Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bundeswehr
Bundeswehr,die Streitkräfte der Bundesrep. Dtl. Die B. hat den Auftrag, Dtl. und seine Verbündeten zu verteidigen, Dtl. und seine Staatsbürger gegen polit. Erpressung und äußere Gefahr zu schützen, bei Katastrophen zu helfen, aus Notlagen zu retten und bei humanitären Aktionen zu unterstützen, die militär. Stabilität und die Integration Europas zu fördern sowie dem Weltfrieden und der internat. Sicherheit im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen zu dienen.Nach heftigen innenpolit. Auseinandersetzungen (deutsche Geschichte) wurde im Rahmen der Pariser Verträge (in Kraft seit 5. 5. 1955) die Aufstellung westdt. Streitkräfte möglich. Vorarbeiten hierzu begannen durch die »Dienststelle Blank« bereits seit dem 27. 10. 1950. Die ersten Freiwilligen erhielten am 12. 11. 1955 ihre Ernennungsurkunden, die ersten Wehrpflichtigen wurden am 1. 4. 1957 einberufen. Die Bez. »B.« wurde mit dem Soldatenges. (in Kraft getreten am 1. 4. 1956) eingeführt (innere Führung, Wehrrecht). Die Angehörigen der B. sind entweder Wehrpflichtige (seit dem 1. 1. 1996 zehn Monate Wehrpflicht), Soldaten auf Zeit oder Soldaten auf Lebenszeit (Berufssoldaten). Die Friedenspersonalstärke der B. beträgt 338 000 Mann, im Krisenfall ist eine Erweiterung auf 370 000 Mann gemäß dem Zwei-plus-vier-Vertrag von 1990 möglich. Die B. gliedert sich in Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitäts- und Gesundheitswesen sowie Zentrale Militär. Dienststellen. Befehls- und Kommandogewalt hat nach Artikel 65 a GG der Bundesmin. der Verteidigung (geht im Verteidigungsfall auf den Bundeskanzler gemäß Artikel 115 b GG über); ihm untersteht der Generalinspekteur der Bundeswehr mit dem Führungsstab der Streitkräfte. Damit ist der Vorrang der polit. vor der militär. Führung gewährleistet (»Primat der Politik«). Besondere Aufgaben hinsichtlich der B. haben die B.-Verwaltung und der Wehrbeauftragte des Bundestages.Zu Beginn der 90er-Jahre wurde die Grundstruktur der B. den veränderten sicherheitspolit. Rahmenbedingungen durch die Schaffung von drei Streitkräftekategorien angepasst. Die Hauptverteidigungsstreitkräfte (HVK) umfassen die Gesamtheit der aufwuchsfähigen und präsenten Kräfte, die in der Landes- und Bündnisverteidigung eingesetzt werden; sie bilden das Fundament der Landesverteidigung. Die Krisenreaktionskräfte (KRK) sind die für die Konfliktverhütung und -bewältigung im Rahmen des Bündnisses sowie als Beitrag zu internat. Friedensmissionen eingesetzten Streitkräfte. Die Militär. Grundorganisation (MGO) wird u. a. zur Führung, zur Unterstützung des Betriebes der Streitkräfte, zur Durchführung von Ausbildungs- und Versorgungsaufgaben und für die Aufgaben der zivilmilitär. Zusammenarbeit benötigt. Die B. wird durch ihre Einbindung in die NATO geprägt.Dem Führungsstab des Heeres unterstehen das Heeresführungskommando (plant und leitet alle Einsätze des Heeres) und das Heeresunterstützungskommando (stellt die materielle Einsatzbereitschaft des Heeres sicher) sowie das Heeresamt (verantwortlich für die Grundsätze der Ausbildung des Heeres und die Weiterentwicklung der Truppengattung). Dem Führungsstab der Luftwaffe sind das Luftwaffenamt (zuständig für Ausbildung und zentrale Angelegenheiten), das Luftwaffenführungskommando (Einsatzverbände der Luftwaffe) und das Luftwaffenunterstützungskommando (zentrale logist. Aufgaben und Luftwaffenrüstung) unterstellt. Dem Führungsstab der Marine unterstehen das Marineamt (zuständig für Ausbildung, Rüstung und Sanitätsdienst in der Marine), das Flottenkommando (alle Kampfeinheiten der Marine) und das Marineunterstützungskommando (zuständig für materielle Einsatzbereitschaft der Marine). Dem Inspekteur des Sanitäts- und Gesundheitswesens untersteht der gesamte Organisationsbereich »Zentrale Sanitätsdienststellen der B.«. Unter den Zentralen Militär. Dienststellen hat das Streitkräfteamt (früher B.-Amt) eine besondere Stellung.Seit 1990 wurden Angehörige, Anlagen, Standorte und Ausrüstung der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) teilweise übernommen und die B. in den neuen Bundesländern aufgebaut. Im Aug. 1992 begann die B. aufgrund der Vereinbarungen des KSE-Vertrages einen Teil ihres Großgerätes zu verschrotten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 12. 7. 1994 festgestellt, dass Auslandseinsätze der B. im Frieden mit dem GG vereinbar seien. Für einen derartigen Einsatz ist, unabhängig davon, ob es sich um einen »friedenserhaltenden« Blauhelmeinsatz oder einen bewaffneten »Frieden schaffenden« Einsatz handelt, die vorherige Zustimmung des Bundestags mit einfacher Mehrheit erforderlich.
Literatur:
Bredow, W. von: Die Zukunft der B. Opladen 1994.
Weißbuch zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland u. zur Lage u. Zukunft der B. Bonn 1994 ff. (früher unter anderem Titel).
Vom Kalten Krieg zur dt. Einheit. Analysen u. Zeitzeugenberichte zur dt. Militärgeschichte 1945 bis 1995, hg. v. B. Thoß. München 1995.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Bundeswehr