Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
ägyptische Kunst.
ägỵptische Kunst. Aus bescheidenen Anfängen und in enger Verflechtung mit den frühen künstler. Gestaltungen des benachbarten Vorderasien entwickelte sich die ä. K. um 3000 v. Chr. zu einer ersten eigenständigen Blüte hervor. In der Baukunst traten seit der Reichseinigung der Holz- und Schilfrohrbau der oberägypt. Nomaden und der Luftziegelbau der unterägypt. Bauern in Wechselwirkung. In monumentalen Bauten (in der Frühzeit aus Ziegeln, seit dem Alten Reich auch aus Stein) dokumentierte sich der Machtanspruch der Könige. Das Hügelgrab der Nomaden wandelte sich zur blockartigen, steinverkleideten Mastaba mit Kultkammer. Aus ihr bildete sich (seit dem Alten Reich) die Stufenpyramide als Königsgrab heraus (z. B. die Pyramide des Djoser in Sakkara). In die 4. Dynastie fällt die Blüte der Pyramidenkunst (mit Totentempeln). Für Beamte wurden seit dem Alten Reich Felsengräber angelegt; in solchen wurden im Neuen Reich auch Könige beigesetzt. Der ägypt. Tempel wurde als Prozessionstempel entlang einer geraden Achse errichtet: Eine Sphinxallee führte durch Tortürme (Pylonen) und einen von Säulenhallen umgebenen Hof in einen als dreischiffige Basilika angelegten Säulensaal, hinter dem das Allerheiligste mit dem Götterbild lag. Des Weiteren entstand eine dem grch. Peripteros ähnliche Tempelform.Die Plastik in Tempeln und Gräbern wurde mit dem Fortleben des Menschen im Jenseits verbunden und bildete ihn daher so ab, wie er seinem zeitlosen Wesen und seiner sozialen Funktion nach gesehen wurde: frei von vergängl. Zufälligkeiten, unabhängig von Lebensalter, Bewegung und Tätigkeit. Daher fehlen Kinder- und Altersbildnisse fast völlig, und auch porträthafte Ähnlichkeit ist wohl nie angestrebt worden. Mann und Frau wurden durch ihre Tracht sowie verschiedenartige Grundstellung und Körperfarbe (Männer rotbraun, Frauen gelb) unterschieden. - Die ä. K. hielt an den Grundlagen der Personendarstellung mit wenigen Abweichungen oder Unterbrechungen (Amarna-Stil, Amarna) durch alle Zeiten fest. Bis in die Spätzeit blieb die Form des »Würfelhockers« beliebt, die den Menschen auf eine fast reine Würfelform reduzierte. - Im gleichen Sinnzusammenhang wie die Plastik standen die Reliefs an den Wänden der Tempel und Gräber. Die Darstellung ist unräumlich und unperspektivisch, ohne Schatten und lichtgebundenes Farbenspiel. Alle Objekte, auch Teile des menschl. Körpers, werden in der für sie charakterist. Ansicht dargestellt, also entweder von vorn oder von der Seite. Die Bilder wenden sich nicht an einen Betrachter; die Figuren blicken nicht aus der Bildfläche heraus. Die Zeitlosigkeit der Darstellung lässt in einem Bild oft mehrere Handlungsabläufe nebeneinander zu.Eine eigenständige Wandmalerei neben den stets bemalten Reliefs entfaltete sich erst mit der Gestaltung von Gräbern und Palästen des Neuen Reiches (Amarna).Das Kunsthandwerk zeichnete sich zu allen Zeiten durch vollendete Stein-, Metall-, Holz- und Glastechnik sowie durch strenge, zweckgemäße Schönheit der Form aus.
Die Grenzen zw. Kunst und Schrift sind fließend; jede Hieroglyphe kann als ein kleines Kunstwerk gestaltet, Bilder können »gelesen« werden. Für abstrakte Vorstellungen wie etwa Zeit, Licht oder Schöpfung wurden prägnante Bildzeichen geschaffen.
▣ Literatur:
Brunner-Traut, E.: Ägypten. Kunst- u. Reiseführer mit Landeskunde. Stuttgart 61988.
⃟ Pelizaeus-Museum Hildesheim. Die Ägypt. Sammlung, hg. v. A. Eggebrecht. Mainz 1993.
⃟ Arnold, D.: Lexikon der ägypt. Baukunst. München u. a. 1994.
ägỵptische Kunst. Aus bescheidenen Anfängen und in enger Verflechtung mit den frühen künstler. Gestaltungen des benachbarten Vorderasien entwickelte sich die ä. K. um 3000 v. Chr. zu einer ersten eigenständigen Blüte hervor. In der Baukunst traten seit der Reichseinigung der Holz- und Schilfrohrbau der oberägypt. Nomaden und der Luftziegelbau der unterägypt. Bauern in Wechselwirkung. In monumentalen Bauten (in der Frühzeit aus Ziegeln, seit dem Alten Reich auch aus Stein) dokumentierte sich der Machtanspruch der Könige. Das Hügelgrab der Nomaden wandelte sich zur blockartigen, steinverkleideten Mastaba mit Kultkammer. Aus ihr bildete sich (seit dem Alten Reich) die Stufenpyramide als Königsgrab heraus (z. B. die Pyramide des Djoser in Sakkara). In die 4. Dynastie fällt die Blüte der Pyramidenkunst (mit Totentempeln). Für Beamte wurden seit dem Alten Reich Felsengräber angelegt; in solchen wurden im Neuen Reich auch Könige beigesetzt. Der ägypt. Tempel wurde als Prozessionstempel entlang einer geraden Achse errichtet: Eine Sphinxallee führte durch Tortürme (Pylonen) und einen von Säulenhallen umgebenen Hof in einen als dreischiffige Basilika angelegten Säulensaal, hinter dem das Allerheiligste mit dem Götterbild lag. Des Weiteren entstand eine dem grch. Peripteros ähnliche Tempelform.Die Plastik in Tempeln und Gräbern wurde mit dem Fortleben des Menschen im Jenseits verbunden und bildete ihn daher so ab, wie er seinem zeitlosen Wesen und seiner sozialen Funktion nach gesehen wurde: frei von vergängl. Zufälligkeiten, unabhängig von Lebensalter, Bewegung und Tätigkeit. Daher fehlen Kinder- und Altersbildnisse fast völlig, und auch porträthafte Ähnlichkeit ist wohl nie angestrebt worden. Mann und Frau wurden durch ihre Tracht sowie verschiedenartige Grundstellung und Körperfarbe (Männer rotbraun, Frauen gelb) unterschieden. - Die ä. K. hielt an den Grundlagen der Personendarstellung mit wenigen Abweichungen oder Unterbrechungen (Amarna-Stil, Amarna) durch alle Zeiten fest. Bis in die Spätzeit blieb die Form des »Würfelhockers« beliebt, die den Menschen auf eine fast reine Würfelform reduzierte. - Im gleichen Sinnzusammenhang wie die Plastik standen die Reliefs an den Wänden der Tempel und Gräber. Die Darstellung ist unräumlich und unperspektivisch, ohne Schatten und lichtgebundenes Farbenspiel. Alle Objekte, auch Teile des menschl. Körpers, werden in der für sie charakterist. Ansicht dargestellt, also entweder von vorn oder von der Seite. Die Bilder wenden sich nicht an einen Betrachter; die Figuren blicken nicht aus der Bildfläche heraus. Die Zeitlosigkeit der Darstellung lässt in einem Bild oft mehrere Handlungsabläufe nebeneinander zu.Eine eigenständige Wandmalerei neben den stets bemalten Reliefs entfaltete sich erst mit der Gestaltung von Gräbern und Palästen des Neuen Reiches (Amarna).Das Kunsthandwerk zeichnete sich zu allen Zeiten durch vollendete Stein-, Metall-, Holz- und Glastechnik sowie durch strenge, zweckgemäße Schönheit der Form aus.
Die Grenzen zw. Kunst und Schrift sind fließend; jede Hieroglyphe kann als ein kleines Kunstwerk gestaltet, Bilder können »gelesen« werden. Für abstrakte Vorstellungen wie etwa Zeit, Licht oder Schöpfung wurden prägnante Bildzeichen geschaffen.
▣ Literatur:
Brunner-Traut, E.: Ägypten. Kunst- u. Reiseführer mit Landeskunde. Stuttgart 61988.
⃟ Pelizaeus-Museum Hildesheim. Die Ägypt. Sammlung, hg. v. A. Eggebrecht. Mainz 1993.
⃟ Arnold, D.: Lexikon der ägypt. Baukunst. München u. a. 1994.