Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bauernbefreiung
Bauernbefreiung,die Lösung der Bauern aus allen herrschaftl. Bindungen durch die Agrarreformen des 18. und 19. Jh.; sie umfasste die persönl. Befreiung aus der Leibeigenschaft oder Erbuntertänigkeit, die Grundentlastung, d. h. die Auflösung der Grundherrschaft oder Gutsherrschaft, die Aufhebung der Gerichtsherrschaft, die Ablösung des Zehnten u. a. herrschaftl. Berechtigungen.
In Preußen bahnten schon Friedrich Wilhelm I. und Friedrich d. Gr. die B. an; Stein hob durch das Edikt vom 9. 10. 1807 die Gutsuntertänigkeit sämtl. Bauern auf; 1811 und 1816 wurde unter Hardenberg die Ablösung der Gutsherrschaft für die Groß- und Mittelbauern verordnet; zum Abschluss der Gesetzgebung kam es 1850. - In Österreich hob Kaiser Joseph II. bereits 1781 die Leibeigenschaft auf, während die bäuerl. Lasten erst durch das Gesetz vom 7. 9. 1848 beseitigt wurden. Auch in den anderen dt. Staaten war der Ablösungsprozess 1848 beendet.
In England hatten die Bauern schon seit dem Ende des MA. die persönl. Freiheit erlangt. - In Frankreich hob die Nationalversammlung am 4. 8. 1789 alle persönl. und sachl. Abhängigkeiten der Bauern entschädigungslos auf. - In Dänemark und Schleswig-Holstein wurde die B. (nach Vorläufern) 1788 vom Staat begonnen. - In Kurland, Livland und Estland führte die dt. Ritterschaft die B. (nach Vorläufern im 18. Jh.) von 1804 bis zur Mitte des 19. Jh. durch. - In Russland erließ Alexander II. am 3. 3. 1861 ein Manifest, durch das die 23 Mio. Leibeigenen die persönl. Freiheit erhielten. - In Ungarn begann die B. 1853/54, in Rumänien 1864.
Literatur:
Dipper, Chr.: Die B. in Deutschland 1790-1850. Stuttgart u. a. 1980.
Eschment, B.: Die Große Reform? Die Bauernreform von 1861 in Rußland in der vorrevolutionären Geschichtsschreibung. Münster u. a. 1994.
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