Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Arzt
Arzt[ahd. arzāt, von grch. archíatros »Oberheilkundiger«], Berufsbez. für Männer oder Frauen (Ärztinnen), die nach einer wiss. Ausbildung den Heilberuf ausüben und zum Führen dieser Bez. aufgrund der Approbation berechtigt sind. Der A. ist durch das Genfer »Ärztegelöbnis« (1948, früher »Eid des Hippokrates«) verpflichtet, seinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde auszuüben. Der A.-Beruf ist kein Gewerbe, sondern ein freier Beruf. Grundlage des Verhältnisses im Rechtssinne zw. A. und Patient ist ein Dienst- oder Werkvertrag. Außer in Notfällen besteht für den A. keine Behandlungspflicht. Die Ausbildung des A. in Dtl. ist in der Approbationsordnung i. d. F. v. 14. 7. 1987 gesetzlich geregelt: Sie findet auf der Grundlage der Hochschulreife an den medizin. Fakultäten der wiss. Hochschulen statt und gliedert sich in einen vorklin. (bes. theoretisch-naturwiss.) Teil (mindestens vier Semester) mit ärztl. Vorprüfung und einen klin. Teil (mindestens sechs Semester) sowie ein prakt. Jahr in einem dafür zugelassenen Krankenhaus. Nach Bestehen der Prüfungen erteilt der Staat eine befristete Berufserlaubnis als Arzt. Die Approbation wird erst nach einer anschließenden Praktikumszeit (Arzt im Praktikum; seit 1. 7. 1987 18 Monate) erteilt. Bestandteile der Ausbildung sind eine Ausbildung in erster Hilfe, ein Krankenpflegedienst von zwei Monaten und eine Famulatur von vier Monaten.Der A. hat dem Kranken gegenüber eine Aufklärungspflicht über Natur und Behandlung seines Leidens; ihre Grenzen sind zwar umstritten, doch muss der A. wenigstens »im Großen und Ganzen« den Patienten über die mit der Behandlung verbundenen Gefahren informieren. Nach der staatl. Approbation kann sich der A. freiwillig einer geregelten Weiterbildung (4-6 Jahre) in einer Reihe von Gebieten und Teilgebieten unterziehen. Die Anerkennung der abgeleisteten Weiterbildung (früher »Facharztanerkennung«) erfolgt durch einen Prüfungsausschuss der Ärztekammer. - Gebiete und Teilgebiete nach den an die Stelle der Fachordnungen getretenen Weiterbildungsordnungen:
1. Allgemeinmedizin; 2. Anästhesiologie; 3. Arbeitsmedizin; 4. Augenheilkunde; 5. Chirurgie (Teilgebiete: Kinder-, Gefäß-, plast. Chirurgie, Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Unfallchirurgie); 6. Frauenheilkunde und Geburtshilfe; 7. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (Teilgebiete: Phoniatrie, Pädaudiologie); 8. Haut- und Geschlechtskrankheiten; 9. Hygiene; 10. Innere Medizin (Teilgebiete: Endokrinologie, Gastroenterologie, Hämatologie, Kardiologie, Lungen- und Bronchialheilkunde, Nephrologie, Rheumatologie); 11. Kinderheilkunde (Teilgebiet: Kinderkardiologie); 12. Kinder- und Jugendpsychiatrie; 13. Laboratoriumsmedizin; 14. Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie; 15. Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie; 16. Nervenheilkunde (Neurologie und Psychiatrie); 17. Neurochirurgie; 18. Neurologie; 19. Nuklearmedizin; 20. öffentl. Gesundheitswesen; 21. Orthopädie (Teilgebiet: Rheumatologie); 22. Pathologie (Teilgebiet: Neuropathologie); 23. Pharmakologie und Toxikologie (Teilgebiet: klin. Pharmakologie); 24. Psychiatrie; 25. Radiologie (Teilgebiet: Strahlentherapie); 26. Rechtsmedizin; 27. Urologie.
Außerdem können Zusatzbezeichnungen z. B. für Bereiche wie Homöopathie, Psychotherapie oder Sportmedizin geführt werden. - Gesetzlich berufene Standesvertretungen sind die Ärztekammern und die Kassenärztl. Vereinigungen. Berufspolit. Verbände sind z. B. der Hartmannbund (Verband der Ärzte Dtl.), der Marburger Bund (Verband der angestellten Ärzte Dtl.). Nach einer VO der EG (in Kraft seit 20. 12. 1976) dürfen Ärzte aus Ländern der EG (EU) in jedem Mitgliedsland praktizieren.
Literatur:
H. Goerke. A. u. Heilkunde. Vom Asklepiospriester zum Klinikarzt, bearb. v. München 21987.
Stobrawa, F. F.: Die ärztl. Organisationen. Düsseldorf 21989.
A. u. Kranker. Ethische u. humanitäre Fragen in der Medizin, hg. v. J. R. Bierich. Tübingen 1992.
Laufs, A.: Arztrecht. München 51993.
Trichtel, F.: Ärzte, Bastler u. Schamanen. Krit. Auseinandersetzung mit den Irrwegen der Medizin u. deren Lösungsversuchen. Frankfurt am Main 1995.
Wiesing, U.: Zur Verantwortung des Arztes. Stuttgart-Bad Cannstatt 1995.
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