Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
China
I China[ç-] (Republik China), Inselstaat in O-Asien, Taiwan.
II China
Fläche: 9 600 000 km2
Einwohner: (1997) 1 213,1 Mio.
Hauptstadt: Peking
Verwaltungsgliederung: 22 Provinzen, 5 autonome Gebiete und 4 regierungsunmittelbare Städte
Amtssprache: Chinesisch
Nationalfeiertag: 1. 10.
Währung: 1 Renminbi ¥uan (RMB.¥) = 10 Jiao = 100 Fen
Zeitzone: MEZ +7 Std.
[ç-] (amtl. Volksrepublik C., chines. Zhonghua Renmin Gongheguo), Staat in O-Asien, grenzt im O an die Randmeere des Pazif. Ozeans (Gelbes Meer, Ostchines., Südchines. Meer), im NO an Nord-Korea und Russland, im N an die Mongolei und Russland, im NW an Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan, im W an Afghanistan (Wakhan), Pakistan und Indien, im S an Nepal, Bhutan, Indien, Birma, Laos und Vietnam. C. beansprucht die im Südchines. Meer gelegenen Paracel- und Spratlyinseln, an denen auch Vietnam, Taiwan, die Philippinen und andere südostasiat. Staaten Besitzrechte geltend machen, sowie die Pratasinseln und die Macclesfield-Bank.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1982 (1993 modifiziert) ist C. eine sozialist. VR mit Einparteiensystem. Staatsoberhaupt ist der Präs. (vom Nat. Volkskongress auf 5 Jahre gewählt), der im Wesentlichen repräsentative Aufgaben wahrnimmt. Oberstes Staats- und Legislativorgan ist der Nat. Volkskongress (rd. 3 000 Abg., für 5 Jahre von den Parlamenten der Provinzen, autonomen Gebiete und regierungsunmittelbaren Städte sowie von den Armeeeinheiten gewählt). Er ist zuständig für die Gesetzgebung (einschl. Staatshaushalt und Wirtschaftsplanung), die Ernennung des MinPräs. und des Staatsrates. Zw. den nur einmal jährlich stattfindenden Sitzungsperioden des Nat. Volkskongresses nimmt dessen Ständiger Ausschuss (155 Mitgl.) die gesetzgebenden Funktionen wahr. Exekutive und zentrales Verwaltungsorgan ist der Staatsrat (Reg., unter Vorsitz des MinPräs.), dessen Mitgl. vom Nat. Volkskongress ernannt werden und diesem verantwortlich sind. Als permanentes Arbeitsgremium der Reg. fungiert die Ständige Konferenz des Staatsrates. In den Provinzen und auf den nachgeordneten Verwaltungsebenen existieren lokale Volkskongresse als Volksvertretungsorgane und lokale Reg., deren Mitgl. formal von den Volkskongressen gewählt, de facto von den Komitees der Kommunistischen Partei (KPCh) bestimmt werden. - Die KPCh ist die einzige Partei von Bedeutung; ihre führende Rolle ist nach wie vor in der Verf. festgeschrieben. - Verwaltungsmäßig ist C. in 22 Provinzen, fünf autonome Gebiete und vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Schanghai, Tientsin, Chongqing) gegliedert.
Landesnatur: Das Kernland und Hauptsiedlungsgebiet liegt in O-Asien zw. Hinterindien und dem Gelben Meer; im W reicht der Gesamtstaat bis zum Pamir und Tienschan, im NO bis zum Amur. C. ist vorwiegend gebirgig; fast zwei Drittel der Gesamtfläche liegen höher als 1 000 m ü. M. Charakteristisch ist ein Abfall der Landoberfläche in mehreren Staffeln zur Küste hin. Im SW stellt das Hochland von Tibet zw. Kunlun und Qilian Shan im N und Himalaja im S mit einer mittleren Höhe von 4 000 m ü. M. die höchst gelegene Landmasse der Erde dar; nur im N ist zw. Kunlun, Altun und Nan Shan das wüstenartige Qaidambecken mit Höhen um 2 700 m eingesenkt. Die Gebirgsumrandung des Hochlandes hat Erhebungen von 7 000 bis 8 000 m (im Kunlun bis 7 723 m); der auf dem Hauptkamm des Himalaja gelegene Mount Everest erreicht 8 846 m. Im Bereich der nächstfolgenden Landstaffel schließen nördlich von Kunlun und Qilian Shan die abflusslosen Hochbecken und die Hochländer Zentralasiens an mit dem Tarimbecken (mit der Wüste Takla-Makan) und der Dsungarei, getrennt durch den Tienschan, in dessen östl. Ausläufern die Turfansenke (154 m u. M.) liegt, sowie dem Hochland der Inneren Mongolei. Nördlich des Qin Ling, der C. in Fortsetzung von Kunlun und Qilian Shan von W nach O als wichtigstes Scheidegebirge des Landes durchzieht, erstrecken sich die Lössbergländer der Prov. Shaanxi und Shanxi, südlich des Gebirges das Sichuanbecken (»Rotes Becken«) und das verkarstete Yunnan-Guizhou-Plateau. Östlich einer z. T. über 2 000 m aufsteigenden Landstufe, die sich vom O-Abfall des Großen Chingan im N über den Abbruch des Qin Ling bis zum O-Rand des Yunnan-Guizhou-Plateaus hinzieht, folgt die niedrigste Landstaffel. Sie umfasst die Bergländer im SO (im Nan Ling bis 1 922 m) sowie die ausgedehnten Tieflandgebiete Ostchinas - Nordöstl. Ebene, Große Ebene (größtenteils unter 50 m u. M.), zentralchines. Tiefebene (im Mittel 45-180 m) am Jangtsekiang - und die Küstenebene Süd-C.s. Die Küste Nord-C.s ist flach, die Süd-C.s bergig, buchten- und inselreich. Als größte Insel ist ihr im S Hainan vorgelagert.Flüsse: C. wird von zwei gewaltigen, aus Zentralasien kommenden Strömen durchquert, dem Hwangho im N und dem Jangtsekiang in Mittel-C. Hauptfluss des S ist der Xi Jiang. Die meisten chines. Flüsse zeigen große Wasserstandsschwankungen, die durch Stauseen und Dämme reguliert werden. Der W ist flussarm und abflusslos. - Klima: C. reicht von den heißfeuchten Randtropen im S (Hainan) bis in die gemäßigte Zone mit winterkaltem Klima. Es liegt im Gebiet der Monsunwinde und hat trotz südl. Lage starke jahreszeitl. Temperaturschwankungen (Monatsmittel zw. 15º und 28 ºC im S, —20º und 25 ºC im N). Frost und Schnee kommen selbst in Süd-C. noch vor. Hauptregenzeit ist der Frühsommer. Die stärksten Niederschläge fallen an der Küste, oft von Taifunen begleitet. - Vegetation: Wälder kommen wegen jahrhundertelangen Raubbaus im N, abgesehen von Nordost-C. (Mandschurei), nur noch selten vor; häufiger sind sie neben Buschland, Bambusgehölzen und Palmen in den Gebirgen des S und SW. Neuerdings werden Waldschutzstreifen angelegt und Ödland aufgeforstet. Zahlr. Kulturgewächse stammen aus C., z. B. Apfelsine, Mandarine, Maulbeerbaum und Lackbaum.
Bevölkerung: C. ist der bevölkerungsreichste Staat der Erde; über 90 % sind Chinesen (Han), daneben gibt es noch 55 nat. Minderheiten. Im SW finden sich Reste alter Gebirgsvölker, in den autonomen Gebieten Turkvölker (z. B. Uiguren), Mongolen, Tibeter u. a. Der jährl. Bevölkerungszuwachs beträgt derzeit 1,1 %, eine Familienplanung soll das Bevölkerungswachstum mindern. Die Bevölkerungsverteilung ist sehr ungleichmäßig; über 90 % der Bewohner leben im östl. C. auf rd. 60 % der Gesamtfläche. In den Ebenen des unteren und mittleren Jangtsekiang siedeln z. T. über 2 000 Ew. je km2, während riesige Gebiete im W weniger als 1 Ew. je km2 haben. In die städt. Küstenregionen wanderten seit Mitte der 1980er-Jahre rd. 80 Mio. Menschen aus den ländl. Gebieten, wodurch der Bevölkerungsdruck weiter verstärkt wurde. Stadtbevölkerung: rd. 30 % (1952: 22,5 %); mehr als 30 Städte (Schätzung) haben über 1 Mio. Ew. Die größten sind: Chongqing, Schanghai, Peking, Hongkong, Tientsin, Shenyang, Wuhan, Kanton, Chengdu, Harbin, Xi'an, Nanking, Zibo, Dalian, Jinan, Changchun, Tsingtau. Über 20 weitere Städte haben mehr als eine halbe Mio. Ew. - Nach dem Wiederaufbau des Schul- und Hochschulwesens ab 1978 folgte 1985 ein weiter gehender Reformplan für das Bildungswesen. Danach wurde die Schulpflicht von 6 auf 9 Jahre erweitert (keine Schulgeldfreiheit). Die Analphabetenquote bei Personen ab 15 Jahren sank seit der Gründung der VR von 90 auf 22 %. Im Hochschulbereich, in dem während der Kulturrevolution (1966-69) Prüfungen und Graduierungen abgeschafft waren, wird ein erhöhtes Ausbildungsniveau angestrebt (Verlängerung der Studienzeit auf 4-6 Jahre). Die 1949 abgeschafften Magister- und Doktorexamen wurden 1981 wieder eingeführt. Es bestehen über 1 000 Hochschuleinrichtungen, darunter über 40 allg. Univ., sowie spezialisierte Univ., FH und Institute. - Nach Schätzungen des Weltkirchenrates sind über 70 % der Bev. religionslos, 20 % bekennen sich zum Daoismus und den traditionellen chines. Volksreligionen, rd. 6 % zum Buddhismus. Daneben gibt es rd. 20 Mio. mehrheitlich sunnit. Muslime und 13-17 Mio. Christen. Der Buddhismus ist v. a. in NW- und NO-C. und in Tibet, der Islam in NW-C. verbreitet.
Wirtschaft, Verkehr: Seit Ausrufung der VR 1949 unterliegt das Wirtschaftssystem häufigen, z. T. tief greifenden Veränderungen; Ind., Handel und Banken wurden verstaatlicht, die Landwirtschaft und der restl. Dienstleistungssektor fast völlig kollektiviert. Ende 1978 setzte eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, u. a. im Bereich der Landwirtschaft und des Handels mit der Zulassung privatwirtsch. Initiativen, bei Unternehmen mit der Förderung der Eigenverantwortung, mit Gründung chinesisch-ausländ. Gemeinschaftsunternehmen, dem Aufbau exportorientierter Wirtschaftssonderzonen und mit der Öffnung von Küstenstädten für den Welthandel. Seit 1992 heißt das Ziel der Reform der Wirtschaftsordnung »sozialist. Marktwirtschaft«. An die Stelle der administrativen Zuteilung von Gütern sind weitgehend Märkte und Preise getreten; Ende 1994 wurden 90 % der Konsumgüter und 85 % der Investitionsgüter auf Märkten und zu Marktpreisen gehandelt. Die verdeckte Privatisierung ist am stärksten in der Landwirtschaft vorangeschritten (statt Kollektivbetrieben Pachtwirtschaft auf Familienbasis auf kollektiveigenem Boden); ein Teil der Produktion muss noch an staatl. Ankaufsstellen abgeliefert werden. Im städt. Industriesektor sind private und kollektive Unternehmen, auch mit Auslandskapital, tätig. Staatsbetriebe sollen durch die Einführung von Kapitalgesellschaften mit Trennung von Management- und Eigentumsrechten konkurrenzfähig werden. Eine klare Scheidung von privatem und staatl. Sektor ist nicht immer möglich.Die Landwirtschaft bildet die Grundlage der chines. Volkswirtschaft. Sie trägt rd. 20 % zum Bruttosozialprodukt bei und beschäftigt über 50 % der Erwerbstätigen. Infolge der natürl. Gegebenheiten sind nur rd. 40 % der Landfläche für die landwirtsch. Produktion geeignet. Die günstigsten Anbaugebiete sind die nordostchines. Tiefebene, die Große Ebene am Unterlauf des Hwangho, die Jangtsekiangebene und das Delta des Perlflusses im S. Neulanderschließung (Sinkiang, Innere Mongolei, Nordost-C.), Intensivierung der Landwirtschaft sowie Ausbau des Bewässerungssystems werden staatlich gefördert. Reformmaßnahmen wie der Ausbau des Eigenverantwortungssystems unter Einbeziehung marktwirtsch. Elemente führen seit Mitte der 80er-Jahre zu einem Anwachsen der landwirtsch. Produktion. Haupterzeugnisse: Reis (Anbau v. a. im SO), Weizen, Mais, Sojabohnen (im NO und N), Baumwolle (in den Hwangho- und Jangtsekiangniederungen und den sandigen Trockengebieten im W), Erdnüsse, Tabak, Tee, Zuckerrohr (im S und SO). In der Viehhaltung spielen Schweinezucht und Geflügelhaltung die Hauptrolle; Seidenraupenzucht. Die Forstwirtschaft bemüht sich v. a. um umfangreiche Wiederaufforstung; Anteil der Waldfläche: 13 %. Die Binnenfischerei dient der Selbstversorgung. - C. ist reich an mineral. Rohstoffen. Steinkohle (weltgrößter Produzent) deckt über 70 % des chines. Energiebedarfs, Erdöl fast 20 %, Wasserkraft fast 5 %, Erdgas 2 %. Der mit zunehmender Industrieentwicklung gestiegene Bedarf an Elektroenergie kann jedoch bereits seit Mitte der 70er-Jahre nicht mehr gedeckt werden; daraus resultierte auch der 1994 begonnene Bau des »Drei-Schluchten-Staudammes« am mittleren Jangtsekiang. Die unzureichende Energieversorgung wie auch Engpässe im Transportsystem stellen ein schwer wiegendes Hindernis für die Wirtschaftsentwicklung dar. Bed. Erdölvorkommen befinden sich u. a. auf dem Schelf sowie in den Prov. Shandong, Guangdong und in Nordost-C.; hier verläuft vom Erdölfeld Daqing eine 1 152 km lange Pipeline zum Exporthafen Qinhuangdao bzw. nach Peking. In der Prov. Sichuan liegen die wichtigsten Erdgaslagerstätten. Eisen-, Zinn- (20 % der gesamten Weltreserven), Wolfram-, Antimon- und Uranerzvorkommen sind bedeutend. Eine wichtige Devisenquelle ist die Förderung von Gold. Die Industrie erbringt 47 % des Bruttosozialproduktes und ist v. a. im O-Teil des Landes konzentriert. Parallel zum steigenden Ausstoß der Eisen- und Stahlindustrie erfolgt der Ausbau der Maschinen-, Fahrzeug-, elektrotechn. und elektron. Industrie. Erdölraffinerien und petrochem. Werke sind entstanden. Seit 1978 wird das traditionell gewachsene Ungleichgewicht zw. der Schwer- und Leichtindustrie ausgeglichen: Es kam zu einem starken Ausbau der Konsumgüterindustrie. Der wirtsch. und technolog. Austausch mit dem Ausland wird gefördert. Dazu trägt insbesondere der Aufbau von Wirtschaftssonderzonen (u. a. Shenzhan, Xiamen, Shantou, Insel Hainan) seit 1980 bei. Insgesamt haben sich in den letzten zehn Jahren bei über 20 000 Unternehmen ausländ. Firmen beteiligt. Der Fremdenverkehr hat nach Öffnung C.s gegenüber dem Ausland an Bedeutung gewonnen. Exportiert werden v. a. Erdöl, Zinn u. a. Bergbauprodukte, Textilien, pflanzl. und tier. Rohstoffe sowie, in wachsendem Maße, die Erzeugnisse der Sonderwirtschaftszonen. Importiert werden Maschinen, Fabrikanlagen, Rohstoffe (Pflanzenfasern, Naturkautschuk, Nichteisenmetalle), Eisen und Stahl, Nahrungsmittel und Kunstdünger. Wichtigste Handelspartner sind Japan, die USA, Süd-Korea, Taiwan und Deutschland.Die ungenügende Verkehrsinfrastruktur behindert den Wirtschaftsaufschwung. Im O des Landes ist das Streckennetz der Eisenbahn relativ dicht, der W mit seinen Rohstoffreserven ist jedoch kaum erschlossen. Das Eisenbahnnetz (50 000 km, davon sind 16 % elektrifiziert) wird ebenso wie das Straßennetz ständig erweitert. Von 1,2 Mio. km Straßen besitzen etwa vier Fünftel eine feste Decke. Zunehmende Bedeutung erlangt die Verkehrserschließung der Sonderwirtschaftszonen, Hafenstädte und unterentwickelten ländl. Regionen. Während die Fluss- und Küstenschifffahrt schon frühzeitig modernisiert wurde, erzwang erst der erhöhte Einfuhrbedarf an Getreide Ende der 50er-Jahre den Aufbau einer Hochseeflotte. Hauptflughäfen: Peking, Hongkong, Schanghai, Kanton. Die Monopolstellung der nat. Fluggesellschaft »Civil Aviation Administration of China« (CAAC) ist seit 1985 durch die Gründung neuer Luftverkehrsunternehmen aufgehoben.
Geschichte: Archäolog. Grabungen bei Zhoukoudian (heute zu Peking) brachten neben Steinwerkzeugen auch menschl. Skelettreste (Sinanthropus pekinensis, »Pekingmensch«) eines Homo erectus aus dem mittleren Pleistozän (ca. 500 000 v. Chr.) zutage. Das Zentrum der vollneolith. Yangshaokultur (6.-4. Jt.) lag im Flussgebiet des Hwangho (rotgrundige Tongefäße mit schwarzer Bemalung). Für die nachfolgende Longshan-(Lungshan-)Kultur (3. Jt. und Anfang des 2. Jt.; benannt nach Longshan am Unterlauf des Hwangho) sind Reisanbau und befestigte Siedlungen nachweisbar. Nach chines. Tradition ist die Zivilisation des Landes eine Schöpfung von weisen Urkaisern (myth. Kaiser), als deren wichtigster Huangdi (Huang-ti, »Gelber Kaiser«) überliefert wurde. Die legendäre (archäologisch nicht bezeugte) Xia-(Hsia-)Dynastie (2205-1766 v. Chr.) soll von dem Großen Yu (Yü) begründet worden sein.Shang-Dynastie (etwa 16. Jh. bis etwa 1050 v. Chr.; später auch Yin-Dynastie gen.): Das Herrschaftsgebiet beschränkte sich auf Mittel-C.; eine feste Residenz gab es nicht. Die ersten schriftl. Zeugnisse sind die sog. Orakeltexte auf Schildkrötenschalen oder Knochen. Bekannt waren Bronzeguss und Streitwagen; es existierten wallgeschützte Städte und eine Kalenderrechnung. Höchste Gottheit war der Shangdi (Shang-ti), der Ahnengeist der Herrscherfamilie, an deren Hof die Priester eine bedeutende polit. Rolle spielten.Zhou-(Chou-)Dynastie (etwa 1050-249 v. Chr.): Im Tal des Wei He bildete sich eine Föderation der Sippengemeinschaft der Zhou, die im 11. Jh. v. Chr. die damalige Hauptstadt Yin eroberte und zerstörte. Die neue Dynastie organisierte sich in Form eines Lehnsstaates. 771 wurden die Zhou aus dem westl. Stammland in den O vertrieben (daher Einteilung in eine Westl. - vor 771 - und eine Östl. Zhou-Zeit - danach). Nach den Quellen teilt man die gesamte Epoche der Zhou auch ein in die Frühe Zhouzeit (11. Jh. bis 722), in die Periode von 722 bis 481, die von der dem Konfuzius zugeschriebenen Chronik »Frühling und Herbst« umspannt wird, und in die Zeit der »Streitenden Reiche« (481 bis 221 v. Chr.), an deren Ende der Einheitsstaat der Qin aus den Kämpfen der Lehnsherren hervorging. Die Zerfallsphase der Zhou-Dynastie brachte eine Hochblüte des Geisteslebens hervor (Konfuzius, Laozi [Lao-tse], Zhuangzi [Chuangtzu]).Qin-(Ch'in-)Dynastie (221-206 v. Chr.): Die Qin setzten sich seit 249 v. a. aufgrund einer Reihe von Reformen (freie Verkäuflichkeit von Grund und Boden, zentralisierte und militarisierte Staatsführung, Erlass von Gesetzen) durch. König Zheng (Cheng) von Qin nahm 221 den Titel Huangdi (Huang-ti), von nun an die Selbstbezeichnung der Zentralherrscher von China, an und nannte sich Qin Shi Huangdi (Ch'in Shih Huang-ti). Sein Grab, eine riesige Anlage mit Tausenden von Tonplastiken (Nachbildung seines Hofstaates), entdeckte man 1974 bei Xi'an. In dem geeinten Staatsgebiet wurde die Vereinheitlichung der Maße, der Währung und der Schrift durchgesetzt. Die Opposition der Konfuzianer und Vertreter der untergegangenen feudalist. Gesellschaftsordnung wurde durch die Bücherverbrennung von 213 u. a. Zwangsmaßnahmen unterdrückt. Feldzüge nach N (Ordosgebiet) und nach S führten zu einer vorübergehenden Erweiterung des Reiches bis in die Gegend des heutigen Kanton. Nach dem Tode Shi Huangdis (210) kam es zu Bauernaufständen, die mit dem Sturz der Dynastie endeten (206).Han-Dynastie (202 v. Chr.-220 n. Chr.): Unter ihrem Gründer Liu Bang (Liu Pang), einem aus dem Volk aufgestiegenen Heerführer, entstand zunächst eine Art Mischstaat aus Feudaldomänen und staatl. Verwaltungsgebieten, später ein Beamtenstaat mit einer neuen Schicht von Großgrundbesitzern. Eine wichtige kulturelle Errungenschaft war die Erfindung des Papiers durch Cai Lun (Ts'ai Lün, * um 50, ✝ 114). Unter Kaiser Wudi (Wu-ti, 141-87) erfuhr C. seine bislang größte Ausdehnung. Kriege gegen die Xiongnu endeten mit deren Niederlage. Nach mehreren Volkserhebungen (Bauernaufstand der »Roten Augenbrauen« 17-27, religiöser Aufstand der »Gelben Turbane« 184) ging die Macht an Heerführer über, die den Staat schließlich aufteilten.Spaltung des Reiches (Zeit der Drei Reiche): Das Reich löste sich in drei Staaten auf: Wei (220-265), Shu (221-263) und Wu (222-280). Der N und NW gingen durch den Einbruch von Fremdvölkern verloren. Die Jin-(Chin-)Dynastie (265-420) einte das Reich vorübergehend. Während der nun folgenden Spaltung (südl. und nördl. Dynastien; bis 589) wurde der Buddhismus unter Zurückdrängung des einheim. Konfuzianismus und Daoismus zur führenden Religion.Sui-Dynastie (581/89-618) und Tang-(T'ang-)Dynastie (618 bis 907): Nach der kurzlebigen Sui-Dynastie, in deren Verlauf die Reorganisation der Verwaltung und der Wiederaufbau des Landes in Angriff genommen wurden (u. a. Ausbau des Kaiserkanals), entstand mit der von Li Yuan (Li Yüan, kanonisiert als Gaozu [Kao-tsu]) begr. Tang-Dynastie eine von konfuzian. Beamten geführte Zentral- und Lokalverwaltung, die bis 1911 bestehen blieb. Die höf. Kultur des Reiches erlebte ihren Höhepunkt und wirkte bis nach Japan als Vorbild. Über die Seidenstraße strömten aus den »Westlanden« Ausländer mit ihren exot. Waren nach China, das dafür neben dem Hauptexportartikel Seide nun auch Protoporzellan ausführte. Fremde Religionen wie der Manichäismus, der Zoroastrismus, der Islam und das nestorian. Christentum fassten erstmals Fuß in C. Der Volksaufstand des Huang Chao (Huang Ch'ao, ✝ 884), der den in die Flucht getriebenen Hof der letzten Machtmittel beraubte und illegale Abenteurer und Bandenhäuptlinge in die verwaisten Gouverneursämter hob, bedeutete das Ende der Tang-Dynastie. Es folgte die Zeit der »5 Dynastien« (Wudai [Wu-tai]; 907-960).Song-(Sung-)Dynastie (960-1279): Die Song-Dynastie musste den chines. Raum mit anderen Staaten teilen, von denen der Kitanstaat der Liao (907-1125) der bedeutendste war, bis er von dem Dschurdschenstaat der Jin (Chin; 1115-1234) abgelöst wurde. - Unter der Song-Dynastie erfuhr die Bildung durch die Schaffung öffentl. und privater Schulen, aber auch die Erfindung des Blockdrucks eine bis dahin nicht gekannte Verbreitung.Yuan-(Yüan-)Dynastie (1271/79-1368): Mit dem Einfall der Mongolen, bes. unter Kubilai (als chines. Kaiser Shizu [Shih-tsu], 1279-94), wurde C. Bestandteil des mongol. Weltreiches. Die Gefahr der Vernichtung der chines. Kultur wurde erst beseitigt, als sich der letzte Yuankaiser - durch Volksaufstände gezwungen - in die Mongolei zurückzog. Während der Yuan-Dynastie erhielt Europa erstmals direkte Kunde von C. (u. a. durch die Asienreise des venezian. Kaufmanns Marco Polo, 1271-95).Ming-Dynastie (1368-1644): Unter ihrem Gründungskaiser Taizu (T'ai-tsu, 1368-98), der die Machtstellung der Zentral- und Provinzialbehörden reduzierte und sich die Ministerien unterstellte, begann die Zeit der absoluten Monarchie in C. Übersee-Expeditionen des Eunuchen Cheng He (Ch'eng Ho) führten bis nach Ostafrika. Europäer gelangten an den Kaiserhof (Matteo Ricci) und verbreiteten die Kenntnis des Christentums und der abendländ. Wissenschaften.Qing-(Ch'ing-)Dynastie (1644-1911/12): Heereseinheiten versch. Teilstämme der Mandschuren, eines halbnomad. Volkes und Nachfahren der Dschurdschen, gelang es durch Zusammenschluss unter Nurhachi (* 1559, ✝ 1626), chines. Gebiete nördlich und nordöstlich der Großen Mauer zu erobern. Gleichzeitig wurde das Reich im Innern durch Aufstände der von Li Zicheng (Li Tzu-ch'eng) geführten Bauernarmeen erschüttert. Der letzte Mingkaiser beging Selbstmord. Durch den Verrat des Minggenerals Wu Sangui (Wu San-kuei, * 1612, ✝ 1678), der mit seinen Truppen zur Qingarmee überlief, kam es im Mai 1644 zum Einmarsch der Mandschu in die Hauptstadt Peking und zur Errichtung der Mandschu-Dynastie. Bis zum Ende des Kaiserreiches im Jahre 1911 stand C. damit unter einer Fremdherrschaft. In die Regierungszeit von Shengzu (Sheng-tsu, Herrschername Kangxi [K'ang Hsi], 1661-1722) fiel der Vertrag von Nertschinsk (1689), der erste Vertrag mit einem europ. Staat (Regelung des chinesisch-russ. Grenzverlaufs). Die Annexion Tibets wurde abgeschlossen. Unter Kaiser Gaozong (Kao-tsung, 1735-96) oder Qianlong (Ch'ien-lung) wurden Birma und Annam 1788 bzw. 1789 tributpflichtig. Das Reich erfuhr die größte territoriale Ausdehnung seiner Geschichte. Seit den 30er-Jahren des 19. Jh. verstärkten die westl. Mächte ihre militärisch-wirtschaftl. Intervention in C. Nach der chines. Niederlage im Opiumkrieg (1839-42) gegen Großbritannien wurde 1842 zu Nanking der erste der Ungleichen Verträge abgeschlossen: u. a. Abtretung Hongkongs an Großbritannien, Öffnung von fünf Vertragshäfen (darunter Schanghai). Im Verlauf neuer krieger. Auseinandersetzungen (sog. Lorchakrieg 1856-60) drang eine britisch-frz. Flotte nach N vor; Truppen marschierten in Peking ein (1860 Plünderung und Zerstörung des Sommerpalastes). Die Verträge von Tientsin (1858) und Peking (1860) zwangen den Chinesen weitere Zugeständnisse ab: u. a. die Errichtung ausländ. Gesandtschaften in Peking, Öffnung weiterer Häfen, Handelsfreiheit für brit. Kaufleute. Ähnl. Konzessionen wurden auch Frankreich, Russland und den USA eingeräumt. An Russland verlor C. bis 1860 die Gebiete nördlich des Amur und östlich des Ussuri. Seit Mitte des 19. Jh. erschütterten das Reich auch schwere innenpolit. Unruhen. Der von Hong Xiuquan (Hung Hsiu-ch'üan) geführte Taipingaufstand (1851-64) der Anhänger einer religiös-sozialrevolutionären Bewegung verheerte große Teile S-Chinas, ruinierte die Staatsfinanzen und konnte erst mithilfe ausländ. Truppen endgültig niedergeschlagen werden. Im 1. chinesisch-japan. Krieg von 1894/95 unterlag C., musste im Friedensvertrag von Shimonoseki (1895) die Unabhängigkeit Koreas anerkennen und trat Taiwan sowie die Pescadores an Japan ab. 1898 wurde unter Kang Youwei (K'ang Yuwei) eine Reformbewegung zur gesellschaftl. Modernisierung nach dem Vorbild Japans ins Leben gerufen, die jedoch am Widerstand der konservativen Partei unter Führung der Kaiserinwitwe Cixi (Tz'u-hsi) und der Intervention des Truppenführers Yuan Shikai (Yüan Shih-k'ai) scheiterte. Als die 1899 ausgebrochene fremdenfeindl. Boxerbewegung (Boxer) die Interessen der ausländ. Mächte gefährdete, wurde Peking im Herbst 1900 von einem gemeinsamen Expeditionsheer der Westmächte (darunter auch Dtl.) und Japan besetzt. Den zu Beginn des 20. Jh. schließlich doch noch eingeleiteten Reformvorhaben (u. a. Abschaffung der konfuzian. Staatsprüfungen für Beamte, Pläne zur Schaffung eines Parlaments nach europ. Muster) kam die revolutionäre Bewegung unter Sun Yatsen (Sun Yat-sen,* 1866, ✝ 1925) zuvor. Aufstände und die Bildung einer Reg. in Nanking (1. Präs. war Sun Yatsen) führten 1912 zur Abdankung der Qing-Dynastie (letzter chines. Kaiser: Pu Yi [P'u-I]) und zur Gründung der Republik.Republik China (1912-49): Die 1912 von Sun Yatsen gegr. Nationalpartei (Kuomintang [Guomindang]) konnte sich zunächst nicht gegen das Militärregime Yuan Shikais behaupten. Nach Yuan Shikais vergebl. Versuch, eine neue Dynastie in China zu gründen (1915), herrschte in C. bis 1927 Bürgerkrieg zw. regionalen Militärmachthabern (»Warlords«). Seit Mitte der 1920er-Jahre polarisierten sich die innenpolit. Kräfte in der Auseinandersetzung zw. der Kommunist. Partei (gegr. in Schanghai, 1. Parteitag am 20. 7. 1921) und den nun von Chiang Kai-shek geführten Nationalisten (Kuomintang). Feldzüge Chiang Kai-sheks gegen kommunist. Stützpunktgebiete in Jiangxi zwangen die chines. Rote Armee auf den Langen Marsch (Okt. 1934 bis Okt. 1935). In dieser Zeit setzte sich Mao Zedong (Mao Tse-tung) als Führer der KP durch, deren zentraler Stützpunkt Yan'an in der Prov. Shaanxi wurde. Schon 1931 besetzte Japan die Mandschurei, rief 1932 den unter seinem Protektorat stehenden Staat »Mandschukuo« aus und proklamierte ihn 1934 zum Kaiserreich unter dem letzten Qingkaiser Pu Yi. Die während des 2. chinesisch-japan. Krieges (1937 ff.), der seit 1939 mit dem Zweiten Weltkrieg verschmolz, gebildete Einheitsfront der Kommunisten und Nationalisten zerbrach endgültig im Aug. 1945 nach der bedingungslosen Kapitulation Japans; erneut brach ein Bürgerkrieg aus (bis 1949), in dem die kommunist. Truppen das gesamte Festland eroberten. Chiang Kai-shek musste nach Taiwan fliehen.Volksrepublik China (seit 1949): Am 1. 10. 1949 verkündete Mao Zedong (der als Präsident des Zentralrats der Volksregierung an die Spitze des Staates trat) die Gründung der VR C., die 1950 Tibet besetzte. Gemäß der spezif. Deutung des Marxismus-Leninismus durch Mao Zedong (Maoismus) leitete die Partei- und Staatsführung eine radikale Umgestaltung von Staat und Gesellschaft ein. Die zw. 1950 und 1953 durchgeführte Verteilung von Grund und Boden an die Bauern war Vorstufe zu der 1953-57 betriebenen Kollektivierungspolitik, die ihren Höhepunkt in dem 1958 angestrebten »Großen Sprung« nach vorn und der Bildung von Volkskommunen fand. Die hierdurch ausgelösten Schwierigkeiten (v. a. wirtschaftl., verbunden mit einer schweren Hungersnot mit Mio. von Toten, sog. »drei bittere Jahre« 1960-62) erzwangen die erste Revision des von Mao Zedong vertretenen Leitprogramms der Mobilisierung der Massen zugunsten einer dem sowjet. Entwicklungsmodell verpflichteten Politik, deren führende Vertreter Liu Shaoqi (Liu Shao-ch'i) und Deng Xiaoping (Teng Hsiao-p'ing) wurden. Dies führte in der Partei zu sich verschärfenden Macht- und Richtungskämpfen; sie mündeten in die Kulturrevolution (1966-69), in der Mao Zedong v. a. mithilfe der »Roten Garden« gegen seine Opponenten im Partei- und Staatsapparat vorging (blutige Terror- und Säuberungswelle), die maoist. Linie radikal durchsetzte und schließlich durch die Armee wieder die öffentl. Ordnung herstellen ließ. Das Bündnis mit der Sowjetunion, die C. seit 1950 beim Aufbau des Landes unterstützt hatte, zerbrach (offene Feindschaft seit dem militär. Zwischenfall am Ussuri 1969); die von Zhou Enlai (Chou En-lai) geführte Außenpolitik zielte auf die Herstellung von Beziehungen zum Westen (Aufnahme in die UN und deren Sicherheitsrat 1971, Besuch R. Nixons 1972, diplomat. Anerkennung durch die USA 1979). Auf den Tod Mao Zedongs am 9. 9. 1976 folgte die Ausschaltung der sog. Viererbande, der radikalen Fraktion um Maos Witwe Jiang Qing (Chiang Ch'ing). Mit Unterstützung der Armee übernahm Hua Guofeng (Hua Kuo-feng) die Nachfolge Mao Zedongs als Vors. des ZK der KPCh. Den Sieg der »Pragmatisten« über die »Ideologen« markierte 1977 die Rehabilitierung Deng Xiaopings (der 1967 als GenSekr. der KP entmachtet worden war); er drängte in der Folgezeit als maßgebl. Persönlichkeit der Partei den Nachfolger Mao Zedongs als Parteivorsitzenden und Zhou Enlais als MinPräs., Hua Guofeng, aus der Macht. 1980 verlor Hua Guofeng den Posten des MinPräs. an Zhao Ziyang (Chao Tse-jang), 1981 den Parteivorsitz an Hu Yaobang (Hu Yao-pang). Die 1978 unter maßgebl. Einfluss Deng Xiaopings eingeleitete Politik wirtsch. Reformen und der Öffnung nach außen war nicht von einer umfassenden polit. Reform begleitet. Die anvisierte Modernisierung C.s (»Sozialismus chines. Prägung«) orientierte sich an den parteidoktrinären Auffassungen von der führenden Rolle der KPCh, der Diktatur des Proletariats und dem Primat des Marxismus-Leninismus. Die Partei wandte sich wiederholt energisch gegen jegl. »bürgerl. Liberalisierung«. Die Wirtschaftspolitik war geprägt von einer deutl. Herabsetzung des Kollektivierungsniveaus in der Landwirtschaft (u. a. Auflösung der Volkskommunen), Bemühungen um eine breite Einführung von Herstellungsverfahren aus dem Westen und der vorsichtigen Zulassung kleinerer privatwirtsch. Initiativen. Widerstände in der KPCh gegen die Reformpolitik beantwortete die Führung zw. 1983 und 1986 mit einer Säuberung der Partei von »radikalen« Mitgl. Zu den restriktiven Maßnahmen des Reformkurses zählten die Streichung des Streikrechts aus der Verf. (1982) und die administrativ verordnete Ein-Kind-Ehe zur Eindämmung des starken Bevölkerungszuwachses. Deng Xiaoping zog sich nach und nach aus seinen Partei- und Staatsämtern zurück, er behielt lediglich das einflussreiche Amt des Vors. der staatl. Militärkommission (bis 1989). 1988 wurde Yang Shangkun (Yang Shang-K'un) Staatsoberhaupt. Außenpolitisch kam es zu schweren Spannungen mit dem Ende 1978 in Kambodscha einmarschierten Vietnam, mit dem C. 1979 zur Unterstützung der Roten Khmer einen Grenzkrieg führte. Gegenüber der Sowjetunion betrieb C. seit Beginn der 1980er-Jahre eine vorsichtige Entspannungspolitik (1989 erstes sowjetisch-chines. Gipfeltreffen seit 30 Jahren). Mit Großbritannien einigte man sich 1984 über den zukünftigen Status der brit. Kronkolonie Hongkong nach Ablauf der Pachtfrist 1997. Am 3./4. 6. 1989 wurden Massendemonstrationen in Peking (»Platz des Himml. Friedens«) für mehr Freiheit und Demokratie, die im April 1989 von Studenten ausgelöst worden waren, von der Armee blutig unterdrückt. Parteichef Zhao Ziyang (Chao Tzu-yang), der gegen die Militäraktion aufgetreten war, wurde durch den konservativen Führungskern um MinPräs. Li Peng (Li P'eng) entmachtet; er verlor sein Amt als Gen.-Sekr. der KPCh an Jiang Zemin (Chiang Tse-min), der 1993 auch die Funktion des Staatsoberhaupts übernahm (1998 im Amt bestätigt). Nach einer Phase innenpolit. Restauration (Verfolgung der Exponenten der Demokratiebewegung, Wiederaufleben maoist. Erziehungskampagnen, Politik der »Sparsamkeit und Regulierung« seit 1989) leitete Deng Xiaoping 1992 eine Kampagne zur Weiterführung der Wirtschaftsreform ein. Im Nov. 1993 verabschiedete das ZK der KP ein »Reformprogramm zum Aufbau einer sozialist. Marktwirtschaft« (z. B. Globalsteuerung des Wirtschaftsprozesses statt direkter staatl. Eingriffe, Entlohnung nach Leistung, Reform u. a. von Bankwesen, Finanzen und Steuern). Mit der Ernennung (1998) von dessen Leiter, Zhu Rongji (Chu Jung-chi), zum MinPräs. unterstrichen Staats- und Parteiführung die Dringlichkeit der Reformen. Der weiteren Sicherung des Herrschaftsmonopols der KP dienten in den 1990er-Jahren das unvermindert repressive Vorgehen gegen Oppositionelle und Dissidenten einerseits und der Kampf gegen Kriminalität, Wirtschaftsverbrechen sowie Korruption (bis hinein in die eigenen Parteireihen) andererseits. Wiederholte Unruhen in Tibet seit 1987 und Sinkiang (Uiguren) seit den 90er-Jahren offenbarten die Konflikte in der Politik gegenüber nat. Minderheiten. Im Gefolge der allg. ökonom. Depression in Asien sah sich auch C. 1998/99 mit einer schweren Wirtschaftskrise konfrontiert.Seine außenpolit. Isolierung seit 1989 suchte C. durch ein verstärktes diplomat. Engagement, v. a. im asiat. Raum, zu überwinden; es normalisierte 1991 seine Beziehungen zu Vietnam, 1992 zu Südkorea und setzte sich für eine Lösung des Kambodschakonflikts ein. Zahlr. Vereinbarungen mit Russland in den 1990er-Jahren (u. a. auch Regelung der Grenzfragen) dienten der Begründung einer »strateg. Partnerschaft«. Unterird. Atomwaffenversuche (1994/95) lösten in der Weltöffentlichkeit Proteste aus. Mit militär. Manövern und Raketentests unterstrich C. im Rahmen seiner »Ein-China-Politik« auf militante Weise 1995 die von ihm beanspruchte Zugehörigkeit Taiwans zum Staatsgebiet C.s. Am 1. 7. 1997 wurde Hongkong unter Gewährung von Sonderbedingungen in die VR C. eingegliedert; ein Abkommen mit Portugal von 1987 legte die Rückgabe Macaos an China im Jahr 1999 fest.
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