tangmeister (u. a. Wu Daozi [Wu Tao-tzu], Yan Liben [Yen Li-pen], Han Gan [Han Kan], Li Sixun [Li Ssu-hsün], Wang Wei). In der Tang-Zeit kam es auch zur vollen Entfaltung des Systems der Holzarchitektur, bei der das Gewicht der Konstruktion (bes. des geschwungenen Daches) auf vertikalen Stützen (nicht auf den dazwischenliegenden Wänden) ruht. Die älteste Form des Ziegelbaus ist demgegenüber die buddhist. Pagode, in der sich bodenständige chines. Elemente (Turm mit Studio [»Lou«]) und solche der ind. Stupa vermischt haben.Song-(Sung-) und Yuan-(Yüan-)Zeit (960-1368): In der Song-Zeit erlebte die Landschaftsmalerei eine Blüte; Ferne und Raumtiefe werden durch einen freien Raum zw. Vorder- und Hintergrund erzeugt (Luftperspektive). U. a. wirkten Li Cheng (Li Ch'eng), Fan Kuan (Fan K'uan) und Guo Xi (Kuo Hsi) im N, Dong Yuan (Tung Yüan) im S. Neben der S-Schule (kaiserl. Malakademie in Nanking; Blüte des »Eineckstils« im 12./13. Jh. mit seiner Konzentration des Gegenständlichen einer Landschaft in einer unteren Bildecke, u. a. Ma Yuan [Ma Yüan] und Xia Gui [Hsia Kuei]) formierte sich seit dem 10. Jh. die antiakadem. Literatenmalerei. Die monochrome Tuschmalerei beeinflusste die japan. Zen-Malerei. Die Keramik erlebte in der Song-Zeit einen Höhepunkt (Seladon). In der Yuan-Zeit gewann die Kalligraphie an Bedeutung.Ming- (1368-1644) und Qing-(Ch'ing-)Zeit (1644-1911/12): Die Tradition der Songzeit wurde weitergeführt (Landschaftsmalerei; Seladonware). Aus dem elfenbeinweißen Steinzeug der Tang und dem schon durchscheinenden Tingyao (T'ing-yao) der Song mit monochromer Glasur und reliefartig eingeschnittenem Dekor entwickelt sich das eigtl. Porzellan (Höhepunkt unter den Qing). Unter der Ming-Dynastie wurden zahlr. Bauten in tradierten Formen errichtet (Halle in Holzkonstruktion auf steinernem Sockel; das konkav geschwungene Dach auf Pfosten). Im monumentalen Steinbau sind die Balken- und Bogenbrücken von erstaunl. techn. Vollkommenheit und hoher ästhet. Wirkung. Im 17. und 18. Jh. erlebte der Farbholzschnitt eine Blüte.Moderne (seit 1911/12): In der Zeit der Rep. öffnete sich China westl. Kunstströmungen. Der wichtigste Impuls ging vom Naturstudium (Aktzeichnen, Pleinairmalerei) der europ. Malerei aus, das in der traditionellen chines. Malerei, in der das Studium alter Meister im Vordergrund gestanden hatte, niemals gepflegt worden war. Zum erklärten Ziel wurde die Verbindung traditioneller Malweisen und -techniken mit einer wirklichkeitsnahen Darstellung des Menschen und seiner Lebenswelt sowie das Studium von lebenden Tieren und Pflanzen und realen Landschaften. Auch die Holzschnittkunst gelangte im Zeichen des Realismus zu neuer Blüte. Die seit 1949 in der VR China einsetzende Bautätigkeit schloss sich dem internat. Stil an. Nach dem Ende der Kulturrevolution (1969), in der zahlr. Kunstwerke und Bauten zerstört wurden, setzten umfangreiche Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten ein; die Archäologie erlebte einen bed. Aufschwung.
▣ Literatur:
H. Brinker Kunstschätze aus China. 5000 v. Chr. bis 900 n. Chr. Neuere archäolog. Funde aus der Volksrepublik China. Katalog:u. R. Goepper. Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich u. a. Zürich 1980.
⃟ Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 20: Fontein, J. u. Hempel, R.: C., Korea, Japan. Mit Beiträgen v. Y. d'Argencé u. a. Sonderausg. Frankfurt am Main u. a. 1985.
⃟ Die unterird. Tonarmee des Kaisers Qin Shi Huang, bearb. v. T. Fu u. a. Peking 1985.
⃟ China-Avantgarde, hg. v. W. Pöhlmann, Ausst.-Kat. Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Heidelberg 1993.
⃟ Erdberg, E. von: Ancient Chinese bronzes. Terminology and iconology. Bad Wildungen 1993.
⃟ Eberhard, W.: Lexikon chines. Symbole. Die Bildsprache der Chinesen. München 41994.
⃟ Tregear, M.: C. K. A. d. Engl. München 1998.