Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
byzantinische Kultur
byzantinische Kultur,die Kultur des Byzantin. Reiches. Ihre Schwerpunkte lagen v. a. in Byzanz (Konstantinopel), Saloniki, bis ins 7. Jh. auch in Alexandria, Antiochia und Ravenna. Die Träger der Hochkultur waren bes. der Hof und der Adel in Konstantinopel, in der kulturell immer mehr verkümmernden Prov. die Beamten, Bischöfe und Mönche. Gestalter der b. K. waren v. a. die Griechen, im 10./11. Jh. auch die Armenier. Das Griechische war Reichs- und Verkehrssprache.
Der Kaiser (Basileus) war Mittelpunkt des Staates und galt als der »gottgewollte« Stellvertreter Christi und zugleich als Auserwählter des Volkes. Dies gab der b. K. eine starke Einheitlichkeit. Die aus der Antike übernommene Eingliederung der Priesterschaft in den Staat ersparte der oström. Autokratie den Kampf um die Gewaltenteilung. Kennzeichnend für höf. Zeremoniell und kirchl. Liturgie war die Durchdringung römisch-oriental. Traditionen mit christl. Geist.
Das Religiöse beherrschte in stark grüblerisch-myst. Prägung entscheidend alle Kulturgebiete. Grundlage der Kultur war die Überzeugung, dass mit der Offenbarung der gottgewollte menschl. Fortschritt abgeschlossen und das griech. Volk zum Hüter der Kulturüberlieferungen wie der Offenbarung gegenüber den »Barbaren« bestellt sei. Dieses starre Kulturbewusstsein verhinderte die Entwicklung einer selbstständigen Philosophie und eine Erweiterung des Formenschatzes in Schrifttum und Kunst, wenn auch immer wieder geistige Strömungen zu Umgestaltungen gedrängt haben, z. B. der Bilderstreit (Bilderverehrung), der Platonismus des 11. Jh., die versch. »Renaissancen« in Literatur und Kunst sowie der Humanismus des ausgehenden 12. Jahrhunderts.
Besondere Leistungen der b. K. sind: Schöpfung und Pflege eines einheitl. Staatsgedankens, Ausbildung eines philosophisch durchdachten christl. Lehrgebäudes (Johannes von Damaskus), eine kunstvolle Geschichtsschreibung, eine volkstüml. Epik (Helden-, Tierepos), eine fein ausgebildete Redekunst (Staatsreden, Privatbrief als schriftsteller. Kunstwerk), die Ausbildung einer formenschönen Schrift (Minuskel), die ununterbrochene Pflege gelehrter Bildung durch Schulen (Hochschulen in Konstantinopel), Aufbau einer öffentl. Fürsorge durch planmäßige Förderung der damit betrauten Klöster, ein blühendes Kunstleben (byzantinische Kunst), Ausbau und Pflege des röm. Rechts (Corpus Iuris Civilis) und Entwicklung einer überlegenen Kriegstaktik.
In Byzanz wurden Philosophie, Wissenschaft und Literatur der hellenist. Welt bewahrt und durch Anregungen aus dem Orient, von den slaw. Völkern, v. a. aber durch das Christentum zu jener einheitl. Kultur entwickelt, die für ein Jt. vorbildhaft in der Alten Welt war und die bis heute in der Ostkirche weiterwirkt.
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