Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bibliothek
Bibliothek[grch., eigtl. »Büchergestell«] (Bücherei), planmäßig angelegte Büchersamml. (auch Samml. von Handschriften sowie von audiovisuellem Material), ferner das Gebäude, in dem sie aufgestellt ist. Die öffentl. B. im Besitz von Staat, Gemeinde oder sonstigen öffentlich-rechtl. Körperschaften sind entweder wiss. B. oder öffentl. Büchereien (früher Volksbücherei, öffentliche Bibliothek); sämtl. Wissensgebiete werden in den allg. oder universalen B. geführt (National-, Staats-, Landes-, Univ.- und Stadt-B.), einzelne Wiss. in Spezial- oder Fach-B. (Werks-, Instituts- und Behörden-B.). Einige große Privat-B. sind ebenfalls öffentlich zugänglich. Die öffentl. B. werden von Bibliothekaren verwaltet. Die Benutzung der Bücher ist beim Präsenzsystem nur in der B. selbst möglich, im Ggs. zum Ausleihesystem. Der Leihverkehr zw. den B. ermöglicht es, ein in der Orts-B. nicht vorhandenes Buch aus einer anderen B. kommen zu lassen (Fernleihe). In neuzeitl. B.-Gebäuden sind Benutzungs- und Verwaltungsräume oft von den Bücherräumen getrennt (Magazinsystem). Zu den Benutzungsräumen gehören ein oder mehrere Lesesäle für Bücher und Ztschr., mit Hand-B. und Arbeitstischen, ferner Räume für Publikumskataloge und Ausleihe. - Der Einsatz der EDV verändert zunehmend die Arbeitsabläufe in den B. (Literatur- und Katalogdatenbanken statt Mikrofichekatalogen und Zettelkatalogen u. a.). Die traditionelle Unterscheidung zw. wiss. und öffentl. B. (in Dtl.) tritt zurück zugunsten der Einbeziehung aller vorhandenen B. in ein Gesamtsystem der Literatur- und Informationsversorgung (nat. Informationsverbund).Geschichte: Die älteste bisher bekannt gewordene B. ist die Tontafelsammlung des Assyrerkönigs Assurbanipal in Ninive. Die bedeutendsten B. des grch. Altertums waren die Alexandrin. B. sowie die B. von Pergamon und Ephesus. Das antike Rom kannte bed. Privat-B. sowie auch große öffentl. Sammlungen. - Im frühen MA. waren Klöster und Stifte Sammelstätten der Literatur (S. Colombano bei Bobbio/Prov. Piacenza, Monte Cassino, Cluny, St. Gallen, Bamberg und die Reichenau). Aus den Kollegien-B. der frühen Universitäten im späten MA. (Salamanca 1243, Paris 1257, Prag 1366) entwickelten sich die Universitäts-B.; die erste zentrale Universitäts-B. wurde an der 1386 gegr. Universität in Heidelberg aufgebaut. Humanismus und Renaissance brachten einen starken Aufschwung des öffentl. Bibliothekswesens (Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz, Marciana in Venedig, Vaticana in Rom, Corvina in Ofen). Die Erstarkung fürstl. Macht führte zur Gründung fürstl. B., aus denen später die Staats- und Landes-B. hervorgingen: Wien (1526), Dresden (1556), München (1558), Berlin (1661). Die bedeutendste dt. B. des 16. Jh. war die Palatina in Heidelberg (1553), die des 17. Jh. die Augusta in Wolfenbüttel (1604). Die erste öffentl. B. Englands war die Bodleiana in Oxford (1602), die erste Frankreichs die Mazarine (1645) in Paris. Die Frz. Revolution und die Säkularisation um 1800 vereinigten den geistl. Bücherbesitz in den staatl. B. Seit 1850 gibt es Volksbüchereien (öffentliche Bibliotheken).
Literatur:
Krieg, W.: Einführung in die Bibliothekskunde, hg. v. R. Jung. Darmstadt 21990.
Thauer, W. u. Vodosek, P.: Gesch. der Öffentl. Bücherei in Deutschland. Wiesbaden 21990.
Die wissenschaftliche B. Traditionen, Realitäten, Perspektiven, hg. v. H. Hauffe u. a. Innsbruck 1990.
Hacker, R.: Bibliothekarisches Grundwissen. München u. a. 61992.
B. - Kultur - Information, hg. v. P. Vodosek u. a. München u. a. 1993.
Die Entwicklung des Bibliothekswesens in Deutschland 1945-1965, hg. v. P. Vodosek u. J.-F. Leonhard. Wiesbaden 1993.
Jochum, U.: Kleine Bibliotheksgeschichte. Stuttgart 1993.
Seidel, S.: Bibliotheken. Die schönsten Räume, die wertvollsten Sammlungen. Deutschland, Österreich, Schweiz. München 1995.
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