Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Brasilien
Brasili|en Fläche: 8 547 404 km2
Einwohner: (1996) 157,08 Mio.
Hauptstadt: Brasília
Verwaltungsgliederung: 26 Bundesstaaten, 1 Bundesdistrikt
Amtssprache: Portugiesisch
Nationalfeiertag: 7. 9.
Währung: 1 Real (R$) = 100 Centavos
Zeitzone: MEZ — 4 bis — 6 Std. (von O nach W)
(amtl. portugies. República Federativa do Brasil, dt. Föderative Republik B.), Bundesstaat in Südamerika, umfasst als fünftgrößtes Land der Erde die östl. Hälfte (47 %) des Kontinents, grenzt im N an Venezuela, Guyana, Surinam und Französisch-Guayana, im O an den Atlant. Ozean (rd. 7 400 km Küstenlänge), im S an Uruguay, im W an Argentinien, Paraguay, Bolivien und Peru sowie im NW an Kolumbien. Zu B. gehören noch mehrere Inseln im Atlantik.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 5. 10. 1988 ist B. eine präsidiale Bundesrep.; Staatsoberhaupt und Reg.chef ist der Präs. (für vier Jahre direkt gewählt). Die Legislative liegt beim Kongress, bestehend aus Senat (81 Mitgl.) und Abg.kammer (513 Abg.). Wichtigste Parteien: Partei der Brasilian. Demokrat. Bewegung (PMDB), Partei der Liberalen Front (PFL), Partei der Brasilian. Sozialdemokratie (PSDB), Partei der Progressiven Umgestaltung (PPR), Demokrat. Arbeiterpartei (PDT), Partei des Fortschritts (PP), Brasilian. Arbeiterpartei (PTB), Partei des Nat. Wiederaufbaus (PRN). Jeder Bundesstaat verfügt über eigene Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Gerichtsorgane. Verwaltungsmäßig ist B. in 26 Bundesstaaten und einen Bundesdistrikt gegliedert.
Landesnatur: Den größten Teil B.s nimmt das Brasilian. Bergland ein (500-1 100 m ü. M., im Pico da Bandeira 2 890 m), das mit einem Steilabfall zur atlant. Küste abbricht (Serra do Mar). Im S und SW vorwiegend ein Stufenland mit z. T. bed. Landstufen (z. B. Serra Geral), geht es als Hügelland in das Küstentiefland (mit großen Haffs) und das Tiefland des La-Plata-Systems über; im SW erstreckt sich östlich des Paraguay das periodisch überschwemmte Tiefland des Pantanal. Nach N senkt es sich landeinwärts mit wenig ausgeprägten Höhenzügen und ausgedehnten Hochflächen (Planaltos, Chapadas) allmählich zum Tiefland des Amazonas. Im äußersten N hat B. Anteil am Bergland von Guayana (Pico da Neblina, 3 014 m, höchste Erhebung B.s). Der ganze N gehört dem Stromgebiet des Amazonas an, der S mit den Oberläufen von Paraguay, Paraná und Uruguay dem La-Plata-System, der O den kleineren Stromsystemen des Rio São Francisco und Parnaíba. Die meisten Flüsse sind wasserreich; Stromschnellen und Wasserfälle (Guaíra-, Iguaçú-, Paulo-Affonso-Fälle) bilden ein großes Wasserkraftpotenzial, behindern jedoch die Schifffahrt. - B. ist ein überwiegend trop. Land mit Differenzierungen vom innertrop. Äquatorialklima (im N) über das Klima der wechselfeuchten Tropen bis zum subtrop. Klima (im S). Die brasilian. Ostküste erhält durch den SO-Passat ganzjährig Niederschläge. Die im Regenschatten liegenden Binnengebiete sind z.T. sehr trocken und von Dürren bedroht. Im Amazonasbecken und am östl. Gebirgsrand herrschen trop. Regenwälder vor, im inneren Bergland Savannen (Campos) mit Galeriewäldern längs der Flüsse und lichte Buschwälder, in Süd-B. Höhengrasländer und immergrüne Nadelwälder mit Araukarien. An der Küste kommen Mangrovewälder vor.
Bevölkerung: In der Bevölkerung überwiegen nach statist. Angaben mit etwa 54 % Weiße (im S bis 85 %), 40 % sind Mischlinge (Mulatten, Mestizen, Cafusos), 5 % Schwarze, 0,5 % Asiaten (Japaner), 0,2 % Indianer. In Wirklichkeit überwiegen die Mischlinge. Rassenprobleme gibt es kaum, die ethn. Grenzen sind fließend. Noch etwa 185 000 Indianer leben in kleinen Gruppen v. a. im Amazonasgebiet und sind in ihrer Existenz bedroht. Eingewandert sind seit Beginn der Kolonialzeit v. a. Portugiesen. Seit Ende des 16. Jh. wurden 3-4 Mio. schwarzafrikan. Sklaven ins Land gebracht, die um 1800 rd. die Hälfte der Bev. ausmachten. Im 19. Jh. kam es erneut zu lebhafter Einwanderung, zunächst von Deutschen und Italienern, dann v. a. von Polen, aber auch von Arabern und Japanern. Die Einwanderung (1820-1963 rd. 5,5 Mio.) ist jedoch stark zurückgegangen.Die durchschnittl. Bev.dichte ist mit 19 Ew. je km2 gering, doch ist die Verteilung sehr ungleichmäßig. In den Küstenregionen des NO, SO und S leben auf rd. 35 % der Fläche rd. 90 % der Gesamtbev.; der jährl. Bev.zuwachs liegt bei 1,9 %. Der Anteil der Stadtbev. nahm zw. 1960 und 1994 von 45 % auf 71 % zu. Der massive Zustrom v. a. der Einwohner des NO in die wirtsch. entwickelten Gebiete des SO führte zu einem starken Anwachsen der Elendsviertel (Favelas) in den Großstädten und stellt eines der dringendsten sozialen Probleme des Landes dar. Es besteht ein krasses Missverhältnis zw. einer kleinen wirtsch. starken Oberschicht und der besitzlosen Masse; die Mittelschicht ist relativ klein. - Die allg. Schulpflicht von acht Jahren (7.-15. Lebensjahr) wird von rd. zwei Dritteln der Kinder wahrgenommen; die Analphabetenquote liegt bei 18 %, in ländl. Gebieten 38 %. Es bestehen 873 Hochschulen u. ä. Einrichtungen, davon sind 114 Univ. (davon 53 private). - Rd. 80 % der Bev. gehören der kath. Kirche an (6 Kirchenprov.), 18 % verschiedenen prot. Kirchen. Großen Einfluss haben auch afrobrasilian. synkretistische Religionsgemeinschaften wie Macumba, Candomblé und Umbanda.
Wirtschaft, Verkehr: B., ein Land mit großen natürl. Reichtümern, gehört zu den am stärksten industrialisierten Ländern Südamerikas und gilt als typ. Schwellenland. Die Wirtschaftslage ist durch zunehmende Arbeitslosigkeit, rasch ansteigende Inflationsraten, stark schwankende Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und wachsende Defizite im Staatshaushalt gekennzeichnet. Die Auslandsverschuldung hat sich in den 80er-Jahren stark erhöht, Zahlungsverpflichtungen aus Umschuldungsabkommen konnten z. T. nicht erfüllt werden. Seit 1990 wurden umfassende Maßnahmen zur Stabilisierung der wirtschaftl. Entwicklung ergriffen (Währungsreformen, Steuererhöhungen, Subventionsabbau, Abbau der Auslandsschulden).Die Bedeutung der Landwirtschaft nimmt seit dem Zweiten Weltkrieg ständig ab. Sie beschäftigt nur noch etwa 14 % der Erwerbstätigen und trägt 13 % zum BIP bei. Nach dem Flächenanteil herrschen Großbetriebe vor: Nur 10 % aller Betriebe sind größer als 100 ha, bewirtschaften aber insgesamt fast 80 % der Betriebsfläche. Am wichtigsten für den Export ist mittlerweile Soja, gefolgt von Kaffee, Baumwolle, Zucker, Kakao, Orangen u. a. Früchten. B. ist mit einem Viertel bis einem Drittel der Welterzeugung der weltweit wichtigste Kaffeeproduzent (Hauptanbaugebiet N-Paraná); bei Sojabohnen und Sojaprodukten zählt B. zu den führenden Anbietern auf dem Weltmarkt. Die Nahrungsmittelerzeugung (Maniok, Bohnen, Mais u. a.) kann den Inlandsbedarf nicht mehr decken. Zur Gewinnung von Alkohol aus Biomasse (36 % aller in B. hergestellten Pkw sind alkoholangetrieben) wurde der Zuckerrohranbau ausgeweitet. Nur 4 % der landwirtsch. Nutzfläche sind Acker- und Dauerkulturland, der größte Teil dient als Weideland. Die Viehhaltung (v. a. Rinder, Schweine, Schafe) erbringt rd. ein Viertel des landwirtsch. Produktionswerts. Die Errichtung großer Viehfarmen in den Regenwäldern Amazoniens, v. a. längs der Transamazônica, führte zu großflächigen Waldrodungen, die für Umwelt und Klima bedrohl. Ausmaße angenommen haben. Die riesigen Waldbestände (45 % der Gesamtfläche) werden außer der Nutzung einer Reihe von Edelhölzern erst zu einem Bruchteil forstwirtsch. genutzt. Die Wälder der südl. Bundesstaaten sind aber bereits weitgehend zerstört. Der Fischfang spielt nur eine untergeordnete Rolle; dennoch hat B. 1970 die 200-Meilen-Zone eingeführt.Das produzierende Gewerbe erbringt einen Anteil von 39 % am BIP und beschäftigt weniger als 13 % der Erwerbstätigen. - Die Lagerstätten des Eisernen Vierecks (im S des Staates Minas Gerais, südlich und östlich von Belo Horizonte, rd. 7 000 km2), deren Eisenerze einen Metallgehalt von mehr als 60 % aufweisen, und die Eisenerzvorräte der Serra dos Carajás im südöstl. Amazonien gehören zu den reichsten der Erde; beachtlich sind ferner auch die Mangan-, Zinn- und Bauxitlagerstätten. Abgebaut werden auch Nickel-, Blei-, Wolfram-, Titan- und zunehmend Uranerze, Niob, Beryllium, Thorium u. a. sowie Quarz, Ind.diamanten und Edelsteine (Smaragd [weltgrößter Exporteur], Aquamarin, Topas u. a.), Gold, Silber, Platin. Die Steinkohlenvorkommen sind unzureichend. Die Erdölförderung deckt zu rd. einem Viertel den eigenen Bedarf. Zentren der Förderung sind die Bucht von Bahia sowie bei Carmópolis/Sergipe; weitere Vorkommen im Küstenschelf des Bundesstaates Rio de Janeiro (Camposfeld) sowie von Erdgas im Amazonasbecken. Fahrzeug- und Maschinenbau, Elektrotechnik, Metallverarbeitung sowie die chem. Industrie tragen heute den industriellen Wachstumsprozess. B. ist inzwischen der führende Eisen- und Stahlproduzent und auch größter Kraftfahrzeughersteller der Dritten Welt. Nachdem B. Mitte der 80er-Jahre zum weltweit drittgrößten Hersteller von Handelsschiffen und zum fünftgrößten Rüstungsexporteur aufgestiegen war, schrumpften diese Zweige infolge des verstärkten internat. Wettbewerbs erheblich zusammen. Die Konsumgüterind. deckt weitgehend den inländ. Bedarf. Das verarbeitende Gewerbe konzentriert sich auf die Region Südost, auf die Bundesstaaten São Paulo, Minas Gerais und Rio de Janeiro. - Die Stromerzeugung stammt zu rd. 90 % aus Wasserkraft; am Paraná entstand eines der größten Kraftwerke der Welt (Itaipú mit 14 000 MW) in Zusammenarbeit mit Paraguay, am Tocantins ein weiteres (8 000 MW); das erste Kernkraftwerk B. bei Angra dos Reis nahm 1982 den Betrieb auf. - Außenwirtschaft: Erstmals seit 1983 wurde wieder ein Handelsbilanzdefizit ausgewiesen. Das Außenhandelsvolumen hat sich 1995 auf fast 100 Mrd. US-$ erhöht. Haupthandelspartner sind die EU-Staaten, die USA, Japan, Saudi-Arabien, Argentinien und Kanada.Der Ausbau des Straßennetzes (1,82 Mio. km) hat in den vergangenen Jahren gute Fortschritte gemacht; wichtig sind die Fernstraßen, die Amazonien erschließen (Transamazônica) und Brasília mit den übrigen Landesteilen verbinden. Die Eisenbahn mit einer Streckenlänge von rd. 30 000 km ist infolge wechselnder Spurbreiten, veralteter Anlagen, niedriger Geschwindigkeit und mangelhafter Betriebssicherheit nur wenig leistungsfähig. B. ist die führende Schifffahrtsnation Südamerikas. Wichtigste Häfen: Rio de Janeiro und Santos; ferner Küsten- und Binnenschifffahrt (rd. 43 000 km Wasserstraßen). Für große Teile des Landes bietet die Luftfahrt die einzige Transportmöglichkeit; größte internat. Flughäfen: São Paulo (Congonhas), Rio de Janeiro (Galeão und Santos Dumont) und Brasília; wichtigste Luftverkehrsgesellschaft: VARIG S. A.
Geschichte: Der Portugiese P. A. Cabral landete 1500 an der brasilian. Küste und nahm sie für Portugal in Besitz. 1532 begann die portugies. Besiedlung der Küstenstriche; 1549 wurde in dem neu gegründeten Bahia ein Vizekönig eingesetzt (seit 1763 in Rio de Janeiro). Während im Küstengebiet der mit afrikan. Sklaven betriebene Zuckerrohranbau aufblühte, drangen von São Paulo aus die Waldläufer (Bandeirantes) bis an die Vorberge der Anden; die Indianer wurden dabei weithin ausgerottet oder versklavt. Die Suche der Bandeirantes nach Gold und Diamanten führte im 18. Jh. zu den großen Funden in Minas Gerais, Mato Grosso und Goiás. Vor Napoleon I. flüchtete 1807 der portugies. König Johann (João) VI. nach B.; damit wurde Rio de Janeiro Hptst. des portugies. Reiches. Als nach der Rückkehr des Königs 1821 das Land wieder den Status einer Kolonie erhalten sollte, erklärte sich B. am 7. 9. 1822 für unabhängig; der portugies. Regent, ältester Sohn Johanns, wurde als Peter (Pedro) I. zum Kaiser von B. ausgerufen (1825 von Portugal anerkannt). Innere Unruhen veranlassten ihn 1831 zur Abdankung; erst in den 1840er-Jahren stabilisierte sich unter seinem Sohn Peter II. die polit. Lage. Die Sklaverei wurde bis 1888 aufgehoben; gleichzeitig nahm die Wirtschaft, bes. der Kaffeeanbau in São Paulo, einen bed. Aufschwung, die Zahl der Einwanderer wuchs ständig.Durch einen Putsch wurde 1889 die Monarchie beseitigt; die republikan. Verf. vom 24. 2. 1891 schuf nach dem Vorbild der USA einen Bundesstaat, in dem São Paulo und Minas Gerais den vorherrschenden Einfluss erlangten. Der Kaffeeexport stieg stark an. Während des Ersten Weltkrieges begann die Industrialisierung, doch wurde nach 1918 die wirtsch. Entwicklung durch häufige Militärrevolten beeinträchtigt; Weltwirtschaftskrise und Zusammenbruch des Kaffeemarktes verstärkten die finanziellen und sozialen Schwierigkeiten, die polit. Lager radikalisierten sich. Präs. G. D. Vargas (1930-45, 1951-54), durch eine Aufstandsbewegung 1930 an die Macht gelangt, entwickelte über die Verf. von 1934 und 1937 (Errichtung des »Estado Novo«) eine diktator. Regierung. Aufstände der Kommunisten (1935) und der faschist. Integralisten (1939) schlug er nieder. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte ein brasilian. Truppenkontingent auf westalliierter Seite in Italien. Nach dem Sturz von Vargas (1945) führte Präs. General Eurico Gaspar Dutra (1946-51) wieder ein demokrat. System ein (Verf. von 1946). Der als sein Nachfolger 1951 nunmehr gewählte Vargas verfolgte eine stark wirtschaftsnationalistisch geprägte Politik (Drosselung ausländ. Investitionen). 1954 von der Opposition zum Rücktritt gezwungen, beging er Selbstmord. Präs. J. Kubitschek de Oliveira (1956-61) bemühte sich um die Erschließung des Landesinneren (Bau von Brasília). 1964 übernahm das Militär die Staatsgewalt, nachdem Präs. J. Goulart (1961-64) versucht hatte, eine Landreform und die Verstaatlichung von Erdölraffinerien durchzusetzen. Bis 1985 stellte die Armee die Präs., die bis 1978 durch Dekrete regierten und die Opposition hart unterdrückten. Die Aufhebung der Ausnahmegesetze zum 1. 1. 1979 leitete einen Demokratisierungsprozess ein.Die Präsidentschaft von J. B. de Oliveira Figueiredo (1979-85) stand im Zeichen wirtsch. Rezession, wachsender Auslandsschulden und hoher Inflationsraten. Innenpolitisch setzte Figueiredo den Demokratisierungsprozess fort. So ließ er u. a. eine freiere Bildung polit. Parteien zu. Im Jan. 1985 bestimmte ein Wahlmännergremium T. de Almeida Neves zum Präs.; da Krankheit ihn am Amtsantritt hinderte, führte Vizepräs. José Sarney die Geschäfte und übernahm nach Neves' Tod (22. 4. 1985) das Amt. Sarney suchte unter dem Druck des Internat. Währungsfonds die hohen Auslandsschulden abzubauen und die Wirtschaftskrise zu bewältigen (1988: Inflationsrate 934 %; Währungsreform mit Umwertung 1 : 1 000). Am 5. 10. 1988 trat eine neue Verf. in Kraft (u. a. Direktwahl des Präs.). Der Ende 1989 gewählte Präs. F. Collor de Mello (PRN) trat im März 1990 sein Amt an. Seine Bemühungen um Sanierung der Wirtschaft hatten nur vorübergehend Erfolg. In eine Korruptionsaffäre verwickelt, wurde er vom Parlament am 29. 9. 1992 seines Amtes enthoben. Am 2. 12. 1992 übernahm der bisherige Vizepräs. I. Franco das Amt des Staatsoberhauptes. Am 21. 4. 1993 bestätigte die Bev. die bestehende Staats- und Reg.form. Im Rahmen eines Stabilisierungsprogramms trat am 1. 7. 1994 mit der Einführung des »Real« als Währungseinheit eine Währungsreform in Kraft. Bei den Präsidentschaftswahlen vom 3. 10. 1994 siegte F. H. Cardoso (PSDB) mit 54,28 % der Stimmen (Wiederwahl 1998). Im Sinne des bereits 1991 begonnenen Privatisierungsprozesses setzt die Reg. Cardoso in ihrer Wirtschaftspolitik die Lockerung des Staatsmonopols in den Bereichen Energieerzeugung, Erdölförderung und Telekommunikation fort. Im Sinne einer gerechteren Verteilung von Grund und Boden soll brachliegendes Land aufgekauft und an landlose Bauern verteilt werden. Da diese Reform ins Stocken geriet, kam es zu erhebl. Protesten der landlosen Bauern.
Weitere innenpolit. Probleme sind Menschenrechtsverletzungen, bes. die Ermordung obdachloser Kinder in den Städten und von Indianern im Amazonasgebiet, sowie die Entschädigung der Angehörigen polit. Gefangener.
Im Nov. 1994 trat B. dem Vertrag von Tlatelolco über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen in Amerika bei. Am 1. 1. 1995 trat der Vertrag über die Zoll- und Freihandelszone Mercosur in Kraft.
Literatur:
L. Bethell. Brazil. Empire and republic, 1822-1930, hg. v. Cambridge 1989.
B. Die Unordnung des Fortschritts, hg. v. D. Schelsky u. R. Zoller. Frankfurt am Main 1994.
B. heute. Politik, Wirtschaft, Kultur, hg. v. D. Briesemeister u. a. Frankfurt am Main 1994.
Henkel, K.: Agrarstrukturwandel u. Migration im östl. Amazonien (Pará, B.). Tübingen 1994.
August, S.: Die Indianer im Spiegel der brasilian. Gesellschaft. Frankfurt am Main 1995.
Kuhnke, R. W. u. Janicke, V. E.: B. München 1995.
Thibaut, B.: Präsidentialismus u. Demokratie in Lateinamerika. Argentinien, B., Chile u. Uruguay im histor. Vergleich. Opladen 1996.
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