Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Arbeitslosenversicherung
Arbeitslosenversicherung,die staatl. Pflichtversicherung der Arbeitnehmer gegen die wirtsch. Folgen der Arbeitslosigkeit, geregelt im dritten Buch des Sozialgesetzbuchs (bis zum 31. 12. 1997 im Arbeitsförderungsgesetz, AFG). Träger ist die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren (Landes-)Arbeitsämtern. Finanziert wird die A. je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (1997 jeweils 3,25 % des Bruttoarbeitsentgelts bis zur Beitragsbemessungsgrenze) sowie durch Bundeszuschüsse. Versicherungspflichtig sind alle gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Arbeitnehmer (auch Heimarbeiter), wenn ihre wöchentl. Arbeitszeit mehr als 18 Stunden beträgt. Hauptleistungen und Maßnahmen der A. sind Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Kurzarbeitergeld (Kurzarbeit), Insolvenzgeld (früher Konkursausfallgeld), Winterausfallgeld, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Förderung der berufl. Bildung (Umschulung), Maßnahmen der Rehabilitation und Existenzgründungshilfen. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer arbeitslos ist (d. h. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt), der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (eine zumutbare Beschäftigung ausüben kann und dazu bereit ist), die Anwartschaft erfüllt (in den letzten drei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit 12 Monate beitragspflichtig beschäftigt war), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat. Dieses wird, abhängig von der vorherigen beitragspflichtigen Beschäftigung und vom Lebensalter, z. B. nach einer Beschäftigung von 12 (24) Monaten und vor Vollendung des 45. Lebensjahres 6 (24) Monate, maximal 32 Monate gewährt. Das Arbeitslosengeld beträgt für Arbeitslose mit Kind 67 %, für die Übrigen 60 % des früheren Netto-Arbeitsentgelts. Weigert sich der Arbeitslose, eine zumutbare Arbeit anzunehmen oder an einer notwendigen Maßnahme zur berufl. Fortbildung oder Umschulung teilzunehmen, kann das Arbeitslosengeld bis zu 12 Wochen versagt werden (Sperrzeit), ebenso, wenn er eine Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund aufgibt. Anders als Arbeitslosengeld wird die Arbeitslosenhilfe aus dem Bundeshaushalt finanziert. Sie erhält, wer seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgeschöpft hat, in der Vorfrist mindestens 5 Monate beschäftigt war oder einen »Ersatztatbestand« erfüllt. Zusätzl. wird die Bedürftigkeit geprüft, wobei das persönl. Einkommen und Vermögen sowie ggf. Ehepartnereinkommen oder Unterhaltsansprüche eine Rolle spielen. Die Arbeitslosenhilfe beträgt 57 % für Arbeitslose mit Kind, ansonsten 53 % des Netto-Arbeitsentgelts. Während des Bezugs von Leistungen der A. zahlt das Arbeitsamt in bestimmten Fällen auch die Sozialversicherungsbeiträge der Leistungsempfänger.Auch in Österreich ist die A. staatl. Pflichtversicherung. Versicherungspflichtig sind u. a. Dienstnehmer sowie Heimarbeiter. Leistungen der A. sind: 1) Arbeitslosengeld (bis zu 80 % des letzten Entgelts), 2) Notstandshilfe (mit Bedürftigkeitsprüfung), 3) Karenzurlaubsgeld für Dienstnehmerinnen und zugleich Mütter bzw. Väter zwei Jahre lang nach Geburt des Kindes. In der Schweiz wurde die A. 1976 obligatorisch. Versicherungspflichtig sind bes. die Pflichtversicherten der Alters- und Hinterlassenenversicherung. Leistungen: Arbeitslosenentschädigungen in Form von Tagegeldern, bestehend aus Grundentschädigung (70-80 % des versicherten Tagesverdienstes) und Zulagen für Unterhalts- und Unterstützungspflichtige; ferner Kurzarbeits-, Schlechtwetter- und Insolvenzentschädigungen.Geschichte: Die Anfänge der A. gehen auf Selbsthilfe der Arbeiter zurück. Die dt. Gewerkschaften gingen frühzeitig dazu über, ihre arbeitslosen Mitgl. zu unterstützen. Die erste staatl. Pflichtversicherung wurde 1911 in Großbritannien eingeführt. In Dtl. wurde die Arbeitslosenunterstützung 1918 durch Reichs-VO den Gemeinden übertragen, und 1923 wurden Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beitragsleistung herangezogen. Die staatl. Pflichtversicherung wurde durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und A. (AVAVG) 1927 eingeführt.
▣ Literatur:
Stascheit, U.u. Turk, E.: Leitfaden für Arbeitslose. Frankfurt am Main 111994.
⃟ Schmid, Hans u. a.: Arbeitslosigkeit u. A. aus ökonom. Sicht. Bern u. a. 1995.
▣ Literatur:
Stascheit, U.u. Turk, E.: Leitfaden für Arbeitslose. Frankfurt am Main 111994.
⃟ Schmid, Hans u. a.: Arbeitslosigkeit u. A. aus ökonom. Sicht. Bern u. a. 1995.