Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Arbeit
Arbeit[ahd. ar(a)beit »Mühe«, »Plage«],
1) bewusstes, zielgerichtetes Handeln des Menschen zum Zweck der Existenzsicherung wie der Befriedigung von Einzelbedürfnissen; zugleich wesentl. Moment der Daseinserfüllung. In der Volkswirtschaftslehre wird A. als einer der Produktionsfaktoren erkannt, dem entscheidende Bedeutung für die Erzeugung wirtsch. Güter und Dienstleistungen zukommt. Im Einzelnen richtet sich die A. im ökonom. Sinn auf Vorproduktion (Gewinnung von Naturerzeugnissen), Gewerbe (Rohstoffveredlung und -verarbeitung), Vermittlung und Verteilung von Gütern (Handel, Verkehr), Wirtschaftsdisposition (Geldverkehr, Verwaltung) sowie Erzeugung und Pflege kultureller Werte. Die Grenze zw. körperl. und geistiger A. ist fließend. - Die betriebswirtschaftlich orientierte Definition unterscheidet zw. dem Elementarfaktor der ausführenden A. und der dispositiven A. (planende und leitende Tätigkeiten). Steuerrechtlich relevant ist v. a. die Unterscheidung von selbstständiger A. (Tätigkeit in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung) und unselbstständiger A. (Tätigkeit auf Anweisung eines Arbeitgebers, d. h. auf fremde Rechnung). Die Arbeitskapazität einer Bev. wird bes. durch Altersaufbau, Gesundheit und Ausbildungsstand, die Arbeitsproduktivität (Leistung je Arbeitsstunde) durch optimale Kombination mit den übrigen Produktionsfaktoren bestimmt.Die Industrialisierung hat den Charakter der A. tief greifend verändert (industrielle Revolution). Durch zunehmende Arbeitsteilung, Steigerung des Arbeitstempos mittels Technisierung und Mechanisierung ging für den Arbeiter z. T. der Überblick über Arbeitsverrichtung und Arbeitsobjekte als Ganzes verloren; hieraus ergaben sich Gefahren der Monotonie und Ermüdung. Seit den 1970er-Jahren entwickelte sich die Forderung nach Humanisierung der A., d. h. einer menschengerechten Gestaltung der Arbeitsplätze mit entsprechenden Untersuchungen im Rahmen der Arbeitswissenschaft. Danach soll die Gestaltung der Produktionsmittel, -organisation und -bedingungen soweit wie möglich an den Menschen angepasst werden (Entwicklung von Schutznormen, Automatisierung gefährl. A., Verringerung des Arbeitstempos und -pensums, selbstständige Bestimmung der Arbeitsverteilung, z. B. in Form gleitender Arbeitszeit, Beteiligung an der Planung, Selbstkontrolle von Arbeitsablauf und -ergebnis). Zur Verhinderung phys. und psych. Überforderung wird ein Abbau des Leistungsdrucks angestrebt. Zur Arbeitsvariation gehören Arbeitswechsel (Jobrotation), Arbeitserweiterung (Jobenlargement) und Arbeitsbereicherung (Jobenrichment). In den letzten Jahren widmen sich ergonom. Untersuchungen vermehrt der Frage, wie Bildschirm- und PC-Arbeitsplätze und -programme ausgestaltet sein müssen, um den menschl. Anforderungen besser zu genügen.Kulturgeschichte: Die Einschätzung der A. hat sich im Lauf der abendländ. Geschichte entscheidend gewandelt. Im klass. Altertum wurde die ausführende, bes. die körperl. A. im Unterschied zur wiss. und polit. Tätigkeit als eines freien Menschen unwürdig betrachtet und meist von Sklaven ausgeübt. Nach den Aussagen des A. T. ist A. Mühsal und geschieht im Schweiße des Angesichts (1. Mos. 3, 17 und 19). Die erfüllte Ruhe nach der A. wird beispielhaft im 7. Schöpfungstag gesehen. Zunächst wurde weltl. A. nur als Lebenspflicht und Buße verstanden, seit der Reformation aber als Gottesdienst und als Dienst am Mitmenschen gesehen, im Kalvinismus allerdings auch an ihrem Erfolgswert gemessen. Neben diesen religiösen, eth. und prakt. Aspekten wurde die A. v. a. seit G. W. F. Hegel, der sie als Mittel der Selbstbewusstwerdung und zur Befreiung des Menschen charakterisierte, und von ihm ausgehend im System des histor. Materialismus von K. Marx theoretisch-systematisch behandelt. Auch in der neuzeitl. philosoph. Anthropologie wird die A. innerhalb der Definition des menschl. Wesens überwiegend als dessen bestimmendes Merkmal gesehen.
Demgegenüber wurde auf die gleichwertige Bedeutung von Muße und Besinnung im menschl. Dasein hingewiesen oder sogar in einer erneuten Umwertung zur Ablehnung der A. geschritten. Der Marxismus sieht in der Abschaffung der kapitalist. Gesellschaft die Voraussetzung für die Beseitigung von Ausbeutung und Entfremdung in der A.; Erscheinungen dieser Art sucht die nicht marxist. Kritik durch Veränderung der technisch-organisator. und der sozialen Arbeitsbedingungen zu beheben. Vor dem Hintergrund abnehmender Arbeitszeiten und Arbeitslosigkeit sowie einer Zunahme dispositiver A. wurde in den letzten Jahren vermehrt die These erörtert, ob sich die Gesellschaft von einer Arbeits- in eine Freizeitgesellschaft gewandelt habe (Freizeit).
▣ Literatur:
Offe, C.: »Arbeitsgesellschaft«. Strukturprobleme u. Zukunftsperspektiven. Frankfurt am Main u. a. 1984.
⃟ A. der Zukunft, Zukunft der A., hg. v. der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft für Internationalen Dialog. Stuttgart 1994.
⃟ Wege aus der Krise der Arbeitsgesellschaft. Beiträge u. Ergebnisse der 4. Tagung »Sozialunion in Deutschland«, hg. v. D. Dathe. Berlin 1994.
⃟ A. u. Gesellschaft. Auswahlbibliographie, Nachweis von Aufsätzen aus deutschsprachigen Zeitschriften, bearb. v. der Redaktion Zeitschriftendienst des Deutschen Bibliotheksinstituts. Berlin 1996.
2) physikal. Größe, Formelzeichen W oder A; in der Mechanik definiert als das skalare Produkt W = F· s = F·s·cos α aus der an einem Körper oder Massenpunkt angreifenden konstanten Kraft F und dem unter ihrer Einwirkung von ihm zurückgelegten geradlinigen Weg s (α Winkel zw. Kraft und Wegrichtung); haben Kraft und Weg die gleiche Richtung, so gilt W = F·s. Ändert sich die Kraft längs des Weges und/oder ist der Weg gekrümmt, muss über jedes infinitesimale Wegelement ds mit den jeweils angreifenden Kraftvektoren integriert werden, sodass für die von s1 nach s2 verrichtete A. folgt: [pic.]{{;.I002_F02.BMP;T}} Bei dieser Definition der A. wird bei W > 0 von der Kraft A. verrichtet, bei W < 0 gegen die Kraft A. aufgewendet. - Ein Spezialfall der mechan. A. ist z. B. die Hub-A., die erforderlich ist, einen Körper der Masse m gegen die Schwerkraft um die Höhe h zu heben: W = m·g·h (g Erdbeschleunigung). Der gehobene Körper ist in der Lage, bei Rückkehr in seine Ausgangslage A. zu verrichten. Die einem Körper zugeführte A. wird als Energie gespeichert. - Der Begriff A. ist auch auf anderen Gebieten der Physik zentral: Im elektr. Feld muss eine elektr. A. Wel = Q·U aufgewendet werden, um eine Ladung Q gegen eine Spannung U zwischen 2 Punkten zu bewegen; wegen I = Qt ergibt sich daraus Wel = U·I·t, wenn ein konstanter Strom I eine Zeit t fließt. Beispiel für die thermodynam. A., die durch Änderung der äußeren Parameter an thermodynam. Systemen geleistet wird, ist die Kompressions- oder Volumenarbeit W = ∫p(V)dV beim Komprimieren eines Gases des Druckes p und des Volumen V. - SI-Einheit der A. ist das Joule (J) oder Newtonmeter (Nm), 1 J = 1 Nm.
1) bewusstes, zielgerichtetes Handeln des Menschen zum Zweck der Existenzsicherung wie der Befriedigung von Einzelbedürfnissen; zugleich wesentl. Moment der Daseinserfüllung. In der Volkswirtschaftslehre wird A. als einer der Produktionsfaktoren erkannt, dem entscheidende Bedeutung für die Erzeugung wirtsch. Güter und Dienstleistungen zukommt. Im Einzelnen richtet sich die A. im ökonom. Sinn auf Vorproduktion (Gewinnung von Naturerzeugnissen), Gewerbe (Rohstoffveredlung und -verarbeitung), Vermittlung und Verteilung von Gütern (Handel, Verkehr), Wirtschaftsdisposition (Geldverkehr, Verwaltung) sowie Erzeugung und Pflege kultureller Werte. Die Grenze zw. körperl. und geistiger A. ist fließend. - Die betriebswirtschaftlich orientierte Definition unterscheidet zw. dem Elementarfaktor der ausführenden A. und der dispositiven A. (planende und leitende Tätigkeiten). Steuerrechtlich relevant ist v. a. die Unterscheidung von selbstständiger A. (Tätigkeit in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung) und unselbstständiger A. (Tätigkeit auf Anweisung eines Arbeitgebers, d. h. auf fremde Rechnung). Die Arbeitskapazität einer Bev. wird bes. durch Altersaufbau, Gesundheit und Ausbildungsstand, die Arbeitsproduktivität (Leistung je Arbeitsstunde) durch optimale Kombination mit den übrigen Produktionsfaktoren bestimmt.Die Industrialisierung hat den Charakter der A. tief greifend verändert (industrielle Revolution). Durch zunehmende Arbeitsteilung, Steigerung des Arbeitstempos mittels Technisierung und Mechanisierung ging für den Arbeiter z. T. der Überblick über Arbeitsverrichtung und Arbeitsobjekte als Ganzes verloren; hieraus ergaben sich Gefahren der Monotonie und Ermüdung. Seit den 1970er-Jahren entwickelte sich die Forderung nach Humanisierung der A., d. h. einer menschengerechten Gestaltung der Arbeitsplätze mit entsprechenden Untersuchungen im Rahmen der Arbeitswissenschaft. Danach soll die Gestaltung der Produktionsmittel, -organisation und -bedingungen soweit wie möglich an den Menschen angepasst werden (Entwicklung von Schutznormen, Automatisierung gefährl. A., Verringerung des Arbeitstempos und -pensums, selbstständige Bestimmung der Arbeitsverteilung, z. B. in Form gleitender Arbeitszeit, Beteiligung an der Planung, Selbstkontrolle von Arbeitsablauf und -ergebnis). Zur Verhinderung phys. und psych. Überforderung wird ein Abbau des Leistungsdrucks angestrebt. Zur Arbeitsvariation gehören Arbeitswechsel (Jobrotation), Arbeitserweiterung (Jobenlargement) und Arbeitsbereicherung (Jobenrichment). In den letzten Jahren widmen sich ergonom. Untersuchungen vermehrt der Frage, wie Bildschirm- und PC-Arbeitsplätze und -programme ausgestaltet sein müssen, um den menschl. Anforderungen besser zu genügen.Kulturgeschichte: Die Einschätzung der A. hat sich im Lauf der abendländ. Geschichte entscheidend gewandelt. Im klass. Altertum wurde die ausführende, bes. die körperl. A. im Unterschied zur wiss. und polit. Tätigkeit als eines freien Menschen unwürdig betrachtet und meist von Sklaven ausgeübt. Nach den Aussagen des A. T. ist A. Mühsal und geschieht im Schweiße des Angesichts (1. Mos. 3, 17 und 19). Die erfüllte Ruhe nach der A. wird beispielhaft im 7. Schöpfungstag gesehen. Zunächst wurde weltl. A. nur als Lebenspflicht und Buße verstanden, seit der Reformation aber als Gottesdienst und als Dienst am Mitmenschen gesehen, im Kalvinismus allerdings auch an ihrem Erfolgswert gemessen. Neben diesen religiösen, eth. und prakt. Aspekten wurde die A. v. a. seit G. W. F. Hegel, der sie als Mittel der Selbstbewusstwerdung und zur Befreiung des Menschen charakterisierte, und von ihm ausgehend im System des histor. Materialismus von K. Marx theoretisch-systematisch behandelt. Auch in der neuzeitl. philosoph. Anthropologie wird die A. innerhalb der Definition des menschl. Wesens überwiegend als dessen bestimmendes Merkmal gesehen.
Demgegenüber wurde auf die gleichwertige Bedeutung von Muße und Besinnung im menschl. Dasein hingewiesen oder sogar in einer erneuten Umwertung zur Ablehnung der A. geschritten. Der Marxismus sieht in der Abschaffung der kapitalist. Gesellschaft die Voraussetzung für die Beseitigung von Ausbeutung und Entfremdung in der A.; Erscheinungen dieser Art sucht die nicht marxist. Kritik durch Veränderung der technisch-organisator. und der sozialen Arbeitsbedingungen zu beheben. Vor dem Hintergrund abnehmender Arbeitszeiten und Arbeitslosigkeit sowie einer Zunahme dispositiver A. wurde in den letzten Jahren vermehrt die These erörtert, ob sich die Gesellschaft von einer Arbeits- in eine Freizeitgesellschaft gewandelt habe (Freizeit).
▣ Literatur:
Offe, C.: »Arbeitsgesellschaft«. Strukturprobleme u. Zukunftsperspektiven. Frankfurt am Main u. a. 1984.
⃟ A. der Zukunft, Zukunft der A., hg. v. der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft für Internationalen Dialog. Stuttgart 1994.
⃟ Wege aus der Krise der Arbeitsgesellschaft. Beiträge u. Ergebnisse der 4. Tagung »Sozialunion in Deutschland«, hg. v. D. Dathe. Berlin 1994.
⃟ A. u. Gesellschaft. Auswahlbibliographie, Nachweis von Aufsätzen aus deutschsprachigen Zeitschriften, bearb. v. der Redaktion Zeitschriftendienst des Deutschen Bibliotheksinstituts. Berlin 1996.
2) physikal. Größe, Formelzeichen W oder A; in der Mechanik definiert als das skalare Produkt W = F· s = F·s·cos α aus der an einem Körper oder Massenpunkt angreifenden konstanten Kraft F und dem unter ihrer Einwirkung von ihm zurückgelegten geradlinigen Weg s (α Winkel zw. Kraft und Wegrichtung); haben Kraft und Weg die gleiche Richtung, so gilt W = F·s. Ändert sich die Kraft längs des Weges und/oder ist der Weg gekrümmt, muss über jedes infinitesimale Wegelement ds mit den jeweils angreifenden Kraftvektoren integriert werden, sodass für die von s1 nach s2 verrichtete A. folgt: [pic.]{{;.I002_F02.BMP;T}} Bei dieser Definition der A. wird bei W > 0 von der Kraft A. verrichtet, bei W < 0 gegen die Kraft A. aufgewendet. - Ein Spezialfall der mechan. A. ist z. B. die Hub-A., die erforderlich ist, einen Körper der Masse m gegen die Schwerkraft um die Höhe h zu heben: W = m·g·h (g Erdbeschleunigung). Der gehobene Körper ist in der Lage, bei Rückkehr in seine Ausgangslage A. zu verrichten. Die einem Körper zugeführte A. wird als Energie gespeichert. - Der Begriff A. ist auch auf anderen Gebieten der Physik zentral: Im elektr. Feld muss eine elektr. A. Wel = Q·U aufgewendet werden, um eine Ladung Q gegen eine Spannung U zwischen 2 Punkten zu bewegen; wegen I = Qt ergibt sich daraus Wel = U·I·t, wenn ein konstanter Strom I eine Zeit t fließt. Beispiel für die thermodynam. A., die durch Änderung der äußeren Parameter an thermodynam. Systemen geleistet wird, ist die Kompressions- oder Volumenarbeit W = ∫p(V)dV beim Komprimieren eines Gases des Druckes p und des Volumen V. - SI-Einheit der A. ist das Joule (J) oder Newtonmeter (Nm), 1 J = 1 Nm.