Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Asylrecht
Asylrecht, allgemein und historisch das Recht auf Schutz vor politisch motivierter Verfolgung. Schon in frühen Kulturen erlangten Verfolgte Schutz durch das Betreten hl. Stätten oder durch Berühren hl. Gegenstände. Verletzung des A. galt als Frevel. Während das A. bes. bei Juden und Griechen geachtet wurde, schwächten es die Römer dort ab, wo es mit ihrem Machtanspruch kollidierte. Seit Kaiser Konstantin I. wurde das A. in christl. Stätten, Kirchen, Klöstern u. Ä. respektiert. Die kath. Kirche hält seit 1983 am kirchl. Aysl formell nicht mehr fest, wie überhaupt das in der jüngeren A.-Diskussion oft zitierte Kirchenasyl zugunsten von Abschiebung Bedrohter staatsrechtlich keinen Schutz genießt.Völkerrecht: Das allgemeine Völkerrecht gibt dem Einzelnen kein Recht, in einem Staat seiner Wahl Zuflucht zu suchen, garantiert den Staaten aber das Recht, Asyl zu gewähren, sei es auf seinem Territorium (territoriales Asyl) oder in seiner Auslandsvertretung (diplomat. Asyl).Geltendes A.: Das dt. GG gewährt politisch Verfolgten auch nach den zur Jahresmitte 1993 in Kraft getretenen Änderungen des A. unter bestimmten Voraussetzungen einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Asyl (Art. 16 a Abs. 1). Politisch Verfolgter ist jeder, der wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner polit. Überzeugung verfolgt und bedroht wird. Auf dieses Recht kann sich aber nicht berufen, wer aus einem Staat der Europ. Union oder aus einem anderen vor Verfolgung »sicheren Drittstaat« einreist (Art. 16 a Abs. 2). Asylbewerber, die aus diesen Staaten einzureisen suchen, können sofort zurückgewiesen werden. Grundgedanke hierfür ist die Vorstellung, dass diese Staatengruppe einen dem dt. A. vergleichbaren Rechtsstandard bietet. Darüber hinaus sieht der bes. heftig umstrittene Art. 16 a Abs. 3 vor, dass Asylbewerber aus gesetzlich benannten »sicheren Herkunftsstaaten«, in denen anhand gesetzlich fixierter Kriterien polit. Verfolgung oder unmenschl. oder erniedrigende Behandlung ausgeschlossen erscheinen, das A. nur in Anspruch nehmen können, wenn sie Tatsachen vorbringen können, aus denen auf ihre Verfolgung zu schließen ist. Beide Staatengruppen werden durch Gesetz bestimmt.
Grundlage der Verfahren ist das Asylverfahrens-Ges. i. d. F. v. 27. 7. 1993. Von großer prakt. Bedeutung ist die »Flughafenregelung«, die es erlaubt, Asylbewerber, die auf dem Luftweg nach Dtl. einreisen, bis zu 19 Tagen auf dem Flughafengelände festzuhalten und das Asylverfahren dort durchzuführen. In Österreich gelten für die Einreise von Asylbewerbern die Bestimmungen des Pass-Ges. von 1992, des Fremden-Ges. von 1992 und des Asyl-Ges. von 1991. Österreich folgt dem »Grundsatz des sicheren Erstasyllandes«.
In der Schweiz ist das Asyl-Ges. am 22. 6. 1990 umfassend revidiert worden, um die Verfahren zu beschleunigen und den stark gestiegenen Asylbewerberzahlen entgegenzuwirken.
Literatur:
J. W. Steiner. Österreichisches A. unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bearb. v. Wien 1990.
Treiber, W.: Die Asylrelevanz von Folter, Todesstrafe u. sonstiger unmenschl. Behandlung. Rheinfelden 1990.
Hailbronner, K.: Reform des A.s. Steuerung u. Kontrolle des Zuzugs von Ausländern. Konstanz 1994.
Hb. des Ausländer- u. Asylrechts, hg. v. B. Huber, bearb. v. H. Alexy u. a. Loseblatt-Ausg. München 1994 ff.
Bamberger, W.: Ausländerrecht u. Asylverfahrensrecht. München 1995.
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