Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Bangladesh
Bangladẹsh⃟ Fläche: 143 998 km2
Einwohner: (1995) 120,43 Mio.
Hauptstadt: Dhaka
Verwaltungsgliederung: 64 Distrikte
Amtssprache: Bengali
Nationalfeiertage: 26. 3. und 16. 12.
Währung: 1 Taka (Tk.) = 100 Poisha (ps.)
Zeitzone: MEZ + 5 Std.
[-ʃ] (amtl. Bengali: Gana Prajatantri B.), ( Volksrepublik B.), Staat in S-Asien; grenzt im S an den Golf von Bengalen, im W, N und O an Indien und im SO an Birma.
Staat und Recht: Nach der Verf.änderung von 1991 ist B. eine parlamentar. Rep.; Staatsoberhaupt ist der vom Parlament gewählte Präs.; er verfügt nur über repräsentative Vollmachten. Die Exekutive liegt bei der Reg. unter Vorsitz des Premiermin., der der Nationalversammlung (330 Abg., für fünf Jahre gewählt) als Legislative verantwortlich ist. - Wichtigste Parteien: Bangladesh Nationalist Party (BNP), Awami-Liga (AL), Jatiya Party (JP).
Landesnatur: B. nimmt den größeren östl. Teil des fruchtbaren Bengalen ein. Kernlandschaft ist das Deltagebiet von Ganges und Brahmaputra, in dem 70 % der Bev. leben; der SO besteht aus Hügelland. Das Klima ist mild (geringe jahreszeitl. Temperaturunterschiede); reichl. Niederschläge (3 500-5 000 mm jährlich, im W 1 500 mm), bes. in der Monsunzeit. Das zeitl. Zusammentreffen von Monsunregen, Schneeschmelze im Gebirge und trop. Wirbelstürmen im Küstenbereich führt häufig zu Überschwemmungskatastrophen, die die Ernte vernichten und große Landflächen wegreißen. Ein verspätetes Einsetzen des Monsuns hat dagegen Dürreschäden zur Folge.
Bevölkerung: Sie besteht hauptsächlich aus Bengalen; zu den Minderheiten zählen v. a. die 1-1,5 Mio. Bihari (1947 aus dem benachbarten ind. Bundesstaat ausgewandert) und Angehörige versch. Bergstämme in den Grenzgebieten gegen Birma. Mit 700 Ew./km2 weist B. die größte Bev.dichte aller Flächenstaaten der Erde auf; jährl. Bev.zuwachs 2,8 %; 14 % der Bev. leben in Städten. - Es besteht keine allg. Schulpflicht (Analphabetenquote rd. 65 %); es gibt 3 Univ. in Dhaka, je eine in Rajshahi, Mymensingh und Chittagong. - 87 % der Bev. sind Muslime, 12 % Hindus; Buddhisten und Christen bilden Minderheiten.
Wirtschaft, Verkehr: Das hohe Bev.wachstum, der Mangel an Bodenschätzen, die unterentwickelte Infrastruktur sowie häufige Naturkatastrophen sind die Haupthemmnisse für die wirtsch. Entwicklung. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft (v. a. Subsistenzwirtschaft) mit einem Beitrag von etwa 35 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Angebaut werden Reis (auf 73 % der Anbaufläche), Weizen, Hülsen- und Ölfrüchte, Jute, Tabak, im Hügelland Tee. Bes. infolge der Überflutungen besteht eine hohe Importabhängigkeit bei Nahrungsmitteln. - Grundlage der Energiewirtschaft im NO-Teil des Landes sind die Erdgasvorkommen zw. Titas und Sylhet. - Die Ind. (fast 10 % des BIP) zeigt seit der Unabhängigkeit kaum Fortschritte (dominierend sind Nahrungsmittel- und Textilind.). Führende Ind.stadt ist Chittagong (Sonderwirtschaftszone) mit Stahlwerk, Erdölraffinerie, Schiffbau u. a. - Ausgeführt werden v. a. Textilwaren, Garnelen, Fisch, Häute und Felle sowie Tee; Haupthandelspartner sind die EU-Länder, USA, Japan, Singapur. - Hauptverkehrsträger sind die Binnenwasserstraßen (rd. 8 000 km), auf denen der größte Teil des Gütertransports abgewickelt wird; daneben gibt es rd. 7 900 km Straßen mit fester Decke und 2 750 km Eisenbahnstrecken. - Seehäfen haben Chittagong und Mongla (südl. Khulna am Rand der Sundarbans), internat. Flughäfen Dhaka und Chittagong.
Geschichte: Bei der Teilung Indiens (1947) kam der mehrheitlich von Muslimen bewohnte Teil Bengalens an Pakistan und bildete dessen östl. Staatshälfte. Eine von der Awami-Liga (gegr. 1949) unter Mujibur Rahman getragene Autonomiebewegung konnte mit militär. Hilfe Indiens 1971/72 in Ostpakistan den unabhängigen Staat B. errichten (am 26. 3. 1971 Proklamation der Rep., im Jan. 1972 Bildung der Reg., 1975 Einführung eines Präsidialregimes). Nach einem blutigen Militärputsch 1975, in dessen Verlauf Staatspräs. Mujibur Rahman ermordet wurde, und inneren Machtkämpfen 1975/76 leitete General Zia ur-Rahman (seit Dez. 1976 Oberster Kriegsrechtsadministrator und seit 1977 Staatspräs.) den Übergang zu einer zivilen Regierung ein (1979 Wahlsieg der neu gegr. Bangladesh Nationalist Party). 1981 wurde Zia ur-Rahman bei einem fehlgeschlagenen Putsch ermordet. 1982 ergriff das Militär erneut die Macht und verhängte das Kriegsrecht (bis 1986); der Kriegsrechtsadministrator General Hussain Mohammad Ershad ernannte sich 1983 zum Staatspräs. (1986 durch Wahlen bestätigt, 1986 und 1988 Wahlsieg der von ihm geführten Jatiya Party). 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erhoben. Nach anhaltenden Unruhen gegen sein Regime musste Präs. Ershad im Dez. 1990 zurücktreten. Nach den Parlamentswahlen vom Febr. 1991, bei denen die BNP stärkste Partei geworden war, übernahm deren Vorsitzende Khaleda Zia im März 1991 das Amt des MinPräs. Nach Einführung des parlamentar. Reg.systems (Sept. 1991) wählte das Parlament im Okt. 1991 Abdur Rahman Biwas zum Staatspräs.
Auf weltweiten Protest stieß 1993 das von einem »Islam. Gericht« ausgesprochene Todesurteil gegen die Schriftstellerin Taslima Nasrin wegen »Gotteslästerung«.
Mit Streiks und Demonstrationen sowie einem Boykott des Parlaments (seit 1994) suchten die Oppositionsparteien, v. a. die Awami-Liga und die JP, die Reg. Khaleda Zia zum Rücktritt zu zwingen. Nachdem sie darüber hinaus im Febr. 1996 die angesetzten Wahlen boykottiert hatten, trat Khaleda Zia im März 1996 zurück. Aus den von einer Übergangsregierung organisierten Neuwahlen ging im Juni 1996 die Awami-Liga als Siegerin und ihre Vorsitzende Sheikh Hasina Wajed als MinPräs. hervor. Im Okt. 1996 trat Shahabuddin Ahmad, ein pensionierter Oberster Richter, das Amt des Staatspräs. an. Im Dez. 1997 schloss die Reg. mit der Untergrundbewegung der buddhist. Chakma (»Shanti Bahini«), die seit den 1970er-Jahren einen Guerillakampf in der Bergregion um Chittagong im SO führte, einen Friedensvertrag.
▣ Literatur:
W. Böttcher B. Im Schatten der Macht, Beiträge v. u. a., bearb. v. W. Nebelung. Aachen 1986.
⃟ Rashid, H. E.: Geography of B. Dhaka 21991.
⃟ B. Dritte Heidelberger Südasiengespräche, hg. v. C. Conrad u. W.-P. Zingel. Stuttgart 1994.
⃟ Baxter, C. u. S. Rahman: Historical dictionary of Bangladesh. Lanham, Md., 21996.
⃟ The economy of Bangladesh, hg. v. A. N. M. Wahid. Westport, Conn., 1996.
⃟ Die Katastrophe, die Not u. das Geschäft. Das Beispiel B., hg. v. D. Reinhardt. München 1997.
Einwohner: (1995) 120,43 Mio.
Hauptstadt: Dhaka
Verwaltungsgliederung: 64 Distrikte
Amtssprache: Bengali
Nationalfeiertage: 26. 3. und 16. 12.
Währung: 1 Taka (Tk.) = 100 Poisha (ps.)
Zeitzone: MEZ + 5 Std.
[-ʃ] (amtl. Bengali: Gana Prajatantri B.), ( Volksrepublik B.), Staat in S-Asien; grenzt im S an den Golf von Bengalen, im W, N und O an Indien und im SO an Birma.
Staat und Recht: Nach der Verf.änderung von 1991 ist B. eine parlamentar. Rep.; Staatsoberhaupt ist der vom Parlament gewählte Präs.; er verfügt nur über repräsentative Vollmachten. Die Exekutive liegt bei der Reg. unter Vorsitz des Premiermin., der der Nationalversammlung (330 Abg., für fünf Jahre gewählt) als Legislative verantwortlich ist. - Wichtigste Parteien: Bangladesh Nationalist Party (BNP), Awami-Liga (AL), Jatiya Party (JP).
Landesnatur: B. nimmt den größeren östl. Teil des fruchtbaren Bengalen ein. Kernlandschaft ist das Deltagebiet von Ganges und Brahmaputra, in dem 70 % der Bev. leben; der SO besteht aus Hügelland. Das Klima ist mild (geringe jahreszeitl. Temperaturunterschiede); reichl. Niederschläge (3 500-5 000 mm jährlich, im W 1 500 mm), bes. in der Monsunzeit. Das zeitl. Zusammentreffen von Monsunregen, Schneeschmelze im Gebirge und trop. Wirbelstürmen im Küstenbereich führt häufig zu Überschwemmungskatastrophen, die die Ernte vernichten und große Landflächen wegreißen. Ein verspätetes Einsetzen des Monsuns hat dagegen Dürreschäden zur Folge.
Bevölkerung: Sie besteht hauptsächlich aus Bengalen; zu den Minderheiten zählen v. a. die 1-1,5 Mio. Bihari (1947 aus dem benachbarten ind. Bundesstaat ausgewandert) und Angehörige versch. Bergstämme in den Grenzgebieten gegen Birma. Mit 700 Ew./km2 weist B. die größte Bev.dichte aller Flächenstaaten der Erde auf; jährl. Bev.zuwachs 2,8 %; 14 % der Bev. leben in Städten. - Es besteht keine allg. Schulpflicht (Analphabetenquote rd. 65 %); es gibt 3 Univ. in Dhaka, je eine in Rajshahi, Mymensingh und Chittagong. - 87 % der Bev. sind Muslime, 12 % Hindus; Buddhisten und Christen bilden Minderheiten.
Wirtschaft, Verkehr: Das hohe Bev.wachstum, der Mangel an Bodenschätzen, die unterentwickelte Infrastruktur sowie häufige Naturkatastrophen sind die Haupthemmnisse für die wirtsch. Entwicklung. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft (v. a. Subsistenzwirtschaft) mit einem Beitrag von etwa 35 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Angebaut werden Reis (auf 73 % der Anbaufläche), Weizen, Hülsen- und Ölfrüchte, Jute, Tabak, im Hügelland Tee. Bes. infolge der Überflutungen besteht eine hohe Importabhängigkeit bei Nahrungsmitteln. - Grundlage der Energiewirtschaft im NO-Teil des Landes sind die Erdgasvorkommen zw. Titas und Sylhet. - Die Ind. (fast 10 % des BIP) zeigt seit der Unabhängigkeit kaum Fortschritte (dominierend sind Nahrungsmittel- und Textilind.). Führende Ind.stadt ist Chittagong (Sonderwirtschaftszone) mit Stahlwerk, Erdölraffinerie, Schiffbau u. a. - Ausgeführt werden v. a. Textilwaren, Garnelen, Fisch, Häute und Felle sowie Tee; Haupthandelspartner sind die EU-Länder, USA, Japan, Singapur. - Hauptverkehrsträger sind die Binnenwasserstraßen (rd. 8 000 km), auf denen der größte Teil des Gütertransports abgewickelt wird; daneben gibt es rd. 7 900 km Straßen mit fester Decke und 2 750 km Eisenbahnstrecken. - Seehäfen haben Chittagong und Mongla (südl. Khulna am Rand der Sundarbans), internat. Flughäfen Dhaka und Chittagong.
Geschichte: Bei der Teilung Indiens (1947) kam der mehrheitlich von Muslimen bewohnte Teil Bengalens an Pakistan und bildete dessen östl. Staatshälfte. Eine von der Awami-Liga (gegr. 1949) unter Mujibur Rahman getragene Autonomiebewegung konnte mit militär. Hilfe Indiens 1971/72 in Ostpakistan den unabhängigen Staat B. errichten (am 26. 3. 1971 Proklamation der Rep., im Jan. 1972 Bildung der Reg., 1975 Einführung eines Präsidialregimes). Nach einem blutigen Militärputsch 1975, in dessen Verlauf Staatspräs. Mujibur Rahman ermordet wurde, und inneren Machtkämpfen 1975/76 leitete General Zia ur-Rahman (seit Dez. 1976 Oberster Kriegsrechtsadministrator und seit 1977 Staatspräs.) den Übergang zu einer zivilen Regierung ein (1979 Wahlsieg der neu gegr. Bangladesh Nationalist Party). 1981 wurde Zia ur-Rahman bei einem fehlgeschlagenen Putsch ermordet. 1982 ergriff das Militär erneut die Macht und verhängte das Kriegsrecht (bis 1986); der Kriegsrechtsadministrator General Hussain Mohammad Ershad ernannte sich 1983 zum Staatspräs. (1986 durch Wahlen bestätigt, 1986 und 1988 Wahlsieg der von ihm geführten Jatiya Party). 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erhoben. Nach anhaltenden Unruhen gegen sein Regime musste Präs. Ershad im Dez. 1990 zurücktreten. Nach den Parlamentswahlen vom Febr. 1991, bei denen die BNP stärkste Partei geworden war, übernahm deren Vorsitzende Khaleda Zia im März 1991 das Amt des MinPräs. Nach Einführung des parlamentar. Reg.systems (Sept. 1991) wählte das Parlament im Okt. 1991 Abdur Rahman Biwas zum Staatspräs.
Auf weltweiten Protest stieß 1993 das von einem »Islam. Gericht« ausgesprochene Todesurteil gegen die Schriftstellerin Taslima Nasrin wegen »Gotteslästerung«.
Mit Streiks und Demonstrationen sowie einem Boykott des Parlaments (seit 1994) suchten die Oppositionsparteien, v. a. die Awami-Liga und die JP, die Reg. Khaleda Zia zum Rücktritt zu zwingen. Nachdem sie darüber hinaus im Febr. 1996 die angesetzten Wahlen boykottiert hatten, trat Khaleda Zia im März 1996 zurück. Aus den von einer Übergangsregierung organisierten Neuwahlen ging im Juni 1996 die Awami-Liga als Siegerin und ihre Vorsitzende Sheikh Hasina Wajed als MinPräs. hervor. Im Okt. 1996 trat Shahabuddin Ahmad, ein pensionierter Oberster Richter, das Amt des Staatspräs. an. Im Dez. 1997 schloss die Reg. mit der Untergrundbewegung der buddhist. Chakma (»Shanti Bahini«), die seit den 1970er-Jahren einen Guerillakampf in der Bergregion um Chittagong im SO führte, einen Friedensvertrag.
▣ Literatur:
W. Böttcher B. Im Schatten der Macht, Beiträge v. u. a., bearb. v. W. Nebelung. Aachen 1986.
⃟ Rashid, H. E.: Geography of B. Dhaka 21991.
⃟ B. Dritte Heidelberger Südasiengespräche, hg. v. C. Conrad u. W.-P. Zingel. Stuttgart 1994.
⃟ Baxter, C. u. S. Rahman: Historical dictionary of Bangladesh. Lanham, Md., 21996.
⃟ The economy of Bangladesh, hg. v. A. N. M. Wahid. Westport, Conn., 1996.
⃟ Die Katastrophe, die Not u. das Geschäft. Das Beispiel B., hg. v. D. Reinhardt. München 1997.