Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bevölkerungsentwicklung
Bevölkerungsentwicklung,die Veränderung der Bev.zahl eines bestimmten Gebietes, die v. a. von den Faktoren Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung, Sterblichkeit und Altersstruktur abhängig ist. Da sich die globale B. bislang immer nur durch einen Anstieg der Weltbev. auszeichnete, wird die Bez. Bevölkerungswachstum in einem nahezu synonymen Sinn verwendet, und da eine hohe Zuwachsrate eine immer größere absolute Zunahme der Bev.zahl bewirkt, wird bei der B. seit den 1970er-Jahren häufig von einer »Bev.explosion« gesprochen. Das Maß der B. ist die Wachstumsrate der Bev., die definiert ist als die jährl. Zu- oder Abnahme der Bev.zahl, ausgedrückt in Prozent. Die Weltbev. vergrößerte sich in den Jahrhunderten vor Christi Geburt wie auch danach nur sehr langsam. Bei einer Wachstumsrate von nahezu null bedurfte es mehrerer Jahrtausende, bis sich die Weltbev. verdoppelt hatte. Um 1650 gab es etwa 500 Mio. Menschen auf der Erde, die Wachstumsrate betrug 0,3 % jährlich; dies entsprach einer Verdoppelungszeit von rund 250 Jahren. 1970 betrug die Weltbev. etwa 3,7 Mrd., 1985 etwa 5,7 Mrd. Menschen, was einer Wachstumsrate von 1,6 % und einer Verdoppelungszeit von 44 Jahren entspricht.
Die durchschnittliche jährl. Wachstumsrate der Bev. für 1990-95 betrug in Afrika 2,8 %, in Mittel- und Südamerika 1,8 %, in Asien 1,7 %, in Australien und Ozeanien 1,6 %, in Nordamerika 1,0 und in Europa 0,2 %. Seit etwa dem Ausgang des MA. unterliegt die B. derjenigen Völker, die sich in der Einflusssphäre des zivilisatorisch-techn. Fortschritts befinden, einem gesetzmäßigen Mechanismus: Nach einer Periode relativ stabilen Gleichgewichtes bzw. nur geringer Geburtenüberschüsse, in der hohen Geburtenraten entsprechend hohe Sterberaten gegenüberstehen, sinken infolge der Verbesserung der medizin. und hygien. Verhältnisse zunächst die Sterberaten, wodurch hohe Geburtenüberschüsse entstehen. Im weiteren Verlauf passen sich jedoch die Geburtenraten den - weiterhin abnehmenden - Sterberaten an.
Auf relativ hohen Zivilisationsstufen spielt sich i. d. R. wiederum ein Gleichgewicht ein, bei dem die Bev.zahl über lange Zeit stagniert oder sogar zurückgeht. Bestimmende Faktoren hierfür sind der ökonom. und soziale Wandel: die Verstädterung, die Veränderung der Lebensgewohnheiten (z. B. höhere Aufwendungen für einen angemessenen Lebensstandard des Einzelnen) und v. a. der Lebenssicherung, da die soziale Sicherung durch Großfamilie und Sippenverband durch gesellschaftl. Einrichtungen (Sozialversicherung, Altersversorgung) ersetzt und somit die Kleinfamilie begünstigt wird. Erst in jüngster Zeit treten zusätzlich Familienplanung und Geburtenkontrolle in Erscheinung, verstärkt durch Frauenerwerbstätigkeit, Konsum- und Freizeitstreben sowie Individualisierung.Während die westl. Industrienationen diesen »Bevölkerungszyklus« nahezu vollständig durchlaufen haben und im Wesentlichen stabile, wenn nicht zurückgehende Bev.zahlen aufweisen, befinden sich die Länder der Dritten Welt überwiegend in der Anstiegsphase dieses Prozesses. Bev.veränderungen vollziehen sich in der Dritten Welt vielfach in anderen Größenordnungen als in den Industrienationen. Nach Schätzungen der UN wird die Weltbev. im Jahre 2025 etwa 8,3 Mrd. Menschen betragen.
Literatur:
Birg, H.u. a.:Biograph. Theorie der demograph. Reproduktion. Frankfurt am Main u. a. 1991.
Birg, H.: World population projections for the 21st century. Frankfurt am Main 1995.
The Earthscan reader in population and development, hg. v. P. Demeny u. a. London 1998.
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