Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Blutkreislauf
Blutkreislauf(Blutzirkulation), die Strömung des Blutes, die beim Menschen und bei höheren Tieren in geschlossenen Gefäßbahnen durch die Triebkraft des Herzens sowie die Elastizität und den Tonus der Blutgefäße unterhalten wird, den Körperzellen Nährstoffe, Sauerstoff und Hormone zuführt sowie Kohlendioxid u. a. Stoffwechselprodukte abtransportiert. Bei Warmblütern dient der B. außerdem zur Regelung der Körpertemperatur. Beim Menschen und allen Wirbeltieren gehen vom Herzen die Arterien (Schlagadern) in den Körper, wo sie sich in Kapillaren (feinste Haargefäße) aufspalten, die die Zellen umspinnen und sich wieder zu größeren Gefäßen, den Venen, sammeln, die das Blut zum Herzen zurückleiten. Durch die Wand der Haargefäße vollzieht sich der Stoff- und Gasaustausch mit den umgebenden Gewebszellen und der Gewebsflüssigkeit. Das Herz arbeitet nach Art einer Druck- und Saugpumpe: Während sich die beiden Kammern des Herzens (gleichzeitig) zusammenziehen (Systole) und arterielles Blut auswerfen, erschlaffen und erweitern sich die Vorhöfe (Diastole) und saugen venöses Blut an. Die ausgeworfene Blutmenge (Schlagvolumen) beträgt beim erwachsenen Menschen normalerweise in Ruhe 70 ml, die Anzahl der Schläge je Minute (Herzfrequenz, Puls) 70. Die Herzfrequenz unterliegt in erster Linie der automat. Eigensteuerung des Herzens, sie kann jedoch ebenso wie die Schlagkraft über das Nervensystem beeinflusst und so den Bedürfnissen des Körpers (z. B. hoher Sauerstoffbedarf bei körperl. Belastung) angepasst werden. Das Herz-Minuten-Volumen, die in einer Minute vom Herzen geförderte Blutmenge, ist das Produkt aus Herzfrequenz und Schlagvolumen und beträgt in Ruhe etwa 5 l/min. Damit durchströmt etwa die gesamte Blutmenge des Menschen einmal in der Minute den Körper (mittlere Blutumlaufzeit). Bei körperl. Belastung kann das Herz-Minuten-Volumen durch Steigerung des Schlagvolumens bis zum Doppelten und der Herzfrequenz bis zum Dreifachen auf 30 l/min ansteigen. Durch den großen Kreislauf (Körperkreislauf), der mit der aus der linken Herzkammer entspringenden Hauptschlagader (Aorta) und ihren Ästen beginnt, wird das sauerstoff- und nährstoffreiche Blut im Körper verteilt und das sauerstoffarme und kohlendioxidreiche Blut zum rechten Herzvorhof durch die untere und obere Hohlvene zurück gepumpt. Vom rechten Vorhof strömt das Blut in die rechte Kammer, die das Blut durch die Lungen und damit durch den kleinen Kreislauf (Lungenkreislauf) treibt. In der Lunge wird das Blut von Kohlendioxid befreit und mit Sauerstoff neu beladen. Eine Sonderstellung nimmt der Pfortaderkreislauf ein, bei dem venöses Blut aus dem Magen-Darm-Kanal und benachbarten Organen durch die Pfortader der Leber zufließt (im Unterschied zu anderen Organen, denen nur arterielles Blut zufließt), dort ein weiteres Kapillargebiet durchströmt und erst dann in die untere Hohlvene mündet.Der B. des Embryos weicht wesentlich vom B. des Erwachsenen ab. Da der Embryo Sauerstoff und Nährstoffe über die Nabelvene aus dem Mutterkuchen (Plazenta) und damit dem mütterlichen B. erhält und auch Kohlendioxid und Abfallprodukte des Stoffwechsels über die Nabelarterien wieder dorthin abgibt, weist der B. des Embryos mehrere Kurzschlussverbindungen auf, die Blut an der Leber und v. a. an den Lungen vorbeileiten. So befindet sich zw. linkem und rechtem Herzvorhof eine Öffnung (Foramen ovale), die einen großen Teil des Blutes unter Umgehung des Lungenkreislaufs wieder dem Körperkreislauf zuführt.
Über die Störungen im B. Kreislaufstörungen.B. der Tiere: Als offenes Blutgefäßsystem entwickelte sich im Laufe der Evolution zuerst ein elast. muskulöser Herzschlauch, der an beiden Enden frei in Hohlräumen der Leibeswand mündete. Die Weichtiere besitzen ein Herz mit Vorkammer und Kammer. Auch Gliederfüßer und Manteltiere haben nur ein offenes Blutgefäßsystem. Ein geschlossenes Blutgefäßsystem tritt erstmals bei den Ringelwürmern auf.
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