Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Brandenburg
Brạndenburg, Land im O Deutschlands, mit 29 476 km2 flächengrößtes der neuen Bundesländer, (1998) 2,58 Mio. Ew.,
Hptst. ist Potsdam. B. grenzt im W und SW an Sa.-Anh., im äußersten NW an Ndsachs., im N an Meckl.-Vorp., im S an Sachsen und im O mit Lausitzer Neiße und Oder an Polen. Inmitten von B. liegt das Land Berlin. Seit 1994 ist B. in vier kreisfreie Städte und 14 Landkreise gegliedert.
Landesnatur: B. liegt im Bereich des Norddt. Tieflandes. Die von eiszeitl. Ablagerungen bedeckte Oberfläche ist hügelig bis eben. Im N erstreckt sich von NW nach SO ein schmaler Streifen des zum Jungmoränengebiet gehörenden Balt. Landrückens mit bis zu 153 m ü. M. liegenden Endmoränen und dem südöstl. Ausläufer der Mecklenburger Seenplatte (um Templin); der größte Teil seiner südl. Abdachung, zu der im NW die zur Elbe abfallende Prignitz gehört, besteht v. a. aus trockenen Sanderflächen mit ausgedehnten Forsten. Zw. Havel und der Oderniederung liegt der südl. Teil der Uckermark mit der wald- und seenreichen Schorfheide. Im SW und S breitet sich das Altmoränengebiet mit dem Fläming (201 m ü. M.) und dem Lausitzer Grenzwall aus. Den größten Teil B.s nehmen die in W-O-Richtung ziehenden Urstromtäler ein (von N nach S Thorn-Eberswalder, Warschau-Berliner, Glogau-Baruther Urstromtal), die voneinander durch höher gelegene größere (z. B. Barnim, Teltow) und kleinere Platten (sog. Ländchen) getrennt sind. In den Urstromtälern, die von den z. T. seenartig erweiterten Flüssen Havel, Spree, Rhin, Dahme und Elbe (nur mit kurzem Teilstück) durchflossen werden, bildeten sich bei entsprechend hohem Grundwasserstand Feuchtgebiete (Rhinluch, Havelländ. Luch, Spreewald, Oderbruch) aus. - In der Niederlausitz sind große Braunkohlenlager (von Senftenberg-Finsterwalde über Lübben-Cottbus-Bad Muskau bis Forst-Guben reichend) vorhanden. Bei Rüdersdorf (östl. von Berlin) Kalkvorkommen. Durch den Braunkohlentagebau wurden seit 1950 etwa 540 km2 Kulturland zerstört. Als Biosphärenreservate ausgewiesen sind Schorfheide-Chorin und der Spreewald; das Untere Odertal ist Teil eines deutsch-poln. Nationalparks.
Das gemäßigte Klima wird durch zunehmende Kontinentalität von W nach O geprägt; Hochdruckgebiete sind nur kurze Zeit wetterbestimmend. Die durchschnittl. Jahresniederschlagsmenge beträgt 586 mm.
Bevölkerung: Die Bev. verringert sich seit Ende 1989 ständig. Die Bev.dichte ist mit 88 Ew./km2 die zweitniedrigste Dtl.s; die größte Bev.dichte ist noch im Nahbereich von Berlin sowie im Ind.gebiet der Niederlausitz anzutreffen. Stark von Abwanderung bedroht sind die Prignitz, die Uckermark und das erheblich umweltgeschädigte Braunkohlengebiet in der Niederlausitz. Neben der deutschstämmigen Bev. lebt im S in der Niederlausitz die nat. Minderheit der Sorben (Niedersorben) mit schätzungsweise 20 000 Angehörigen. Knapp ein Drittel der Bewohner bekennt sich zum christl. Glauben, davon ist die weit überwiegende Mehrheit evang.-luth. und zur Evang. Kirche Berlin-B. gehörig; knapp 2 % sind katholisch. - B. hat Univ. in Potsdam und Cottbus (TU), die Europa-Univ. Viadrina in Frankfurt (Oder), eine Hochschule für Film und Fernsehen sowie mehrere Fachhochschulen.
Wirtschaft: Bis zur dt. Wiedervereinigung war die Wirtschaftsstruktur auf dem Gebiet des heutigen B. von der Land- und Forstwirtschaft auf der einen und den großen monostrukturierten Industriestandorten auf der anderen Seite gekennzeichnet. Durch den Umbau der Wirtschaft vollzog sich ein Strukturwandel, in dessen Verlauf die Zahl der Erwerbstätigen um ein Drittel zurückging. Der Ackerbau (Anbau von Weizen, Roggen, Kartoffeln, Zuckerrüben) konzentriert sich auf die relativ fruchtbaren Lehmböden der Grundmoränen im NW der Prignitz (um Perleberg-Pritzwalk), im Gebiet von Neuruppin, in der Uckermark um Prenzlau-Angermünde-Schwedt/Oder sowie auf den von Lehmböden bedeckten Platten. In den Havelniederungen um Werder und Buckow entstanden wichtige Obstbaugebiete. Die Feuchtgebiete sind die Schwerpunktbereiche des Gemüsebaus (Spreewald, Oderbruch) und der Grünlandwirtschaft mit Rinderzucht. Etwa 37 % der Landesfläche sind bewaldet. - Wichtigstes Ind.gebiet ist die Stadtrandzone von Berlin (»Speckgürtel«) mit Eisenmetallurgie, Maschinen-, E-Lok-Bau sowie Elektrotechnik/Elektronik in Potsdam, Teltow, Hennigsdorf und Oranienburg. Ein weiteres entwickelte sich im Braunkohlengebiet der Niederlausitz, wo seit 1952 im Raum Senftenberg (Schwarze Pumpe), Lauchhammer, um Spremberg, Lübbenau und Cottbus die Braunkohlenind. mit großen Tagebauen, Großkraftwerken (Boxberg, Jänschwalde, Lübbenau/Spreewald, Vetschau) und chem. Ind. (Guben, Schwarzheide/N. L., Spremberg) entstand, die zu schwersten Umweltbelastungen führte. Herkömmliche Ind.zweige sind in der Niederlausitz die Textil- (Cottbus, Forst [Lausitz], Guben) und Glasind. (Muskau und Finsterwalde). - Seen- und waldreiche Landschaften werden als Erholungsgebiete genutzt (Ruppiner Schweiz um Neuruppin und Rheinsberg, Seenlandschaften um Templin, Schorfheide mit Werbellinsee, Scharmützelsee, Märk. Schweiz um Buckow, Spreewald). - Eisenbahnlinien und Fernverkehrsstraßen (einschl. Autobahnen als Teil des Europastraßennetzes) ziehen sternförmig durch B. nach Berlin, sie sind durch den Berliner Autobahn- und Eisenbahnring, der auf brandenburg. Gebiet liegt, miteinander verbunden, die schiffbaren Flüsse Oder, Spree, Havel und Elbe durch Oder-Havel-, Oder-Spree-, Elbe-Havel-Kanal. Bedeutendster Binnenhafen ist Königs Wusterhausen, gefolgt von Wittenberge, Brandenburg an der Havel und Potsdam.
Verfassung: Nach der Verf. von 1992 (am 14. 6. 1992 durch Volksentscheid in Kraft gesetzt) übt der Landtag (88 Abg., für fünf Jahre gewählt) die Legislative aus. Träger der Exekutive ist die Landesreg., bestehend aus dem vom Landtag gewählten MinPräs. und den von ihm ernannten Ministern. Die Verf. schreibt weit gefächerte Möglichkeiten direkter Bürgerbeteiligung fest.
Geschichte: Urspr. von german. Semnonen, Langobarden (Altmark) und Burgundern (östlich der Oder), seit dem 7. Jh. im O von Slawen (v. a. Liutizen) besiedelt. Um 940 durch Markgraf Gero dt. Herrschaft unterworfen; unter Kaiser Otto I. christianisiert, entstand 948 das Bistum Brandenburg. 1134 erhielten die Askanier B. (als Nordmark bzw. Mark B.), die das Land endgültig der dt. Ostsiedlung erschlossen und zu bed. Reichsfürsten wurden (seit 1157 Markgrafen, seit 1177 Reichserzkämmerer, später Kurfürsten). Nach dem Aussterben der Askanier 1320 kam B. an die Wittelsbacher, 1373 an die Luxemburger, 1417 an das Haus Hohenzollern, das auch die Kurwürde erhielt. Kurfürst Friedrich I. bezwang die Landstände (Adel), sein Sohn, Kurfürst Friedrich II., auch die Städte, bes. Berlin, und machte Cölln bzw. Berlin zur Residenz. Kurfürst Albrecht III. Achilles legte mit der Dispositio Achillea 1473 den Grund zur dauernden territorialen Einheit der Mark. Kurfürst Joachim II. führte 1539 die Reformation ein. Im Verlauf des 17. Jh. erfolgten beträchtl. territoriale Erweiterungen (u. a. 1614 um das Herzogtum Kleve, die Grafschaften Mark und Ravensberg, 1618 um das Herzogtum Preußen [bis 1657/60 als poln. Lehen], 1648 um Hinterpommern). Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, schuf den absolutist. brandenburgisch-preuß. Staat. Ab 1685 (Edikt von Potsdam) wurden Hugenotten, später auch andere Glaubensflüchtlinge und Auswanderer in der Mark angesiedelt. Nachdem die Kurfürsten sich zu »Königen in Preußen« gekrönt hatten (1701), ging die brandenburg. Geschichte in der Geschichte Preußens auf. Nach 1815 war B. (mit der vorher sächs. Niederlausitz) die größte preuß. Provinz; die Altmark kam zur neuen Prov. Sachsen. 1920 wurde Berlin ausgegliedert. 1945 kamen die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie zu Polen (zunächst unter poln. Verw.; endgültig geregelt im Dt.-Poln. Grenzvertrag von 1990). 1945-47 Prov., am 24. 7. 1947 Land auf dem Territorium der SBZ, am 7. 10. 1949 Land der DDR; 1952 in die DDR-Bezirke Neubrandenburg, Potsdam, Frankfurt und Cottbus aufgeteilt. Am 3. 10. 1990 wurde das Land B. als Bundesland der Bundesrep. Dtl. wieder errichtet. Die Landtagswahlen vom 14. 10. 1990 gewann die SPD. Erster MinPräs. wurde M. Stolpe (Koalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Grüne). Bei den Landtagswahlen am 11. 9. 1994 errang die SPD die absolute Mehrheit; M. Stolpe wurde im Amt bestätigt. Die Vereinigung der Länder B. und Berlin (Staatsvertrag vom 27. 4. 1995) wurde nach Ablehnung im Volksentscheid am 5. 5. 1996 (62,7 % Nein-Stimmen) aufgeschoben.
Literatur:
I. Materna Brandenburg. Geschichte, hg. v. u. W. Ribbe. Berlin 1995.
Hb. der histor. Stätten Dtl.s, Bd. 10: Berlin u. B., hg. v. G. Heinrich. Stuttgart 31995.
Marcinek, J.: Von Berlin in die Mark B. Geograph. Exkursionen. Gotha 1995.
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