Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Brief
Brief[ahd., von lat. brevis (libellus) »kurzes (Schreiben)«], schriftl., meist verschlossene Mitteilung an einen bestimmten Adressaten, bes. als Postsendung. Neben dem eigentl. privaten B. gibt es noch den offiziellen B. für Mitteilungen oder Anweisungen sowie den meist auf polit. Wirkung berechneten »offenen Brief«.
Geschichte: Bei den Naturvölkern gibt es eine Nachrichtenübermittlung durch Übersendung sinnbildlich aufzufassender Gegenstände; briefl. Mitteilungen beruhen auf der Gegenstands- und der Bilderschrift. Bei den Kulturvölkern ist das B.-Schreiben fast so alt wie die Schrift. Aus dem alten Ägypten sind die B. meist auf Papyrus, aus Babylonien und bes. aus Assyrien in Keilschrift erhalten. Die Griechen und Römer schrieben B. meist auf doppelte, wachsüberzogene Holztäfelchen, die zusammengeklappt wurden. Im europ. MA. waren die B. bis ins 13. Jh. durchweg lat. abgefasst und dienten eher der amtl. und wiss. als der privaten Mitteilung, so z. B. christl. Schriftstellern zur Erörterung von Glaubenslehren. Die als Quellen für die ältere dt. Geschichte wertvollen B. sind in den »Monumenta Germaniae Historica«, Abt. »Epistolae«, gesammelt. In der Blütezeit der klösterl. Gelehrsamkeit wurde auch das B.-Schreiben viel gepflegt und zur Kunst erhoben. Erst im 15. und 16. Jh. wurde der Gebrauch der dt. Sprache allgemeiner. Die Kunst des B.-Schreibens entwickelte sich bes. in Frankreich (Marquise de Sévigné); als literar. Form diente er u. a. B. Pascal (»Provinzialbriefe über die Sittenlehre der Jesuiten«, 1656/57) und Montesquieu (»Persische Briefe«, 1721). - In der Bibel wird die Darstellung durch B. belebt. Die B. des A. T. sind darauf abgestimmt, vom Überbringer dem Empfänger vorgelesen zu werden, die des N. T. sind ein wichtiger Bestandteil der urchristl. Literatur.
Literatur:
A. Ebrecht Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays, hg. v. u. a. Stuttgart 1990.
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