Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Begriff
Begriff,abstrakte, gedankliche Darstellung der wesentl. Merkmale von konkret Seiendem; im Ggs. zur empir. Anschauung, die das sinnlich gegebene Konkrete zum Gegenstand hat. Geklärt und gegeneinander abgegrenzt werden B. durch Definitionen und Einordnung in B.-Systeme. Aus der Zusammensetzung von B. entstehen Urteil und Schluss. Eine zentrale philosoph. Frage ist die nach der Seinsweise des im B. dargestellten Denkinhalts: Nach Platon drücken sich im B.-Inhalt Ideen aus, denen Realität in einem höheren Maße zukommt, als das für das konkret Seiende - die Ideen-»Abschattung« - der Fall ist (Begriffsrealismus). Aristoteles hingegen tendiert dazu, den B.-Inhalt als bloßes Produkt gedankl. Abstraktionsleistung zu deuten; eigtl. real sei lediglich der konkrete Gegenstand.
Eine weitere wichtige philosoph. Problematik betrifft das Verhältnis von Erfahrung und Begrifflichkeit: Der Rationalismus behauptet die Existenz apriorischer B., die der Erfahrung vorausgehen, während der Empirismus alle B. allein der sinnl. Erfahrung entsprungen annimmt. Kant sucht diesbezüglich die Synthese: Er unterscheidet empir. B., die der Erfahrung entspringen, von reinen Verstandes-B. (Kategorie) und reinen Vernunft-B. (Idee), die beide dem Erkenntnisvermögen entstammen und die Erfahrung von Gegenständen und Welt ermöglichen sollen.
Mit Hegel gewinnt der Terminus »Begriff« wieder eine auf das Seiende selbst bezogene Bedeutung: B. bezeichnet das Wesen einer Sache, und die dialekt. Bewegung des B. über Thesis, Antithesis und Synthesis gibt unmittelbar die Entwicklung der Wirklichkeit wieder. Dieser Absolutsetzung des B. setzen Kierkegaard, Nietzsche, die Lebens- und die Existenzphilosophie ihre Philosophien des konkret existierenden Lebens entgegen. Der B. wird wieder zur wirklichkeitsfremden Abstraktion.
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