Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Anarchismus
Anarchịsmusder, polit. Ideologie, die darauf zielt, jede Herrschaft von Menschen über Menschen, jede gesetzl. Zwangsordnung, bes. den Staat, zu beseitigen und ein autoritäts- und herrschaftsloses Zusammenleben herbeizuführen. Urspr. von rein individualist. Prinzipien bestimmt, hat sich der A. später mit kollektivist. Ideen verbunden. Während er anfänglich die extreme Gewaltlosigkeit lehrte, hat er später teilweise auch den individuellen und kollektiven Terror als Instrument revolutionärer Umsturzbewegungen propagiert und praktiziert.
Man unterscheidet 1) den individualist. A., der schrankenlose Freiheit für den Einzelnen, absolute Vereinigungsfreiheit und unbeschränktes Privateigentum fordert (William Godwin, M. Stirner, P.-J. Proudhon). 2) den kollektivist. A. (revolutionären A.), der auf eine staaten- und klassenlose Kollektivordnung (im Ggs. zum marxschen »autoritären« Sozialismus) und auf Kollektiveigentum zielt, sei es nur an den Produktionsmitteln (M. A. Bakunin), sei es auch an den Konsumgütern (P. A. Kropotkin).
Die erste revolutionär-anarchist. Organisation (gegr. von Bakunin und S. G. Netschajew: »Propaganda der Tat«) verübte zahlr. Attentate und Sabotageakte; sie verlor Anfang des 20. Jh. an Bedeutung. Steigenden Einfluss übte seitdem der Anarchosyndikalismus (Syndikalismus) bes. in den roman. Ländern aus. Seit etwa 1960 fand anarchist. Gedankengut bes. Bakunins bei der neuen Linken Beachtung.
Literatur:
H. Diefenbacher. A. Zur Geschichte u. Idee der herrschaftsfreien Gesellschaft, hg. v. Neuausg. Darmstadt 1996.
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