Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ballett
Ballẹtt[italien. balletto, Diminutiv von ballo »Tanz«] das, von Musik begleiteter künstler. Bühnentanz, auch das Bühnenensemble, das diesen Tanz ausführt, und das aufgeführte Stück. Seinen Ursprung hat das B. an den italien. und frz. Fürstenhöfen der Renaissance, wo bei Festlichkeiten prunkvolle Aufzüge, allegor. Darstellungen und Maskenspiele mit Pantomime und Tanz dargeboten wurden. Die Blütezeit des B. begann unter Ludwig XIV. in Frankreich; 1661 wurde in Paris die erste Tanzakademie gegründet. Von der frz. Aufklärung beeinflusst, wandte sich J. G. Noverre gegen das erstarrte barocke Prunk-B. und verhalf einer auf natürl. Ausdruck gerichteten dramat. B.-Kunst (Handlungs-B.) zum Durchbruch. Seine endgültige Gestalt nahm das B. in der Romantik an. Der Spitzentanz und die verschiedensten nat. Charaktertänze ermöglichten eine Erweiterung der klass. B.-Technik. Einen neuen Höhepunkt erreichte das klass. B. im 19. Jh. in St. Petersburg, wo M. Petipa für das kaiserl. Marientheater P. Tschaikowskys »Dornröschen«, »Schwanensee«, »Der Nußknacker« u. a. choreographierte. Die russ. Tradition setzte sich am Bolschoi-Theater in Moskau fort. 1909 eröffnete S. Diaghilew in Paris die Ballets Russes, die den Anstoß zu einem Aufschwung des B. in W-Europa und den USA gaben. Seit Anfang des 20. Jh. trat neben den klass. Tanz der Ausdruckstanz; wegweisend wirkten hier I. Duncan, R. von Laban, M. Wigman und K. Joos. In Form des amerikan. Moderndance (u. a. R. Saint Denis, T. Shawn, M. Graham) hat der Ausdruckstanz das moderne B. entscheidend geprägt. Neue große B.-Kompanien wurden von ehemaligen Mitgliedern der Ballets Russes geschaffen, so das engl. Royal Ballet (Vorbild u. a. für das B. in Stuttgart unter J. Cranko und M. Haydée) von N. de Valois, das New York City Ballet von G. Balanchine (zus. mit M. Graham Vorbild aller jüngeren amerikan. Choreographen), das B. der Pariser Oper unter S. Lifar. Von den vielfältigen B.-Typen und ihren Vertretern in neuerer Zeit sind v. a. hervorzuheben: das Handlungs-B. (J. Neumeier), die Ballettoper (F. Ashton, L. Massine), das durchchoreographierte Musical (J. Robbins), das B.-Theater (M. Béjart), das konzertante B. (G. Balanchine, H. van Manen) und das Tanztheater (P. Bausch).
Literatur:
Liechtenhan, R.: Ballettgeschichte im Überblick für Tänzer u. ihr Publikum. Wilhelmshaven 1990.
Regitz, H. u. a.: Reclams Ballettführer. Stuttgart 111992.
Vom Tanz zum B. Gesch. u. Grundbegriffe des Bühnentanzes, bearb. v. R. Liechtenhan. Stuttgart u. a. 21993.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Ballett