Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bibel
Bibel[grch. tà biblía »die Bücher«] (Buch der Bücher, Heilige Schrift), die Schriften, die von den christl. Kirchen als Urkunden der göttl. Offenbarung (Wort Gottes) und als verbindlich für Glauben und Lehre angesehen werden (Kanon). Sie bestehen aus dem hebr. Alten Testament (A. T.) und dem grch. Neuen Testament (N. T.).Entstehung und Gliederung: Die 39 alttestamentl. Schriften, die auch heute noch die Hl. Schrift der Juden sind, wurden innerhalb der jüd. Gemeinde vom 5. bis 2. Jh. v. Chr. zusammengestellt; die Entstehung einzelner Bestandteile reicht in sehr viel frühere Zeiten zurück. Das A. T. ist in drei Teile gegliedert: das Gesetz (Thora), die Propheten und die Schriften. Über den Textbestand sind die christl. Kirchen untereinander und mit dem Judentum nicht einer Meinung; Apokryphen. Das N. T. ist zum großen Teil im 1. Jh. entstanden; schon Ende des 2. Jh. war es in seinem Bestand im Wesentlichen abgeschlossen, im 4. Jh. einheitlich in der christl. Kirche anerkannt. Es enthält 27 Bücher: 5 geschichtl. Bücher (Evangelien und Apostelgeschichte), 21 briefl. Lehrschriften und eine prophet. Schrift (Offenbarung des Johannes). Die heute übl. Gliederung der B. in Kapitel und Verse ist verhältnismäßig jungen Ursprungs (A. T. 16. Jh.; N. T. Kapitel seit S. Langton, ✝ 1228, Verse seit Stephanus, 1551).Handschriften: Die alttestamentl. Schriften verteilen sich nach ihrer Entstehung etwa über ein Jahrtausend und sind mehrfach überarbeitet worden. Der hebr. Wortlaut verfestigte sich seit dem 2. Jh. n. Chr. und wurde seit dem 7. Jh. n. Chr. von jüd. Schriftgelehrten, den Masoreten, überwacht (Masora). Die ältesten Handschriften (Hss.) von Teilen der B. stammen aus den Funden in der Genisa (Schatzkammer) der Synagoge von Kairo und den ersten Funden aus den Höhlen bei Qumran (2. Jh. v. Chr.); fast alle Hss. des grch. A. T. sind christl. Herkunft. Die Schriften des N. T. sind wahrscheinlich gleich nach ihrer Entstehung vielfach abgeschrieben worden. Die wichtigsten neutestamentl. Hss. sind neben den bis ins 2. Jh. zurückreichenden Papyri (Bodmer-Papyri, Chester-Beatty-Papyri) der Codex Sinaiticus (4. Jh.; in London), der Codex Vaticanus (4. Jh.; in Rom), der Codex Alexandrinus (5. Jh.; in London) und der Codex Ephraemi Syri rescriptus (5. Jh.; in Paris). Diese Handschriften enthalten auch ganz oder z. T. das Alte Testament.Übersetzungen: Die älteste grch. Übersetzung des A. T. ist die Septuaginta. Die wichtigsten B.-Übersetzungen sind die bis ins 2. Jh. zurückreichende syr., die kopt. und die lat. Übersetzung, die in der kath. Kirche als Vulgata für authentisch erklärt wurde, die got. Übersetzung des Wulfila (um 370 n. Chr.) und die dt. Übersetzung Luthers aus dem Urtext (1521 das N. T., Erstausg. 1522, so genanntes Septembertestament; 1523-34 das A. T.), die für die evang. Kirchen maßgebend wurde. Wiedergaben von Teilen des N. T. sind der Heliand und die Evangelienharmonie. Ins Hochdeutsche wurde die B. aus der Vulgata schon im 14. Jh. übersetzt und bis 1518 hochdeutsch vierzehnmal, niederdeutsch viermal gedruckt. Die Übersetzung der B. ist bes. die Aufgabe der Bibelgesellschaften. Vollständige Übersetzungen der B. liegen heute (1998) in 366 Sprachen, Übersetzungen des N. T. in 928 Sprachen, Voll- und Teilübersetzungen insgesamt in 2 212 Sprachen vor. - Neuere kath. Übersetzungen sind: Allioli-Arndt (91925) für das A. T. und N. T.; Rießler (1924/25) für das A. T.; Tillmann (21928) für das N. T.; V. Hamp u. a. (291988) für das A. T. und N. T. und bes. die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Neuere evang. Übersetzungen sind: Zürcher Bibel (1931); H. Menge (131954) für das A. T. und N. T.; E. Kautzsch (41922/23) für das A. T.; C. Weizsäcker (Neudr. 1922) und L. Thimme (1946) für das N. T.; H. Bruns (101988) für das A. T. und N. T.; J. Zink (41941, Teilübers.); Luther-Revision des N. T. (1975). Neuere jüd. Übersetzungen stammen von M. Buber und F. Rosenzweig (1926-62).
Literatur:
Kaiser, O.: Grundriß der Einleitung in die kanon. u. deuterokanon. Schriften des Alten Testaments, 3 Bde. Gütersloh 1992-94.
Meyer, Rudolf: Beiträge zur Gesch. von Text u. Sprache des Alten Testaments. Berlin 1993.
Conzelmann, H. u. Lindemann, A.: Arbeitsbuch zum Neuen Testament. Tübingen 111995.
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